Sie kamen in einem Wagen mit getönten Scheiben und huschten ins Rathaus, bevor jemand Fragen stellen konnte. Pinchas und Samuel Schapira sind bekannt dafür, dass sie die Öffentlichkeit scheuen. Das Brüderpaar aus Israel stellt für seine Projekte in der ganzen Welt lieber andere Menschen auf die Bühne. Später, als es schon Abend wurde im Rathaus und nach mehr als zwei Stunden Beratungen mit dem Senat, war es nicht mehr schwer für die Schapiras, dem Interesse der Medien zu entgehen. Die Scheinwerfer richteten sich vor dem Büro des Bürgermeisters stattdessen auf einen Mann, der als Architekt Weltruhm erlangt hat. Daniel Libeskind war gekommen. Er wird im Auftrag der Schapiras die neuen Gebäude auf dem Sparkassen-Areal am Brill entwerfen.
Libeskind steht für spektakuläre Architektur. Er hat in Deutschland das Jüdische Museum in Berlin entworfen, das Zentralgebäude der Leuphana-Universität in Lüneburg und das Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück. Alles außerordentliche Bauten, und so hat er es auch in Bremen vor. Es gibt bereits Pläne, der Senat durfte sie sehen, für die Öffentlichkeit gab es zunächst aber nur die Brosamen allgemeiner Erklärungen.
"Das ist ein hoher Standard"
Libeskind erinnerte daran, dass er in Bremen mal für den Bau eines Konzerthauses im Gespräch war, daraus sei dann aber leider nichts geworden. Die Stadt stelle mit ihrer hanseatischen Geschichte etwas dar in der Welt. „Bremen ist einzigartig, und ich werde etwas Einzigartiges schaffen“, versprach der Architekt. Entscheidend sei dabei nicht die Frage, wie hoch die Häuser würden, entscheidend sei, wie man den Ort begreife, die Umgebung aufnehme. „Die Inspiration zählt.“
Der Mann ist klein, wirkt in seinem Auftreten aber groß. Jemand, der es versteht, seine Umgebung für sich und seine Pläne einzunehmen. Bei dem kurzen Auftritt im Rathaus, im Weltkulturerbe, zeigte er nach draußen, zum Marktplatz und den Gebäuden drumherum. „Das ist ein hoher Standard, das Neue sollte diesem Standard entsprechen.“
Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) fasst es nach seinen Worten als Kompliment auf, dass Bremen mittlerweile dermaßen viele ausgezeichnete Angebote von Investoren und Architekten bekommt. „Das ist eine große Chance, die wir ergreifen sollten“, sagte Sieling. Einzige Einschränkung: „Es muss passen, und es muss funktionieren.“ Der Vorschlag von Libeskind sei ein grober Entwurf, noch keine Detailplanung, die folge erst im weiteren Verfahren. In einigen Wochen wollen sich der Investor und die Stadt wieder zusammensetzen. Frei wird das Sparkassengelände in knapp zwei Jahren, wenn die Bank an die Universität zieht.
Bausenator Joachim Lohse (Grüne) bezeichnete die Ideen von Libeskind für die Bebauung am Brill als „kühnen, mutigen Entwurf“. Offen sei tatsächlich noch, wie hoch die Häuser ausfallen, wie viel Geschossfläche insgesamt geschaffen wird und welche Lösungen man für die verkehrliche Erschließung findet.
Die Schapiras hatten das Rathaus unbemerkt verlassen, dafür aber ihren Projektentwickler dagelassen. Andreas Thielemeier berichtete, dass die Teilnehmer der Runde im Rathaus begeistert gewesen seien, als Libeskind seine Pläne vorstellte. Er sei zuversichtlich, dass es nun zügig vorangehe. Zu den Überlegungen gehöre, einen Teil der Fläche von öffentlichen Einrichtungen nutzen zu lassen, konkret von der Hochschule und der Universität.