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Unfallserie in Walle Hilferuf aus der Heimatstraße

Bewohner der Heimatstraße im Waller Wied haben sich ans Ortsamt gewandt: Immer wieder kommt es unmittelbar hinter ihren kleinen Reihenhäusern auf der Hafenstraße zu Unfällen.
29.10.2021, 18:00 Uhr
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Hilferuf aus der Heimatstraße
Von Anne Gerling

Als sie den Riesenknall hörten, wussten die Bewohner der kleinen Reihenhäuser an der Heimatstraße sofort, was los war: Wieder einmal hatte es am Freitag, 22. Oktober, gegen 14.30 Uhr auf der Hafenstraße direkt hinter ihren Grundstücken ein Auto aus der Kurve getragen. Der Wagen war in der scharfen Biegung ins Schleudern geraten und in einen auf dem Parkstreifen abgestellten Wohnwagen gekracht, der durch die Kollision etwa 15 Meter weit auf die Straße und in die Gegenfahrbahn geschleudert wurde.

„Wäre da in diesem Moment ein Auto gekommen, das wäre da direkt reingefahren“, erzählt ein Anwohner, der an dem Tag als erster an der Unfallstelle war und Erste Hilfe leistete. Der Fahrer sei nach dem Zusammenprall noch aus seinem Wagen gestiegen und dann auf der Straße zusammengebrochen, erzählen die Nachbarn. Der Mann habe vor Schmerzen laut geschrien: „Das konnte man bis zu unserer Haustür hören.“ Schon kurz nach dem Unglück waren gut zehn Anwohner auf der Straße und sicherten etwa eine halbe Stunde lang bis zum Eintreffen der Polizei die Unfallstelle, damit nicht noch mehr passieren konnte. „Die Straße sah aus wie ein Trümmerfeld. Der Wohnwagen ist komplett auseinandergeflogen“, erinnert sich Anwohner Peter Pagel, „und der nächste Lkw kam schon angefahren.“

Drei Unfälle in drei Monaten

Pagel und seine Nachbarn sind zu ihrem Leidwesen an derartige Szenen schon gewöhnt: Drei Unfälle hat es allein in den vergangenen drei Monaten in der Hafenstraße gegeben. Den nun komplett zerstörten Wohnwagen – und ein andres geparktes Auto – hatte bereits am 27. September ein ADAC-Abschleppwagen mit beladenem Anhänger touchiert, der dabei erheblich beschädigt worden war. Am 1. August war ein Porschefahrer vermutlich zu schnell in die Kurve hineingefahren, verlor daraufhin die Kontrolle über seinen Wagen und kollidierte mit einem in der Kurve abgestellten Auflieger. Peter Pagel hat sich damals als Ersthelfer um die Beifahrerin gekümmert: „Sie war schwanger und vollkommen durch den Wind.“ Am selben Tag sei nur kurze Zeit später dann auch noch das Auto eines Pizza-Bringdienstes in einen Anhänger geschliddert.

Die Stelle wird offenbar leicht von Auto- und Lkw-Fahrern unterschätzt. Denn die Hafenstraße verläuft vom Hansator bis zur Heimatstraße fast schnurgerade und verleitet dadurch förmlich dazu, zu beschleunigen. Die scharfe Kurve kurz vor der Heimatstraße kommt dann für so manchen Fahrer offenbar überraschend. Sie kündigt sich auch optisch kaum an, seit vor einiger Zeit das Stauerei-Kirchhof-Gebäude abgerissen wurde, das dort stand.

Rutschen und Schleudern

Fast jeder der Anwohner wurde bereits Zeuge eines oder mehrerer Zwischen- und Unfälle. Drei Nachbarn können mittlerweile von Totalschäden an eigenen Fahrzeugen berichten, die sie an der Hafenstraße abgestellten hatten. Besonders schlimm sei es bei Regen, erzählen sie. Denn dann gerieten zu schnelle Pkw und Lkw besonders schnell ins Rutschen und Schleudern. „Dass da wirklich einmal jemand stirbt, ist nur eine Frage der Zeit“, ist sich Karin Schlechtinger von der Bürgerinitiative Heimatviertel sicher. Sie hat direkt nach dem letzten Unfall einen Bürgerantrag verfasst und ans Ortsamt geschickt, um die zuständigen Stellen auf das Problem aufmerksam zu machen. In dem Papier schlägt sie vor, die Situation durch Warnschilder, Reflektoren und eine Geschwindigkeitsbeschränkung zu entschärfen.

Der Antrag sei eingegangen, bestätigt Ortsamtsleiterin Ulrike Pala: „Wir werden ihn am 18. November im Fachausschuss Überseestadt ansprechen und voraussichtlich auch einen Beschluss dazu fassen.“ Sie sei selbst mehrmals von einem Anwohner angerufen und auf das Problem hingewiesen worden, sagt die Ortsamtsleiterin außerdem: „Ich hatte das auch an die Polizei weitergegeben. Sie hatte dort aber keinen Unfallschwerpunkt gesehen.“

Ausbau der Überseestadt

Die Polizei hat auf eine Anfrage des WESER-KURIER bislang nicht reagiert. Karin Schlechtinger und Peter Pagel sind sich indes mit vielen ihrer Nachbarn einig: Es muss dringend etwas passieren. „Man mag abends schon gar nicht mehr schlafen gehen“, erzählen sie. Denn auf der Hafenstraße sei viel Schwerlastverkehr unterwegs, auch außerhalb der offiziell erlaubten Zeiten von 6 bis 22 Uhr. Dementsprechend groß ist die Sorge, dass womöglich eines Tages ein 40-Tonner aus der Kurve rauscht und in die Häuser krachen könnte. Tatsächlich war im September 2020 ein Mercedes-Sprinter mit Wucht die Böschung hinaufgeschossen und nur knapp vor den Schuppen der Anwohner zum Halten gekommen.

Peter Pagel wohnt seit 40 Jahren im Heimatviertel. Seiner Beobachtung nach hat der Verkehr auf der Hafenstraße mit dem Ausbau der Überseestadt deutlich zugenommen. „Das ist eine Hauptverkehrsader geworden“, sagt der Waller, der mittlerweile Warnweste, Erste-Hilfe-Koffer und Taschenlampe immer griffbereit hat. So wie viele in der Heimatstraße achtet auch er jederzeit automatisch auf das Verkehrsrauschen aus Richtung Hafenstraße: „Ich kann mittlerweile schon beim Geräusch genau sagen, wer zu schnell ist.“

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