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Psychiatrische Versorgung Beirat pocht auf Zusammenarbeit aller Akteure

Seit einiger Zeit wird im Bremer Westen die Umsetzung eines Modellprojekts zur Psychiatriereform vorbereitet. Nun gibt es Irritationen um ein zweites Projekt.
25.03.2022, 19:30 Uhr
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Beirat pocht auf Zusammenarbeit aller Akteure
Von Anne Gerling

Tobt aktuell ein Konkurrenzkampf darum, wo Menschen mit psychischen Problemen und Erkrankungen aus dem Bremer Westen in Zukunft versorgt werden? Manchen Beobachtern jedenfalls kommt es so vor. Der Sozialausschuss des Waller Beirats hat nun versucht zu klären, was an der Sache dran ist.

Der Hintergrund

Es geht um die 2013 von der Bürgerschaft beschlossene Psychiatriereform, die die psychiatrische Versorgung von stationär auf ambulant umstellen will. Dazu hat der 2017 unter dem Dach des Vereins Blaue Karawane entstandene Arbeitskreis „Neue Psychiatrie im Bremer Westen“ ein Modellkonzept entwickelt (wir berichteten). Dessen Herzstück ist ein regionales Zentrum für seelische Gesundheit, das psychisch Kranken niedrigschwellig passgenaue Hilfen und Unterstützung in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld bieten kann. Verschiedene Einrichtungen, Träger und die Beiräte in Findorff, Walle und Gröpelingen stehen hinter dem Konzept. Mittlerweile konnte der Arbeitskreis, dem neben Betroffenen, Trägern und Angehörigen auch der Waller Psychiater Klaus Pramann und Psychiatrie-Fachkrankenpfleger Ulrich Wesseloh angehören, ein 5000-Quadratmeter-Grundstück an der Hafenstraße reservieren lassen und will dort in zwei Jahren bauen.

Ein zweites Konzept

Es gibt aber noch andere Akteure und Ideen, wie nun zu erfahren war: Die Bremer Werkgemeinschaft (BWG) und der städtische Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) planen eine Einrichtung an der Waller Heerstraße 122. „Wir haben das Grundstück schon seit mindestens zwölf Jahren im Auge. Es wurde sehr lange saniert und wäre für unsere Zwecke ideal“, sagt BWG-Geschäftsführer Lutz-Uwe Dünnwald, dem zufolge unter anderem das 2018 gestartete Projekt Nachtwerk an die Heerstraße ziehen könnte, zu dem neben einem Nachtcafé eine nächtliche Telefonberatung mit aufsuchendem Krisendienst und Krisenbett gehört. Die derzeit von Nachtwerk genutzte Tagesstätte West an der Ecke Vegesacker Straße / Helgolander Straße sei nicht barrierefrei und zu klein, so Dünnwald. Außerdem fühlten sich dort oft Nachbarn durch Besucher gestört, die draußen rauchen und sich unterhalten.

Der Planungsstand

Geno und BWG haben laut Dünnwald eine Machbarkeitsstudie zur Waller Heerstraße erstellen lassen, der zufolge das gemeinsame Projekt möglich wäre: „Das ist aber noch nicht mit den Behörden abgestimmt, es gibt noch keinen Bauantrag und keine Baugenehmigung.“ Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) habe das Grundstück jedoch reservieren lassen.

Kaum Austausch zwischen den Initiativen

Warum arbeiten nicht beide Initiativen zusammen, fragt sich Sozialausschusssprecherin Brigitte Grziwa-Pohlmann (SPD). „Wir stehen der Hafenstraße relativ neutral gegenüber, weil wir außer mündlich vorgetragenen Plänen noch nicht viel darüber wissen“, sagt Dünnwald, der auch die Chancen auf eine baldige Umsetzung an der Heerstraße höher einschätzt. Man wolle aber keine Entweder-oder-Diskussion, betont BWG-Abteilungsleiterin Christa Hegmann: „Die BWG hat bei der Erstellung des West-Konzepts mitgewirkt und fühlt sich dem grundsätzlich auch verpflichtet.“ Das an der Heerstraße angedachte Angebot sei ein Teil des West-Konzeptes.

Der Bedarf ist groß

Der Bedarf an psychiatrischer Versorgung sei groß, so Dünnwald: „Eine Einrichtung für Suchtkranke oder eine gerontopsychiatrische Einrichtung sind an der Heerstraße nicht mitgedacht. Es besteht also Bedarf an einem zweiten Standort. Wir erheben auch überhaupt nicht den Anspruch, da etwas Abschließendes zu machen.“ „Ich halte einen Standort für absolut ausreichend – wenn er denn groß genug ist“, sagt wiederum Ulrich Wesseloh, der betont: „Der Arbeitskreis ist für alle offen und wird sehr gut besucht, unter anderem von Vertretern anderer Träger. Die BWG ist herzlich eingeladen – es würde uns sehr freuen!“

Appell der Ortspolitiker

Welches Konzept ist das beste? Können beide umgesetzt werden? Die Waller Ortspolitiker waren sich nach mehr als einer Stunde Diskussion vor allem hierin einig: Beide Initiativen sollten dringend zusammenarbeiten, um gute Angebote und eine Zwischenlösung für die Übergangsphase zu organisieren. Am 17. Mai soll die Diskussion mit den Beiräten Findorff und Gröpelingen fortgesetzt werden.

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