Nachbarn kann man sich nicht aussuchen. Man muss mit ihnen leben. Und das geht nicht immer reibungslos ab. Damit das Zusammenleben aber klar geregelt und damit für alle Seiten erträglich gestaltet werden kann, gibt es das Nachbarschaftsrecht. Darüber referierte der Osterholzer Rechtsanwalt Tim Jesgarzewski jetzt in der Begegnungsstätte in einem unterhaltsamen und informativen Vortrag.
Normalerweise regle das Bürgerliche Gesetzbuch das Zusammenleben der Menschen in unserem Staat, so der Jurist. Aber es gebe eine Fülle an „Unterregelungen“, die teils auf Länderebene oder von Kreistagen erlassen werden. Zusätzlich gelte oft auch noch das Ortsrecht. Die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen verwirrten den Laien verständlicherweise. Darum ging der Referent auf einige grundsätzliche Probleme ein.
Da es häufig zu Grenzstreitigkeiten zwischen Nachbarn kommt, beschäftigte sich Jesgarzewski zunächst mit der „Einfriedung“. Dabei handelt es sich um begrenzende Hecken, Zäune oder Mauern. In der Regel sei ein Grundstückseigentümer für eine Seite verantwortlich. Das kann – von der Straße zum Hauseingang gesehen – die rechte oder linke Seite sein. Diese Zuständigkeit wird im jeweiligen Bebauungsplan festgestellt und richtet sich nach den ortsüblichen Gegebenheiten. Abweichungen davon sollten die Nachbarn schriftlich miteinander vereinbaren.
„Pflanzabstände“ – ein häufiger Zankapfel – müssen im Hinblick auf das Nachbargrundstück eingehalten werden. Die Abstände seien in den Bebauungsplänen der jeweiligen Ortsämter festgelegt. Sie wurden von den Gemeinderäten abgesegnet. Diese Regelungen könnten sich von Ort zu Ort durchaus unterscheiden. Hinzu kämen noch Baumschutzsatzungen, die regeln, welche Bäume, wann und unter welchen Umständen gefällt werden dürften. Bäume, die in Grenznähe stehen und starken Schatten auf das Nachbargrundstück werfen, können entfernt werden. Man sollte sich laut dem Jurist mit Nachbarn frühzeitig einigen. Auch sollte schriftlich festgelegt werden, dass heranwachsende Bäume später gefällt werden müssen, wenn sie das eigene Grundstück beeinträchtigen, rät der Anwalt. Um belastenden Konflikten rechtzeitig auszuweichen, sollten sich Nachbarn auch schriftlich einigen, wenn eine Partei eine Garage, einen Schuppen oder einen Carport an der Grenze errichten möchte. Äste, die von Bäumen über die Grenze herüberreichen, nennt man „Überwuchs“. Sie muss man dulden, es sei denn, sie beeinträchtigen durch erheblichen Schattenwurf, Moos auf dem Dach oder Grünspan das eigene Anwesen. Laub oder Fallobst bilden keine Beeinträchtigung. „Das Fallobst darf man aufheben, der reife Apfel am Ast gehört aber dem Besitzer“, macht Jesgarzewski klar. Hohe, alte Bäume wie Eichen oder Buchen sollte ein Grundstückseigentümer mindestens einmal im Jahr auf Krankheiten oder Pilzbefall überprüfen. „Wenn Nachbars Eiche bei starkem Sturm auf mein Dach fällt, muss ich aber den Dachdecker bezahlen“, erklärt der Anwalt die Rechtslage.
Emissionen wie der Geruch aus Ställen, der Lärm von Straßen oder Schulen, Regenwasser, das aufs Grundstück läuft, müsse ein Eigentümer ertragen, wenn sie zumutbar sind. Hier komme es auf die Prüfung des Einzelfalls an. Grundsätzlich sollten Grundstückseigentümer alles unterlassen, was den Nachbarn und dessen Eigentum schädige oder über Gebühr belästigen könne, rät Jesgarzewski. Klare Absprachen und sachliche Festlegungen seien die Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben.