Auf der Freifläche vor dem Strandpark Waller Sand dreht sich der Baukran: Nachdem im Juli die Hochbauarbeiten begonnen haben, kann man hier nun dem Bürogebäude „View“ dabei zuschauen, wie es in die Höhe wächst. Zehn Stockwerke sollen es insgesamt werden; etwa 15 Millionen Euro investiert die Paul Opatz Group – ein mittelständisches Familienunternehmen, das die Projektleitung und den Vertrieb für den Bauherren Clemens Paul übernommen hat. Das Unternehmen ist aktuell im „Cube“ an der Schellackstraße beheimatet und möchte seinen Firmensitz nach der für Ende 2024 geplanten Fertigstellung des „View“ in dessen drei obere Etagen verlegen. Über die Vermietung der restlichen gut 3000 Quadratmeter Fläche liefen diverse Gespräche, sagt Maximilian Opatz geschäftsführender Gesellschafter der Paul Opatz Group: „Wir haben diverse Anfragen laufen, was mich bei der Lage und dem Blick auch nicht überrascht.“
Betreiber des "Sia" hofft auf höhere Umsätze
In der unmittelbaren Nachbarschaft kommt das Bauvorhaben gut an. „Ich finde das super“, sagt etwa Gastronom Mustafa Said, der seit Oktober das Restaurant „Sia“ mit angeschlossener Bar an der Ecke Kommodore-Johnson-Boulevard / Kommodore-Ziegenbein-Allee betreibt.

Mustafa Said betreibt das "Sia" in unmittelbarer Nachbarschaft des zukünftigen Büro-Hochhauses.
Wenige Wochen nach der Eröffnung des Restaurants begannen vis-à-vis die Bauarbeiten, und Said ist überzeugt: „Die neuen Büros in dem Gebäude werden auf jeden Fall voll – und das bedeutet mehr Gäste für uns, zum Beispiel beim Mittagstisch oder bei der Happy Hour.“ Dass der Neubau den Blick aufs Wendebecken einschränkt, findet Said dabei nicht sonderlich dramatisch: „Einen richtigen Wasserblick hatten wir sowieso noch nie. Schön wäre natürlich, wenn es daneben dann noch eine Grünfläche gäbe.“
Noch freie Flächen über dem "Sia"
Wie zukünftig im "View" werden auch in den drei Etagen über dem „Sia“ Gewerbeflächen vermietet. Wie sich einer Werbetafel am Gebäude entnehmen lässt, sind dort noch Räume zu haben. Nicht ein einziges der Büros werde genutzt, erzählt man sich im Quartier – und das ist womöglich ein Grund dafür, dass der Hochhaus-Bau in der Nachbarschaft zum Teil kritisch gesehen wird. „Vor diesem Hintergrund finden es wohl viele eher seltsam, dass hier weitere Gewerbeflächen gebaut werden“, sagt etwa Svenja Weber von Kultur vor Ort, die das Büro für Quartiersentwicklung in der Überseestadt „Jetzt hier“ am Kommodore-Johnsen-Boulevard 19 leitet und dort mit vielen Anwohnerinnen und Anwohnern im regen Austausch ist. „Wenn die Gewerbeflächen vermietet wären – wofür wir wohl auch einen besseren ÖPNV bräuchten – wäre hier mehr Leben“, ist die Soziologin mit einem Master-Abschluss im Bereich Stadt- und Regionalentwicklung überzeugt. Die ablehnende Haltung gegenüber weiteren Büroflächen hänge vielleicht aber auch damit zusammen, „dass die Menschen hier immer noch gerne Arztpraxen oder eine Apotheke hätten".
Kritik an der Höhe des Neubaus
Irmgard und Hermann Kaufmann jedenfalls, die ganz in der Nähe wohnen und gerade durch den Kommodore-Johnsen-Boulevard in Richtung Wendebecken und Waller Sand spazieren, halten nicht viel von dem Neubau, der da vor ihnen in den Himmel wächst: „Es ist doch ein Unding, so einen Riesenklotz hier hinzusetzen. Und das, wo es doch heißt, der Bedarf an Gewerbeflächen sei gedeckt.“ Würde man sich bescheiden und in derselben Höhe bauen wie die Deichhäuser links in Richtung Molenturm, dann hätten die Kaufmanns damit kein Problem gehabt, betonen sie.

Irmgard und Hermann Kaufmann hätten sich beim Strandpark Waller Sand ein niedrigeres Gebäude gewünscht.
Ähnlich hatte sich auch die Mehrheit der Waller Ortspolitiker im Fachausschuss Überseestadt des Waller Beirats geäußert, denen vor genau vier Jahren Clemens Paul erstmals die Pläne für das seinerzeit vom Immobilienunternehmen Justus Grosse entwickelte Büro-Hochhaus präsentierte. Er sei der falsche Ansprechpartner für die Diskussion darüber, wie viele sogenannte städtebauliche Hochpunkte – also Hochhäuser – die Überseestadt nach Weser Tower, Landmark Tower, Bömers Spitze oder dem auf der Dreiecksfläche hinter dem Hafenhochhaus an der Hafenstraße geplanten 15-stöckigen „Ahoy“ noch verträgt, hatte Paul damals angemerkt. Denn die Vorgaben dazu würden von der Stadt festgesetzt.
Im Baufeld elf, in dem neben dem "View" auch noch Mehrfamilienhäuser geplant sind, lässt der mittlerweile sieben Jahre alte Bebauungsplan ausdrücklich höhere Gebäude zu. Die stadtplanerische Idee dahinter, so war es vor vier Jahren im Fachausschuss Überseestadt zu hören: Anstatt alle Gebäudehöhen wie mit dem Lineal gezogen streng einheitlich zu halten, solle mit verschiedenen Größen „gespielt“ werden.
Wie das in der Realität aussieht, ist ab Anfang 2024 vor Ort zu sehen: Maximilian Opatz zufolge soll der Rohbau im Januar stehen.

Diese Illustration der Opatz Group zeigt, wie das "View" in der Bremer Überseestadt einmal aussehen soll.