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Heinrich Lohmann sucht Erinnerungsstücke und Zeitzeugen / Haus in Schönebeck steht seit 1914 Verdener erforscht Historie des Fichtenhofs

Baronesse Margaretha von der Ropp fand auf dem Fichtenhof Zuflucht – durch Recherchen zu ihrer Geschichte wurde der Verdener Heinrich Lohmann auf das Gebäude aufmerksam. Die Geschichte des Hauses möchte Lohmann aufarbeiten und dokumentieren. Er sucht Zeitzeugen und Dokumente.
08.04.2014, 00:00 Uhr
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Verdener erforscht Historie des Fichtenhofs
Von Julia Ladebeck

Baronesse Margaretha von der Ropp fand auf dem Fichtenhof Zuflucht – durch Recherchen zu ihrer Geschichte wurde der Verdener Heinrich Lohmann auf das Gebäude aufmerksam. Die Geschichte des Hauses möchte Lohmann aufarbeiten und dokumentieren. Er sucht Zeitzeugen und Dokumente.

Der Fichtenhof in Schönebeck ist bisher nicht als Schauplatz bemerkenswerter historischer Ereignisse bekannt gewesen. Seit 1975 befindet sich dort eine Seniorenwohnanlage der Bremer Heimstiftung. Doch was war vorher? Heinrich Lohmann ist an der Geschichte des Gebäudes und seiner Bewohner interessiert und arbeitet zu diesem Thema an einer Veröffentlichung. Nun sucht er Nordbremer, die in ihrer Jugend mit den Bewohnern des Fichtenhofes vor 1950 Kontakt hatten oder die Schriftstücke, Fotos oder andere Erinnerungsstücke bewahren.

Auf die Idee, die Historie des Fichtenhofs aufzuarbeiten, kam er durch eine andere Recherche. Bereits seit Jahren arbeitet der geschichtsinteressierte Verdener in seiner Freizeit die Lebensgeschichte von Margaretha Baronesse von der Ropp auf, die nach dem Krieg aus Ostpreußen nach Bremen flüchtete. „Sie fand auf dem Fichtenhof Zuflucht“, schreibt Lohmann, der hauptberuflich als Rechtspfleger bei der Bremer Staatsanwaltschaft arbeitet.

„Als ich wissen wollte, warum sie dorthin gegangen war, fand ich nur hier und da fragmentarische Angaben, aber nichts Zusammenhängendes. Keiner wusste Genaues, was erstaunlich war, denn es tauchten interessante Aspekte auf, die mich anstachelten“, erläutert er. Schließlich legte er das Thema „Baronesse von der Ropp“ erst einmal beiseite und widmete sich ausführlich der Geschichte des Fichtenhofs.

Viele Details hat Lohmann bereits herausgefunden. Erbauer des Hauses war demnach Professor Otto Schmidt, Begründer der geburtshilflichen und gynäkologischen Abteilung der „städtischen Krankenanstalt an der St.-Jürgen-Straße“. Lohmann: „Er stammte aus Göttingen, hatte eine Bremerin geheiratet und als es ihm wirtschaftlich gut ging, überlegte er mit seiner Frau, entweder ein Sommerhaus im Grünen zu errichten oder eine Reise zu den Pyramiden nach Ägypten zu unternehmen.“ Das Paar entschied sich für das Haus.

Vom Verwalter der Besitztümer der Adelsfamilie von der Borch bekam der Arzt am 28. November 1913 einen Vertrag, der ihm das langjährige Nutzungsrecht für ein 4,5 Hektar großes Grundstück zusagte. Mit der Ausführung des Baus, so Lohmann, habe Schmidt den Bremer Architekten Carl Krahn beauftragt. „Dieser entwarf ihm für den großen Besitz einen reetgedeckten Ziegelbau, den sogenannten Fichtenhof. Er war im Jahre 1914 bezugsfertig.“ Doch die berufliche Belastung, das ergaben Lohmans Recherchen, ließ Professor Schmidt im Laufe der Zeit immer seltener die Zeit, um auf dem Fichtenhof Freizeit zu verleben. Schließlich habe er sich entschlossen, das Anwesen zu vermieten.

Erster Mieter war Carl Andersson. 1928 folgte der zu der Zeit bedeutende Tabakkaufmann Heinrich Spiegel, Teilhaber der Firma „Linderwirth, Uhrmeier und Spiegel“, eines der damals führenden Rohtabakhäuser Bremens. „Mit der Vermietung zu Wohnzwecken musste auch die Pflege des Gartens organisiert werden. Für die Pflege des großen Grundstücks stellte Professor Schmidt daher 1928 den Gärtner Karl-Friedrich Klinner als Hofmeier ein.“ Dieser bewohnte das auf dem Grundstück gelegene Hofmeierhaus. Ab 1930 sei der Fichtenhof für eine längere Zeit nicht mehr vermietet gewesen.

1934 zog dann wieder ein Mieter ein: Wilhelm Roloff, Direktor der „Nordsee“ Deutsche Hochseefischerei Bremen-Cuxhaven AG, machte ihn zum Wohnsitz seiner Familie, nachdem er in diesem Jahr seine zweite Frau, eine geborene von Alvensleben geheiratet hatte. Der Fichtenhof wurde von nun an zu einem Schauplatz der Familiengeschichte Wilhelm Roloffs, mit der sich Heinrich Lohmann ebenfalls intensiv befasst hat. Dabei fand er heraus, dass sowohl Roloff selbst als auch dessen Schwiegervater Werner von Alvensleben Gegner des nationalsozialistischen Regimes waren.

Das brachte ihnen erhebliche Restriktionen – Verhaftungen und Hausdurchsuchungen – ein. So erlebten Wilhelm und Lexi Roloff unter anderem im Juli 1934 auf dem Fichtenhof eine Hausdurchsuchung der Gestapo. Mit einem „Riesenaufgebot“ sei dort nach belastendem Material gesucht worden, so Lohmann. Unter anderem, das hat der Verdener recherchiert, gehörte Wilhelm Roloff nach eigener Aussage seit 1936 zu dem Kreis, „der im Wesentlichen später zu denjenigen Gruppen gehörte, die den 20. Juli vorbereitet haben“. Zum Hintergrund: Am 20. Juli 1944 versuchten deutsche Offiziere, Adolf Hitler durch einen Staatsstreich zu beseitigen.

Lohmann zitiert Roloff, der seine Verfolgung im Wiedergutmachungsverfahren geschildert habe, mit den Worten: „Seit dem Jahre 1936 traf ich bereits regelmäßig mit dem damaligen Oberst, später Generalmajor Oster, mit Generaloberst Beck, Herrn von Dohnany, Otto Hübner, Hans Gisevius zusammen sowie mit dem später verstorbenen Generaloberst von Hammerstein. Infolgedessen war ich im Herbst 1936 über den damals geplanten und nicht zur Ausführung gelangten Staatsstreich unterrichtet.“ Die vom Fichtenhof geführten Telefongespräche seien von der Gestapo überwacht worden, so Lohmann.

„Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli geriet Wilhelm Roloff sofort auf die Liste der gesuchten Verschwörer.“ Laut Lohmann wurde Roloff am 27. Juli 1944 festgenommen. Nach seiner Haftentlassung sei er später wieder an die Spitze der „Nordsee“ zurückgekehrt. Bis 1949 war der „Fichtenhof“ dann Zufluchtsort für die Familienangehörigen Roloffs und seiner Frau sowie zahlreicher weiterer Flüchtlinge, darunter Gottliebe von Lehndorff mit ihren vier Töchtern und dem Kindermädchen Lisbeth Gräber. Gottliebe von Lehndorff war die Ehefrau von Heinrich Graf von Lehndorff-Steinort, der 1944 wegen seiner Teilnahme an der Verschwörung des 20. Juli 1944 gegen Hitler hingerichtet wurde.

1949 verkaufte Roloff das Haus Fichtenhof an die Stadtgemeinde Bremen, die dort ein Kinderheim einrichtete. 1975 übertrug die Stadt die Verwaltung an die Bremer Heimstiftung. Heinrich Lohmann hat bereits zahlreiche Zeitzeugenberichte gesammelt und sucht nun weitere Nordbremer, die Erinnerungsstücke an Kontakte zum Fichtenhof, zur Familie Roloff oder anderen früheren Bewohnern besitzen. „Diese Dinge würde ich gerne verwenden.“.

Kontakt: Heinrich Lohmann arbeitet an einer Veröffentlichung zur Geschichte des „Fichtenhofs“ in Schönebeck. Telefonisch ist er abends ab 19 Uhr unter der Telefonnummer 04231/62626 oder per E-Mail an HeinrichLohmann@gmx.de erreichbar.

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