Osterfeuerberg. Die Alpen haben ihren Ötzi – in Bremen ist man mindestens genau so stolz auf den „Stinti“. Der Sensationsfund aus der Weser ist eines von vielen spektakulären Exponaten, die am Wochenende, 29. Februar und 1. März, im Kulturhaus Walle zu sehen sein werden. „Welt der Steine“ nennt sich die zweitägige Messe für Antiquitäten aus Jahrmillionen. Aussteller aus dem norddeutschen Raum sowie die Geowissenschaftler der Universität Bremen zeigen ausgewählte Schätze ihrer Mineralien- und Fossiliensammlungen. Kenner der Materie werden staunen. Doch es sind vor allem interessierte Laien aller Generationen, auf die sich die Organisatoren besonders freuen. Sie können ihnen versprechen: In ihren Steinen steckt viel spannendes Leben.
Das darf man getrost wörtlich verstehen. Denn im Besitz der Bremer Geowissenschaftlichen Sammlung befindet sich unter anderem eine der ältesten Zecken der Welt. Das winzige Insekt fand sein Ende vor rund 50 Millionen Jahren in einem Tropfen Baumharz und ist als perfekt polierte „Bernsteinzecke“ für die Nachwelt erhalten. Außerdem hüten die Bremer Forscher einen der weltweit sehr raren Fossilfunde: einen Knochenhecht. Der 120 Millionen Jahre alte Fisch war der Sammlung vor 25 Jahren überlassen worden und fristete dort einige Jahre lang unbeachtet sein Dasein, bis seine wahre Bedeutung als echte Rarität erkannt wurde. Schneller schaltete vor 14 Jahren der Vegesacker Stint-Fischer, der in seiner Reuse einen ungewöhnlichen Fang entdeckte. Der gut erhaltene Unterkiefer eines ausgewachsenen Mammuts, das vor rund 35 000 Jahren irgendwo im Bremer Umland gegrast haben musste, machte unter dem Namen „Stinti“ überregional Schlagzeilen und bereitete den Urzeit-Forschern jahrelanges Kopfzerbrechen.
Davon kann Jens Lehmann lebhaft aus erster Hand berichten – und noch vieles mehr. Der renommierte Paläontologe ist der Leiter der Bremer Geowissenschaftlichen Sammlung, die in den vergangenen 200 Jahren auf schätzungsweise 300 000 Objekte gewachsen ist. An der Universität Bremen sind sie in den besten Händen: Das Bremer geowissenschaftliche Institut zähle zu den größten und aktivsten seiner Art in Deutschland, erklärt der Universitätsprofessor.
Dem Wissenschaftler, dem selbst einzigartige Funde gelangen und nach dem sogar eine eigene Fossiliengattung benannt wurde, liegt viel daran, auch die fachfremde Öffentlichkeit mit Begeisterung anzustecken. In seinem Vortrag am Sonnabendnachmittag wird er unter anderem erklären, wie Fossilien entstehen, wo man nach ihnen sucht, und mit welchen Methoden sie datiert werden. Anhand von Fotos und anschaulichen Relikten wird der Paläontologe auch von Mammuts, Nashörnern und Riesenhirschen erzählen, die nachweislich einst rund um das heutige Bremen lebten.
Neugier und Interesse wecken mit einem Programm, das viele Zielgruppen ansprechen soll: Das ist auch das Motiv des Fördervereins „Freunde der Geowissenschaftlichen Sammlung der Universität Bremen“, der gemeinsam mit dem Geowissenschaftlichen Arbeitskreis und den Mineralien- und Fossilienfreunden Bremen-Nord die zweitägige Ausstellung im Brodelpott organisiert hat. Die jüngsten Gäste können zum Beispiel bei einem Dino-Puzzle oder beim Dino-Raten mitmachen, in der Sandkiste von Alan Marsh fossile Haizähne fischen oder sich unter Ludwig Kopps Mikroskop genauer anschauen, welche Tierchen sich in seinen Bernsteinen verstecken.
Der Bremer Archäozoologe Hans Christian Küchelmann bringt aus seiner Werkstatt in der Überseestadt Schnitzereien aus urzeitlichen Tierknochen mit. Glitzernde Quarz-
Skulpturen, Amethyste, Achate und Smaragde wetteifern am Stand von Cecilie Eckler-von Gleich und Arnim von Gleich um Bewunderung. Das Waller Ehepaar zählt sich seit vielen Jahren zur leidenschaftlichen Steinsammlergemeinde und ist zudem persönlich dafür verantwortlich, dass die Traditionsveranstaltung aus dem Bremer Norden ins Kulturhaus Walle gewandert ist. Sämtliche Aussteller werden nur allzu gerne erklären, wann und wo sie ihre Trilobiten, Ammoniten oder handtellergroßen Haizähne gefunden haben – und wie viel Arbeit in der Präparation steckt. Wer selbst eine solch uralte Antiquität besitzen möchte, muss gar nicht lange suchen: Verarbeitet zu dekorativen Schau- oder Schmuckstücken wird einiges davon während der Ausstellung auch zu erschwinglichen Preisen abgegeben.
Weitere Informationen
Die Ausstellung „Welt der Steine“ läuft am Sonnabend, 29. Februar, und Sonntag, 1. März, jeweils von 11 bis 18 Uhr, im Kulturhaus Walle, Brodelpott, Schleswiger Straße 4. Der Eintritt ist frei. Der Vortrag von Professor Jens Lehmann beginnt am Sonnabend, 29. Februar, um 15 Uhr. Der Brodelpott macht es den Gästen gemütlich mit Kuchen sowie warmen und kalten Getränken. Für auswärtige Besucher ist der Veranstaltungsort über die Straßenbahnlinien 2 und 10 erreichbar, Haltestelle Gustavstraße. Wer sich vorweg ins Thema einlesen möchte, findet viele Informationen auf den Internetseiten der Freunde der Geowissenschaftlichen Sammlung, www.fgsub.de.