Bremen-Nord. Bezahlbarer Wohnraum – südlich der Lesum ist er inzwischen ein knappes Gut. Weil immer mehr Menschen fürchten, sich ihre vier Wände bald nicht mehr leisten zu können, fordern die Grünen einen Mietspiegel für Bremen. Im Norden der Stadt stellt sich die Lage noch vergleichsweise entspannt dar. Allerdings: In einzelnen Marktsegmenten übersteigt auch hier die Nachfrage das Angebot.
Bremen wächst. Als eine der wenigen deutschen Großstädte verzeichnet die Hansestadt seit mehreren Jahren anhaltenden Zuzug. Da der Wohnungsbau mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten hat, kennt die Tendenz der Mieten zumindest in der Kernstadt und den angrenzenden Quartieren nur noch eine Richtung: steil nach oben. 10 bis 11 Euro kalt pro Quadratmeter für eine Wohnung mittlerer Güte im Buntentor, das ist inzwischen normal.
Von diesem Niveau hält Bremen-Nord noch gehörigen Abstand. Auch in sehr guten Lagen an der Weser oder Lesum müssen in der Regel nicht mehr als 8 Euro gezahlt werden, selbst bei exklusiven Neubauobjekten wird die Schallmauer von 10 Euro noch nicht geknackt.
Kann das auf mittlere Sicht so bleiben, wenn sich Wohnungssuchende vom überhitzten Markt in Bremen-Stadt abwenden und nach Alternativen Ausschau halten? Beim Immobiliendienstleister Robert C. Spies hat man zumindest für die besseren Lagen ein gewisses Anziehen der Nachfrage registriert. "Dort haben wir kein Problem, innerhalb von vier Wochen an bonitätsstarke Kunden zu vermieten", weiß Esther Klostermann, Immobilienfachwirtin in der Vegesacker Niederlassung von Robert C. Spies. "Rohrstraße und Weserstraße, der Bereich um Knoops Park – das sind Bereiche, die bei Stadtbremern durchaus bekannt sind und die sozusagen auf den zweiten Blick in Frage kommen."
Im mittleren und unteren Preissegment eine Wohnung zu finden, sei in Bremen-Nord definitiv noch kein Problem, ergänzt Esther Klostermann. Schließlich war der Norden der Stadt bis vor kurzem noch ein schrumpfendes Gemeinwesen. Angesichts eines entsprechend umfangreichen Angebots sei es für Immobilienbesitzer gar nicht möglich, Mieterhöhungen in größerem Umfang durchzusetzen. Zugute kämen den Mietinteressenten dabei auch einschlägige Websites im Internet. "Wenn mir beispielsweise auf Immo-Scout zu einem Angebot drei gleichwertige Alternativen in der näheren Umgebung offeriert werden, dann kann ich den Preis mitbestimmen", sagt die Expertin.
Bremen-Nord ist für Vermieter kein goldenes Pflaster. Nicht für private Anbieter und auch nicht für die größeren Gesellschaften wie Gewoba, Gewosie, Brebau oder Gagfah. "Wir versuchen, die Inflationsrate aufzufangen", beschreibt Gewoba-Bereichsleiter Manfred Corbach sein Ziel. 2550 Wohnungen gehören dem überwiegend stadteigenen Unternehmen in Vegesack, Blumenthal und Burglesum.
Zwar ist es der Gewoba in den vergangenen fünf Jahren gelungen, die Leerstandsquote an diesen Standorten auf aktuell 0,7 Prozent zu drücken. Von der Möglichkeit, Mieterhöhungen im gesetzlich erlaubten Umfang durchzusetzen, ist die Gewoba gleichwohl weit entfernt. Erlaubt sind 20 Prozent innerhalb von drei Jahren. "Das schöpfen wir nicht aus", stellt Corbach klar.
Kaum Spielraum für höhere Mieten
Ähnlich sieht es bei der Gagfah aus, die mit ihren Beständen zu den günstigsten Anbietern in Bremen-Nord gehört. Die durchschnittliche Netto-Kaltmiete in ihren Wohnungen rund um die Siedlung Hünertshagen liegt derzeit bei 4,08 Euro. Angesichts vorhandener Leerstände sei das Steigerungspotenzial bei den Mieten theoretischer Natur, bekennt Unternehmenssprecherin Bettina Benner. Es werde "vermutlich nicht ausgeschöpft". Auch die Gewosie, Bremen-Nords größte Anbieterin, übt sich in Bescheidenheit. Die Durchschnittsmiete ihres Wohnungsbestandes lag im Dezember 2012 bei 5,28 Euro pro Quadratmeter. Das waren exakt 2,9 Prozent mehr als zwölf Monate zuvor.
So entspannt sich die Lage auch insgesamt darstellt: Bei einzelnen Wohnungstypen und in bestimmten Lagen kann es durchaus Angebotsengpässe geben. "In Vegesack fehlen zum Beispiel 3-4-Zimmer-Wohnungen, insbesondere in Mehrfamilienhäusern mit Fahrstuhl", weiß Jan Schneider, Geschäftsführer bei Robert C. Spies. Auch größere Familien mit mehreren Kindern "müssen manchmal etwas länger warten", sagt Gewoba-Bereichsleiter Manfred Corbach. Pauschalisierungen helfen nach Aussage der Experten nicht weiter, dafür seien Bremen-Nord und sein Wohnungsmarkt zu heterogen. Oder mit den Worten von Brebau-Geschäftsführer Thomas Tietje: "Der Markt ist nicht Bremen-Nord, der Markt ist das Quartier."