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Laden für Gewerbetreibende Schaufenster der Produktivität

In der „Waller Kiste“ können sich Unternehmen gemeinsam ihren Kunden vorstellen, indem sie eine Schau-Kiste mieten und mit ihren Waren dekorieren.
03.08.2023, 08:30 Uhr
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Von Anke Velten

„Ab in die Kiste!“, lautet die freundliche Einladung an die Waller Unternehmen: Ab sofort haben sie die Möglichkeit, sich selbst, ihre Produkte und Dienstleistungen unter einem gemeinsamen Dach vorzustellen und bekannt zu machen. Die offizielle Einweihung am Freitag, 4. August, ist die erste Gelegenheit anzuschauen, wer und was sich in der „Waller Kiste“ an der Bremerhavener Straße verbirgt. Die Kundschaft kann sich in dem winzigen geteilten Raum einen Überblick darüber verschaffen, was der Stadtteil alles für sie zu bieten hat – und bekommt dann vielleicht Lust, den Gewerbetreibenden in ihrer Nachbarschaft Arbeit zu machen.

Das ist jedenfalls der Wunsch von Evin Oettingshausen und Janine Bäker aus der benachbarten Quartiersmeisterei, die die „Waller Kiste“ auf die Beine gestellt haben –  unterstützt von der Waller Designerin Christina Loock, die nicht nur kostenlos den gestalterischen Auftritt entworfen, sondern auch bei der Einrichtung persönlich Hand angelegt hat.

Mietbare Holzkisten

Stilelemente des unprätentiösen Ladendesigns sind stapelweise gebrauchte hölzerne Obstkisten, die die Gewerbetreibenden zum kleinen Preis von 15 Euro pro Stück und Monat anmieten und als kleine Schaukästen für die Selbstdarstellung nutzen können. Waller Manufakturen können darin zum Beispiel ihre Produkte arrangieren. „Es gibt so viele tolle junge Unternehmen in Walle“, erklärt Bäker. „Wir möchten ihnen mit diesem Angebot eine Starthilfe geben.“ Willkommen in der „Waller Kiste“ seien aber auch etablierte Geschäfte, Dienstleister und öffentliche Einrichtungen, die für ihre Sortimente, Leistungen und Angebote werben möchten, betonen Bäker und Oettingshausen.

Die Wiederbelebung leer stehender Läden im Stadtteil war eine der Aufgaben, die der Waller Quartiersmeisterei gestellt worden waren, als sie mit Unterstützung der Bremer Wirtschaftssenatorin vor einem Jahr die Arbeit aufgenommen und ihr Büro an der Bremerhavener/Ecke Dorumstraße eröffnet hatte.

Gute Resonanz

Als der Barber Shop im Nachbarhaus im Mai seine Geschäftsaufgabe ankündigte, habe man zunächst versucht, auf der Suche nach neuen Mietern im eigenen Netzwerk vermittelnd aktiv zu werden, berichtet Bäker. Der oder die Richtige ließ sich dabei zwar nicht finden. „Doch es gibt in Walle viele kleine Unternehmen, die sich eine stationäre Präsentation für ihre Produkte wünschen, sich den eigenen Laden aber nicht leisten können“, weiß Bäker. „Diese Chance konnten wir uns nicht entgehen lassen.“ Im Rahmen der monatlichen Quartiersterrasse wurde die Idee zum Gemeinschaftsgeschäft vorgestellt. „Das Feedback war super“, erklärt Oettingshausen.

Die Waller Quartiersmeisterei baut dabei auf ein Pilotprojekt, das in Norddeutschland bereits mehrfach umgesetzt wurde. Eine Forschungsgruppe der Hochschule Bremerhaven hat für die Metropolregion Nordwest das Konzept der „Allgemeinläden“ entwickelt, bei dem sich lokale Einzelhändler eine Schaufensterfläche teilen. Sie bekommen zudem QR-Codes zugewiesen, über die sie auch außerhalb der Öffnungszeiten erreicht werden können. „Der Vorteil ist die sehr unkomplizierte Anwendung“, erklärt Oettingshausen. „So können auch Unternehmen motiviert werden, die die Digitalisierung bisher noch nicht für sich nutzen.“

Ziel des Pilotprojektes ist es, einen digitalen Marktplatz auf lokaler Ebene wachsen zu lassen, damit sich die Unternehmen vor Ort besser in der Konkurrenz mit dem weltweiten Online-Handel behaupten können und gleichzeitig ihren Wettbewerbsvorteil in Sachen Nachhaltigkeit, geografische Verbundenheit, Service und Beratungskompetenz ausspielen können.

Nachhaltige Logistikstruktur

„Der Transport von Gütern über weite Strecken hat negative Auswirkungen auf die Umwelt und das Transportsystem“, wird in der Projektvorstellung erklärt. „Im Vergleich zu großen Online-Plattformen ermöglicht die geplante Digitalisierung des regionalen Warenhandels den Aufbau einer nachhaltigen Versorgungs- und Logistikstruktur, die dazu beiträgt, Emissionen zu reduzieren und Verkehrsstaus zu vermeiden.“ Allgemeinläden dieser Art sind unter anderem bereits in Bremerhaven, Elsfleth und Brake ins Laufen gekommen.

Die Waller Kiste soll kein ausschließlich digitales Kaufhaus bleiben. Die Kundinnen und Kunden sollen die Möglichkeit haben, die Waller Produkte an einem Ort ganz aus der Nähe anzuschauen, anzufassen und gegebenenfalls auch zu verkosten oder auszuprobieren. Noch sind die Öffnungszeiten limitiert auf einen Nachmittag pro Monat, wenn parallel der Treffpunkt „Quartiersterrasse“ der Quartiersmeisterei stattfindet. Gewünscht ist, dass sich teilnehmende „Kistenbetreiber“ im Sinne der Allgemeinheit bereit erklären, den Laden stunden- oder tageweise zu betreuen.

Solidarität unter Gewerbetreibenden

„Es ist doch auch toll, die Menschen hinter den Produkten persönlich kennenzulernen“, sagt Sonja Kapp aus der Begleitgruppe
der Quartiersmeisterei. Evin Oettingshausen und Janine Bäker sind zuversichtlich, dass sich das Gemeinschaftsgeschäft im Laufe der Zeit ohne ihr Zutun verselbstständigt. „Unter den Waller Gewerbetreibenden herrscht eine große Solidarität“, erzählt Oettingshausen. „Wir erleben in unseren Gesprächen: Das Bedürfnis nach Miteinander und gegenseitiger Unterstützung wird immer wichtiger.“

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