Mitten im Schnoor leben in einem kleinen Kloster fünf Ordensschwestern. Sie sind Franziskanerinnen. Ihr Konvent ist ein Ableger des Mutterhauses in Thuine im Emsland. Sie haben drei Gelübde abgelegt: Gehorsam, Armut und Ehelosigkeit. Damit gehört bewusster Verzicht untrennbar zu ihrem Alltag.
Ihre Wohnräume und persönlichen Besitztümer kann man definitiv als minimalistisch bezeichnen. "Wir verzichten auf Wohlstand", sagt Maria Paula Eberle, die hier nur Schwester Maria Paula genannt wird. Ein eigenes Auto, ein Sparkonto, einen Fernseher – all das haben die Franziskanerinnen im Schnoor nicht. Auch Schmuck tragen sie nicht. "Vielleicht eine Kette mit einem Kreuz", sagt Schwester Francis. Für ihre Arbeit werden sie bezahlt, aber ihr Gehalt wird nicht ihnen persönlich, sondern ihrem Orden überwiesen. "Unser Verdienst geht an Thuine", sagt sie.
Wohngemeinschaft auf wenigen Quadratmetern
Das Gebäude des Bremer Konvents ist so wie die meisten Häuser im Schnoor: klein. Das merkt man auch im Inneren. Alles, was hier gebraucht wird, ist auf wenigen Quadratmetern untergebracht. Insgesamt ist das Kloster organisiert wie eine professionelle Wohngemeinschaft. Es gibt individuelle und geteilte Räume.

In der Kapelle der Franziskanerinnen steht auch ein Tabernakel, ein Schrein, in dem die Hostien aufbewahrt werden.
Im Obergeschoss hat jede der Ordensschwestern ihre Privaträume: Ein Schlafzimmer, ein kleiner Wohnraum, ein eigenes Bad. Dieser Bereich dient auch der Klausur, dem Rückzug. Er wird normalerweise nicht von Gästen betreten. Alle anderen Räume nutzen die Ordensschwestern gemeinsam. Dazu gehören ein kleiner Andachtsraum, der als Kapelle dient, eine Küche, ein Esszimmer mit Fernseher, ein Vorzimmer, um Gäste zu empfangen und ein kleiner Innenhof, in dem sie Trauben anbauen. Auch ein Auto gehört zum Gemeinschaftsbesitz des Konvents.
Kaum persönlicher Besitz
Die persönlichen Besitztümer der Franziskanerinnen sind überschaubar. Ein Bücherregal, eine Kreuzkette, ein Heiligenbild. Welche privaten Gegenstände ihnen wichtig sind? "Meine Bücher", sagt Schwester Maria Paula. Sie liest gern spirituelle Literatur, die sich mit dem Heiligen Geist beschäftigt.
Ein wichtiger persönlicher Gegenstand ist für Schwester Francis ihr E-Bike, das sie vom Orden geschenkt bekommen hat. Das Rad hat sie sorgsam in einem Unterstand der katholischen Gemeinde nebenan geparkt. Damit fährt sie zum Einkaufen auf dem Markt, zu Arztterminen oder auch mal raus ins Blockland.

Die kleine Kapelle des Konvents im Schnoor sieht fast aus wie ein gewöhnlicher Wohnraum. Ein buntes Fenster zeigt neben anderen Details, dass dies ein Raum der Andacht ist.
Der Verzicht der Nonnen ist selbst gewählt. Doch das heißt nicht, dass er immer leicht fällt. "Unsere Zimmer sind klein, es ist alles klein und eng, das ist mir am Anfang schon schwergefallen", sagt Schwester Maria Paula. "Aber es lohnt sich, mit Gott zu leben." Dadurch, dass sie nicht so viel materiellen Besitz habe, könne sie sich mehr um die inneren Werte kümmern, sagt Schwester Francis. Besitz könne auch ein Ballast sein – schließlich müsse Eigentum meistens gepflegt werden. "Ich beschäftige mich nicht damit, was für ein tolles Auto ich mir kaufen könnte, sondern fokussiere mich mehr auf die Beziehung mit Gott – mein Auftrag ist es, Gottes Liebe in die Welt zu tragen", sagt sie.
Auch der Verzicht auf Intimitäten und eine Partnerschaft gehört zum Ordensleben. "Wenn ich nicht mehr ehelos leben will, wenn ich das Gelübde nicht halten kann, muss ich aus dem Orden austreten", sagt Schwester Francis. Wer sich verliebt, kann von seinem Gelübde entbunden werden, muss damit aber sein Leben in der Ordensgemeinschaft aufgeben. Ohne Liebesbeziehungen zu leben, das ist ein Verzicht, den man spürt, sagt Schwester Maria Paula. "Das bedeutet auch mal, Einsamkeit auszuhalten. Allein zu sein, und das auch Gott zu zeigen, das gehört zu unserem Lebensstil."

Wenige Besitztümer, kleine Details: Die Franziskanerinnen im Schnoor besitzen nur wenige persönliche Gegenstände.
Der Verzicht habe aber auch positive Folgen, sagen die beiden Ordensschwestern: Durch ihn fühlt sich Schwester Francis im Alltag oft freier im Herzen, sagt sie. Die Franziskanerinnen haben Möglichkeiten, für die viele Menschen sich im Alltag selten Zeit nehmen. Zum Beispiel eine Stunde lang in der Kapelle sitzen, beten und innehalten, sagt Schwester Maria Paula. "Dadurch habe ich die Möglichkeit, Gott zu entdecken, gerade in einer Zeit, in der viele sich von Gott abwenden."
Wo der Verzicht schwer fällt
Manchmal fällt der Verzicht aber auch schwer. Obwohl die Franziskanerinnen regulär drei Wochen Urlaub im Jahr haben, können sie sich nicht jede Reise nach Belieben erlauben. "Ich komme nicht mehr überall hin, ich kann nicht einfach am Wochenende in die Berge fahren oder nach Hause an den Bodensee", sagt Schwester Maria Paula, die gebürtig aus Süddeutschland kommt und früher gern in den Alpen wandern ging. "Ich wäre gerne mal nach Israel gefahren, in das Heilige Land", sagt Schwester Francis. Das sei für eine Ordensschwester aber normalerweise nicht einfach so möglich. "Das finde ich schade." Oft verbringen die Nonnen ihren Urlaub in Einrichtungen ihres Ordens - zum Beispiel auf Borkum oder an der Ostsee.
Doch das Leben der Franziskanerinnen ist nicht nur von Verzicht und spiritueller Innenschau geprägt. Sie übernehmen auch praktische Aufgaben in der Außenwelt. Schwester Francis bereitet die Messe in der St. Johann-Kirche nebenan vor. Schwester Maria Paula geht als Gemeindereferentin in Seniorenheime und gestaltet Trauerfeiern bei Beerdigungen. "Und wir essen auch mal ein Eis, wir trinken mal ein Bier mit Wasser und wir feiern zusammen, wenn eine Schwester ihren Geburtstag oder Namenstag hat", sagt Maria Paula. Dann gibt es oft bestimmte Gerichte, die sich die feiernde Schwester gewünscht hat. Zuletzt war es Bratwurst mit Pommes.

Schwester Maria Paula und Schwester Francis (von links) sind zwei von fünf Ordensschwestern, die dem Konvent der Franziskanerinnen im Schnoor angehören.