Die rot-grün-rote Koalition rückt beim Ausbau des öffentlichen Personennahverkehr inhaltlich enger zusammen. In einem gemeinsamen Antrag, der wahrscheinlich nächste Woche in der Bürgerschaft behandelt wird, bekennen sich SPD, Grüne und Linke erstmals geschlossen zu den Straßenbahn-Ausbauprojekten Linie 1 und 8 sowie Querspange Ost.
Außerdem wird darin ein Weg skizziert, wie die dringend benötigte Straßenbahnverlängerung in die Überseestadt hinein finanziert werden könnte. Der Verkehrsexperte der Grünen-Bürgerschaftsfraktion Ralph Saxe geht davon aus, dass die Gleise im günstigsten Fall in etwa fünf Jahren durch die Konsul-Smidt-Straße bis zur Hafenkante durchgezogen werden könnten.
Der „Ausbau des Straßenbahnnetzes bis 2030“ – so die Überschrift des Antrags – soll einen wichtigen Beitrag zur angestrebten Verkehrswende leisten. Neben einer attraktiven Preisstaffel und guter Taktung biete „insbesondere ein umfassendes Netzangebot“ einen Anreiz zum Wechsel vom Auto auf den öffentlichen Nahverkehr.
Aus Saxes Sicht ist ein solcher Umstieg nirgendwo dringender geboten als in der Überseestadt, die regelmäßig im motorisierten Individualverkehr erstickt. Bisher führt die Straßenbahn an der Überseestadt entlang, aber nicht in sie hinein. Ein Ausbau durch die Konsul-Smidt-Straße würde nach einer überschlägigen Schätzung etwa 12 bis 15 Millionen Euro kosten und wäre deshalb für Bremen allein finanziell kaum zu stemmen.
Nach den geltenden Förderrichtlinien des Bundes ist auch eine Bezuschussung nicht möglich, denn Finanzhilfen für ÖPNV-Vorhaben nach dem sogenannten Gemeindeverkehrs-Finanzierungsgesetz (GVFG) werden von Berlin derzeit erst ab einem Projektvolumen von 50 Millionen Euro gewährt. Die Vorstellung von Rot-Grün-Rot ist es nun, in einem Programm die Straßenbahnverlängerung in die Überseestadt mit anderen Ausbauprojekten aus dem Verkehrsentwicklungsplan 2025 zu verknüpfen.
Genannt werden unter anderem die Verlängerung der Linie 8 von der Kulenkampffallee zur Universität, die Entlastung für die Linie 6 bringen soll, und eine Verbindung von Sebaldsbrück Richtung Osterholz. In der Summe lasse sich durch ein solches Bremer Straßenbahn-Ausbaupaket die finanzielle Schwelle für eine GVFG-Förderung überschreiten, die eine 90-prozentige Bezuschussung durch den Bund ermöglichen würde. Erst recht dann, wenn die 50-Millionen-Mindestgrenze auf 30 Millionen Euro abgesenkt wird, was laut Ralph Saxe bundespolitisch zur Zeit diskutiert wird.
Voraussetzung dafür, dass ein solches Paket geschnürt werden kann, ist ein Bürgerschaftsbeschluss für die erforderlichen Machbarkeitsstudien. Und den soll es nun kurzfristig geben. Geprüft werden dabei unterschiedliche Trassenverläufe und deren Wirtschaftlichkeit. Auf der Grundlage der Ergebnisse soll dann eine Prioritätenliste für die Maßnahmen erstellt werden, wobei die Erschließung der Überseestadt sicher weit oben landen würde. Was den Grünen-Verkehrspolitiker außerdem freut, ist eine indirekte Botschaft, die aus dem gemeinsamen Antrag der Koalitionsfraktionen hervorgeht.
Der Ausbau der Linien 1 und 8 ist zwar politische Beschlusslage, doch lagen diese Vorhaben in der Endphase der rot-grünen Koalition praktisch auf Eis, weil es insbesondere in der SPD Vorhalte gegen die Weiterführung der Linie 1 in Huchting gab. Davon ist nun keine Rede mehr. In dem Antrag heißt es ausdrücklich, dass die Projekte Linie 1 und 8 sowie Querspange Ost (Verbindung zwischen den Linien 1 und 2/10) „so zügig wie möglich realisiert werden sollen“. Für Ralph Saxe ist es „ein Quantensprung im Verhältnis zur letzten Wahlperiode“, dass sich neben den Grünen auch SPD und Linke hinter dieser Zielsetzung versammeln.
Folgeprojekte in Planung
Parallel zu den ehrgeizigen Straßenbahn-Ausbauprojekten will Saxe weitere Beiträge zur Verkehrswende auf den Weg bringen. Sein Augenmerk gilt dabei insbesondere Woltmershausen. Dort bahnt sich mit dem Tabakquartier ein städtebauliches Großprojekt an. Wie berichtet, sieht der Masterplan für das Tabakquartier einen Tunnel unter der Bahnlinie nur für Radfahrer, Fußgänger und Busse vor. „Das muss jetzt schnell kommen“, fordert Saxe.
Gleiches gelte für die Radfahrer- und Fußgängerbrücke zwischen Woltmershausen und der Überseestadt. Auch der Ausbau des Schienen-Nahverkehrs durch einen Haltepunkt Technologiepark an der Bahnstrecke Bremen-Hamburg soll forciert werden. Rot-Grün-Rot hat sich in diesem Punkt im Koalitionsvertrag selbst unter Druck gesetzt. Dort heißt es, dass noch 2019 die Entscheidung zwischen den möglichen Standorten Achterstraße und Otto-Hahn-Allee fallen soll.