Der Trend der vergangenen Jahre setzt sich fort: Die Zahl der jungen Wallerinnen und Waller steigt weiter an: 9147 Menschen unter 27 Jahren wurden dort zum Stichtag 31. Dezember 2021 gezählt. Ein wesentlicher Grund dafür ist der anhaltende Zuzug von Familien in die Überseestadt.
Und auch das städtische Budget für die offene Jugendarbeit im Stadtteil – die sogenannten Oja-Mittel – ist in diesem Jahr wieder leicht angestiegen – allerdings nicht in dem Maße, das dem Stadtteil rechnerisch auf Grund der Jugendeinwohner zustünde. Denn Bremens Gesamtbudget ist seit Jahren auf knapp neun Millionen Euro begrenzt. Man müsste also irgendwo etwas wegnehmen, um an anderer Stelle mehr austeilen zu können. Theoretisch wäre dies tatsächlich möglich; es gibt Stadtteile, in denen die Zahl der jungen Menschen abnimmt. Bisher konnte sich die Politik allerdings nicht dazu durchringen, dort Oja-Mittel zu kürzen.
Dies gehe zulasten junger Stadtteile wie etwa der Überseestadt, die noch im Werden sei, unterstreicht die Waller Beirats- und Sozialausschusssprecherin Brigitte Grziwa-Pohlmann (SPD), die den Waller Beirat auch in dem für die Vergabe der Oja-Mittel verantwortlichen Controllingausschuss (CA) vertritt. Sie ist überzeugt: „Solche Stadtteile müssten eigentlich besonders berechnet werden, denn sie können auf nichts zurückgreifen. Dort muss alles neu aufgebaut werden. Es wäre dringend notwendig, dass das als neuer Stadtteil anerkannt und finanziert wird. Dafür braucht es eine Lösung.“
In diesem Jahr stehen Oja-Mittel in Höhe von 501.137 Euro für die beiden Freizis Walle und Haferkamp, das Spielhaus Ratzeburger Straße, den Skatepark in der Überseestadt und verschiedene Projekte wie zum Beispiel eine vom Verein Sofa angebotene Hausaufgaben- und Freizeitgruppe in der Überseestadt zur Verfügung. Hinzu kommen 65.837 Euro aus dem vor drei Jahren neu eingerichteten Topf für überregionale Angebote der offenen Jugendarbeit für den Skatepark und 11.623 Euro über das sogenannte Integrationsbudget, das speziell Projekte für geflüchtete Kinder und Jugendliche fördern soll. Als 2015/16 viele Geflüchtete nach Bremen kamen, seien diese Mittel stark erhöht worden, erinnert sich Grziwa-Pohlmann, die bemängelt: „Jetzt gibt es eine ähnliche Situation, ohne dass dieses Budget erhöht wurde. Das ist nicht nachvollziehbar.“
Kaum Ermessensspielraum
Bei der Vergabe der Mittel an Einrichtungen und Projekte hatte der Controllingausschuss (CA) keinen großen Ermessensspielraum: Der Löwenanteil – mehr als 90 Prozent des Budgets – fließt in bestehende Einrichtungen. Über die restliche Summe habe der CA „gut, sehr einvernehmlich und kooperativ“ entschieden, sagt Anja Blumenberg, die das Referat Junge Menschen in Walle im Sozialzentrum Walle / Gröpelingen leitet und unterstreicht: „Es war sehr knapp und es gibt natürlich Projekte, die wir gerne noch hätten. Wir haben jetzt noch Restmittel in Höhe von 2000 Euro. Ich bin noch nie mit so wenig Geld ins Jahr gegangen. Das Budget ist komplett ausgeschöpft, und es hat nur gereicht, weil ein paar Angebote – etwa wegen Personalmangels – nicht stattfinden können.“ Sollten also im kommenden Jahr wieder Förderanträge für diese Projekte gestellt werden, könnte es schwierig werden.
Mehrere Schwerpunkte
Neben dem Anspruch, nach der Corona-Pandemie nun wieder mehr Jugendliche erreichen, die offene Jugendarbeit draußen weiterzuführen und Social Media stärker für die Jugendarbeit nutzen zu wollen, hat der CA dieses Jahr Blumenberg zufolge verschiedene thematische Schwerpunkte für Walle festgelegt. Unter anderem beim Quartiersplatz bei der Grundschule am Pulverberg, wo das Spielhaus Ratzeburger Straße seit 2009 den Spielecontainer betreut. Er ist ein wichtiger Anlaufpunkt für Waller Kinder und Jugendliche und wird Blumenberg zufolge in diesem Jahr erstmals mit einer festen Stelle ausgestattet: „Denn der Bedarf ist da groß, und das Team hat eine sehr gute Arbeit gemacht und damit Jugendliche sehr an sich gebunden.“ Ohnehin seien schon viele Menschen auf dem Quartiersplatz unterwegs und mit dem Übergangswohnheim an der Holsteiner Straße noch mehr, unterstreicht Blumenberg: „Wir hoffen, dass wir das weiter finanzieren können.“
Ein anderer Schwerpunkt, an dem in diesem Jahr gemeinsam mit den Trägervereinen gearbeitet werden soll: die Vernetzung zwischen Alt-Walle und dem jungen Ortsteil Überseestadt. Denn Jugendliche aus Walle sollen die Überseestadt mehr für sich entdecken und Jugendliche aus der Überseestadt wiederum auch Angebote in Walle nutzen.
Brigitte Grziwa-Pohlmann zufolge stünden Walle für dieses Jahr eigentlich 12.000 bis 14.000 Euro Oja-Mittel mehr zu, als es nun tatsächlich bekommen hat. Das Angebot sei trotzdem toll, findet die Waller Beiratssprecherin: „Wir haben eine hervorragende Vernetzung der Einrichtungen untereinander und klasse Öffnungszeiten trotz dieser Einschränkung. Und. Wir haben engagierte Leute, die gerne mehr machen würden. Aber dafür braucht es auch Mittel.“