Der Verkehrsunfall in der Vahr, bei dem im Juni ein 13-jähriger Junge lebensgefährlich verletzt wurde, landet vor Gericht. Dabei geht es nicht um fahrlässige Körperverletzung, angeklagt ist ein Verbrechen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem mutmaßlichen Fahrer des Unfallwagens versuchten Totschlag vor. Angeklagt ist ein 37-jähriger Bremer. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er der Unfallfahrer war. Am 10. Juni dieses Jahres fuhr ein 13-Jähriger gegen 12.30 Uhr auf seinem Fahrrad auf dem Radweg an der Konrad-Adenauer-Allee. An der Kreuzung zur Julius-Brecht-Allee wollte er bei Grün geradeaus in Richtung Beneckendorffallee weiterfahren, wurde jedoch mitten auf der Straße frontal von einem silberfarbenen Opel Astra erfasst. Laut Zeugenaussagen soll dessen Fahrer die an der Ampel wartenden Fahrzeuge mit hoher Geschwindigkeit auf der Linksspur überholt haben und bei Rot geradeaus über die Kreuzung gerast sein.
Das Kind wurde 15 Meter durch die Luft geschleudert und erlitt lebensgefährliche Kopfverletzungen. Nach einer Notoperation in der Kinderintensivstation eines Bremer Krankenhauses schwebte es noch mehrere Tage lang in Lebensgefahr. Zeugen haben berichtet, dass der Unfallfahrer kurz anhielt, mit seinem Beifahrer aus dem Wagen stieg und nach dem Kind schaute. Statt sich dann aber um den schwer verletzten Jungen zu kümmern, liefen beide zu ihrem Auto und rasten auf der Steubenstraße davon.
„Logische Konsequenz“
Angesichts dieses Verhaltens sei die Anklage wegen versuchten Totschlags gegen den Mann die logische Konsequenz, begründet der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Frank Passade, den Verbrechensvorwurf und die Verhandlung vor dem Schwurgericht. Bei einem „normalen“ Verkehrsunfall, den ein Fahrer zum Beispiel aus Unaufmerksamkeit verursacht und bei dem er sich anschließend um das Opfer kümmert und einen Arzt zu Hilfe ruft, ginge es lediglich um fahrlässige Körperverletzung ohne weitere strafrechtliche Folgen, erklärt Passade. „Aber hier liegt der Fall total anders.“ Was auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass der Verdächtige seit Mitte des Jahres in Untersuchungshaft sitzt.
Die Anklage gegen den 37-Jährigen fußt auf umfangreichen Hinweisen auf den Mann, die unmittelbar nach dem Unfall bei der Polizei eingingen. Auch das Kfz-Zeichen des Astra notierten die Zeugen. Dies alles brachte die Polizei auf die Spur einer Bremer Familie, die das Auto gemietet hat. Der angemeldete Halter des Fahrzeuges soll aber nicht der Unfallfahrer sein. Von dem silbernen Opel Astra fehlte nach dem Unfall zunächst jede Spur. Doch in der Nacht zum 15. Juni nahmen Spezialkräfte der Polizei und Beamte der Mordkommission drei Tatverdächtige fest, darunter der jetzt Angeklagte. Die beiden anderen Männer sollen versucht haben, den Opel zu beseitigen. Doch dem kam die Polizei zuvor. In derselben Nacht, in der sie die drei Männer festnahm, wurde auch der Unfallwagen sichergestellt.
Mann sitzt seit Mitte des Jahres in Untersuchungshaft
Strafrechtlich in Erscheinung getreten ist der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft bislang nur einmal – 2012 wurde er wegen Betruges zu einer Geldstrafe verurteilt. Zur Sprache kommen dürften in der nun anstehenden Verhandlung aber auch eine Reihe von Ordnungswidrigkeiten, die auf sein allgemeines Verhalten im Straßenverkehr zurückgehen. Einen Termin für die Verhandlung vor dem Schwurgericht gibt es noch nicht. Da der Mann seit Mitte des Jahres in Untersuchungshaft sitzt, muss der Prozess noch in diesem Jahr beginnen.
Mit der Anklage wegen versuchten Totschlags gegen den 37-Jährigen reagiert die Bremer Staatsanwaltschaft zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit mit Härte auf rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr. Erst Ende August hatte sie Anklage wegen Mordes gegen einen 24-jährigen Motorradfahrer erhoben, der in Walle einen 75-jährigen Fußgänger tödlich verletzt hat.
Mehr noch als der Unfall selbst sorgte in diesem Fall für Aufsehen, was direkt danach über den 24-Jährigen bekannt wurde: Er gehört zu einer Motorradszene, die Fahrten mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Innenstadt via Helmkamera filmen und in diversen Kanälen im Internet verbreiten.