Für die Klasse 4e ist dieser Montag ein schöner Tag: „Ich finde es cool, dass wir wieder alle zusammen in der Schule sind“, sagt die neunjährige Alia. „So viele bekannte Gesichter, und ich kann mich hier besser konzentrieren.“ Ihre Tischnachbarin Jana stimmt zu: „Es ist gut, wieder hier zu sein, zu Hause hat man nicht so eine gute Orientierung“, sagt die Zehnjährige. „Ja, das war heute morgen große Freude bei den Kindern“, bestätigt Klassenlehrerin Maren Timptner, die ihre Viertklässler gut kennt.
Wer die Kinder der 4e in der Grundschule an der Delfter Straße fragt, wie sie es finden, dass sie nun wieder alle zusammen zur Schule gehen, bekommt viele positive Antworten. Rund 440 Kinder werden hier unterrichtet, damit ist die Delfter Straße die größte Grundschule der Stadt.
„Ich finde es gut, dass wir alle wieder hier sind. Es war anstrengend, jeden Tag seine Sachen zwischen zu Hause und der Schule hin- und herzutragen und an alles zu denken“, sagt der zehnjährige Maurice. Zuletzt galt für die Schüler Wechselunterricht. Das bedeutete hier in Huchting: Die Klasse wurde in Gruppe A und Gruppe B aufgeteilt. „Gruppe A war montags und mittwochs in der Schule, Gruppe B dienstags und donnerstags, und freitags waren alle zu Hause“, erklärt der neunjährige Vitalij.
Den Eltern war es zudem freigestellt, ihre Kinder zu Hause zu lassen. Sie konnten aber auch eine Notbetreuung nutzen. In der Klasse 4e waren seit kurz vor Weihnachten vier Kinder immer zu Hause, und vier Kinder jeden Tag in der Schule.
Summaya gehört zu den Kindern, die zuletzt immer zu Hause waren. Jetzt wieder mit der ganzen Klasse in der Schule zu sein, ist für sie „ein bisschen ungewohnt“, sagt sie. „Viele Leute habe ich schon ein bisschen vergessen, ich mag es aber noch.“
21 Kinder sind im Raum auf die Gruppentische verteilt. Zwei Fenster stehen weit auf zum Lüften. Bei der Gruppenarbeit steckt ein halbes Dutzend Kinder die Köpfe zusammen, die meisten ohne Maske. An Grundschulen gilt in Bremen – anders als derzeit in den meisten Bundesländern – keine Maskenpflicht. Fünf Kinder tragen phasenweise Maske, freiwillig. „Ich trage Maske, weil meine Oma zu uns nach Hause kommt, und ich nicht möchte, dass sie Corona bekommt“, erklärt die neunjährige Lale.
Die Lehrerin fände Masken in bestimmten Situationen sinnvoll, zum Beispiel im Sitzkreis, zu dem sie die Kinder für die Einführung in das neue Thema zusammenruft. Sie stellt aber klar: „Die Anweisung dazu müsste schon von oben kommen, wir dürfen die Kinder nicht zum Maske tragen verpflichten.“
In dieser Stunde steht Rechtschreibung auf dem Plan. Kommas, nicht Corona, ist heute für die Kinder das Thema. „Kommt wir essen Kinder“ – mit diesem Satz ohne Satzzeichen macht Maren Timptner deutlich, wie stark ein Komma die Bedeutung verändern kann. „Manchmal kann ein Komma euer Leben retten“, sagt sie. „Kommt, wir essen Kinder!“ liest sie vor: Die Kinder lachen. „Es klingt so, als wären wir Kannibalen“, sagt Summaya.
Im Anschluss verteilt die Lehrerin ausgedruckte Sätze auf den Tischen: Zeit für Gruppenarbeit. Gemeinsam sollen die Kinder die Sätze in ihre Tablets eingeben und Kommas setzen.
„So zu unterrichten ist für mich organisatorisch voll entspannt, im Vergleich zum Modus der vergangenen Wochen“, sagt Maren Timptner. „Ich glaube, man macht sich gar nicht klar, was das zuletzt für Lehrer bedeutet hat, ich musste vier verschiedene Gruppen unterrichten, das ist planerisch ein enormer Aufwand.“
Was die Arbeit in vollen Klassen angeht, sei sie zwiegespalten, sagt sie: „Wir haben die Mutante, und wir machen uns schon auch Sorgen.“ Bei ihr persönlich überwiege aber das Positive: „Wenn ich die Öffnung aus Sicht der Kinder sehe, finde ich es absolut richtig.“
Im Lehrerzimmer blickten viele mit Sorge auf die Öffnung, sagt Schulleiterin Frauke Brandt. „Für die Kinder ist es großartig, für uns schwingt immer ein bisschen Angst mit. Ich hätte es besser gefunden, wenn erst die Impfungen und die Tests gekommen wären, und dann die Öffnung.“ Die Beschäftigten der Delfter Straße sollen noch in dieser Woche über ihre Impf-Termine informiert werden, sagt Brandt. Zudem sei – ebenfalls für diese Woche – von der Behörde angekündigt, dass ein Schulungsteam dem Kollegium zeigt, wie Selbst-Schnelltests funktionieren.
Impfungen an Kitas und Schulen
Mehr als 1600 Kita-Beschäftigte sind in Bremen innerhalb von zweieinhalb Tagen geimpft worden. Von Freitag bis Sonntagvormittag wurden rund 4500 Termine gebucht, das teilt die Bildungsbehörde mit. Zuvor hatte die Gesundheitsminister-Konferenz beschlossen, dass Beschäftigte von Kitas und Grundschulen beim Impfen priorisiert werden. Am Mittwoch wurden Bremer Kita-Träger von der Bildungssenatorin informiert und die ersten Codes für Impf-Termine verteilt. Ab Mitte dieser Woche sollen laut Behörde Codes für Impf-Termine an Beschäftigte von Grundschulen, Förderzentren, Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ) und Quartiersbildungszentren verschickt werden.
Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hatte zuletzt angekündigt, wenn alles gut gehe und Impfstoff wie zugesagt geliefert werde, könne man in Bremen bis zu den Osterferien hoffentlich alle Beschäftigten in Kitas, Grund- und Förderschulen impfen.