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Richter lehnt Klage ab Streit um Einzelhandelsfläche im Mühlenviertel

Die Einzelhandelsfläche im Mühlenviertel ist zu groß, findet der Lestra-Chef Cornelius Strangemann und versuchte rechtlich dagegen vorzugehen. Die Klage wurde nun aber aus rein formalen Gründen abgelehnt.
06.05.2016, 00:00 Uhr
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Von Christiane Mester

Die Einzelhandelsfläche im Mühlenviertel ist zu groß, findet der Lestra-Chef Cornelius Strangemann und versuchte rechtlich dagegen vorzugehen. Die Klage wurde nun aber aus rein formalen Gründen abgelehnt.

Mit dem Rewe-Markt und der DM-Drogerie sind Ende vergangenen Jahres im Mühlenviertel neue Einkaufsmöglichkeiten entstanden. Demnächst soll ein Biomarkt dazukommen. „Das ist zu viel“, sagt Cornelius Strangemann, geschäftsführender Gesellschafter des nahe gelegenen Verbrauchermarkts Lestra. Gegen die Erweiterung der Einzelhandelsflächen im Stadtteil versuchte er daher rechtlich vorzugehen. Soweit kam es aber gar nicht, denn das Oberverwaltungsgericht lehnte seinen Antrag nun mit der Begründung ab, Strangemann sei in dieser Sache von öffentlichem Interesse gar nicht klageberechtigt.

Haben die verantwortlichen Politiker in Bremen tatsächlich alle Interessen gerecht abgewogen, bevor die Stadtbürgerschaft 2013 zustimmte, den Bebauungsplan für das ehemalige Telekom-Gelände so abzuändern, dass dort 4100 Quadratmeter Einzelhandelsfläche statt der eigentlich vorgesehenen 2500 entstehen durften? Nach Aussage des vorsitzenden Richters wäre das die entscheidende Frage gewesen, mit der sich das Oberverwaltungsgericht im Zuge eines Verfahrens hätte auseinandersetzen müssen. Cornelius Strangemann ist der Ansicht, dass dies nicht der Fall gewesen ist und stützte sich bei seinem Verfahrensantrag auf ein Marktgutachten, das die Politik völlig außer Acht gelassen habe, wie er sagt. Die Stadt hatte diese Untersuchung vor der B-Plan-Änderung in Auftrag gegeben, um sicherzustellen, dass eine Neuansiedlung weiterer Einzelhändler das in Horn-Lehe bereits vorhandene Stadtteilzentrum, zu dem auch Lestra gehört, nicht gefährden wird. Letzteres ist als erklärtes Ziel im kommunalen Nahversorgungskonzept festgehalten.

Abriss als Gedankenspiel

Im angeführten Gutachten werden eindeutige Empfehlungen formuliert: Ein neuer Lebensmittelmarkt sollte höchstens 1500 Quadratmeter groß sein, heißt es im Ergebnis der Untersuchung, um städtebaulich unerwünschte Effekte für das vorhandene Stadtteilzentrum zu vermeiden und benachbarte Einzelhandelslagen – sprich den Lestra-Standort, wie an anderer Stelle explizit genannt – nicht zu beeinträchtigen. Auf jeweils 500 Quadratmetern sollten sich zusätzlich Zoohandel und eine Drogerie ansiedeln. Das sei eine „maßvoll dimensionierte Weiterentwicklung der Angebotsstruktur“, die das Stadtteilzentrum gegenüber Wettbewerbsstandorten stärken könne, so das Fazit der Untersuchung.

Am Ende waren es dann aber nicht insgesamt 2500 Quadratmeter Einzelhandelsfläche, sondern mit der neuen DM-Drogerie und der Rewe-Filiale mit angeschlossenem Getränkemarkt ganze 4100 Quadratmeter, die an der Leher Heerstraße entstanden sind. In der Tat „könnte das fraglich sein“, sagte auch der Verwaltungsrichter. „Man müsste die Gutachter hören“, um abschließend darüber entscheiden zu können, ob das Marktgutachten und das Nahversorgungskonzept angemessen berücksichtigt worden seien, als der B-Plan entsprechend erweitert worden ist. Stelle sich im Zuge eines Gerichtsverfahrens heraus, dass dies nicht der Fall gewesen ist, hätte das erhebliche Folgen, erläuterte der Richter weiter: „Die Baugenehmigung wäre zu Unrecht erteilt worden, und der Rewe-Markt wäre damit ein Schwarzbau.“ Infolgedessen wäre auch ein Abriss des Gebäudes nicht ausgeschlossen. Das alles sei aber nur ein Gedankenspiel.

Die Rede verblieb im Konjunktiv, denn bevor ein solches Normenkontrollverfahren, wie von Cornelius Strangemann beantragt, seinen Lauf nehmen kann, müsse zunächst geprüft werden, ob dieser überhaupt klageberechtigt sei. So lautete auch der schriftlich dargelegte Einwand der Gegenseite – im Gerichtssaal vertreten durch Christian Krane und Wilhelm Petry vom Bauressort. „Ihre Antragsbefugnis ist hier sehr fraglich“, stellte der Richter mit Blick auf Strangemann fest. Er und sein Anwalt argumentierten in ihrem Antrag inhaltlich mit Konkurrenzschutz und städtebaulichen Erfordernissen, führten das Marktgutachten ins Feld und beriefen sich schließlich auf das kommunale Nahversorgungskonzept. Dieses, so der Richter weiter, diene zwar sehr wohl dem Schutz des Stadtteilzentrums mit und rund um Lestra, es ziele dabei aber allein auf das öffentliche Interesse ab und verfolge nicht den Anspruch, die privaten Belange des Einzelhandels abzusichern.

Dementsprechend fiel nach einer kurzen Unterbrechung auch das Urteil aus. Die Antragsbefugnis werde zurückgewiesen und eine Revision ausgeschlossen, sagte der Richter und fügte dann noch erklärend hinzu: „Ihr Begehren scheitert allein aus formalen Gründen.“ Erfolgsversprechender wäre womöglich eine Anwohnerklage gewesen, die sich auf Lärmbelästigung oder ein erhöhtes Verkehrsaufkommen gestützt hätte, sagte er. Nicht ausgeschlossen, dass es zu einer solchen Anklage eines Anwohners noch kommt. Voraussetzung dafür: Der Anwohner müsste seine Befürchtungen schon damals, sprich vor dem Beschluss über den Bebauungsplan, geäußert haben.

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