Auf den Hund gekommen: Wie aus zwei Frauen aus der Region Hunde-Züchterinnen wurden und warum das häufig mit Auslandsreisen verbunden ist.
„Wirf du mal“, sagt Michaela Stolzenberg zu ihrem Mann Andreas und drückt ihm eine Kunststoff-Ente in die Hand. Aufmerksam verfolgen vier Labrador Retriever das Geschehen. In einem weiten Bogen fliegt der Enten-Dummy und landet im Wasser. Die Hunde preschen los. Fast gleichzeitig erreichen sie ihr Ziel: Twist, Jive, Meggin und Soul schnappen die Beute gemeinsam. Kurz bevor sie das Ufer erreichen, überlassen die erwachsenen Hunde dem Jüngsten das Feld: Der sechs Monate alte Soul bringt die Ente zu Herrchen und Frauchen. Die Hunde schütteln sich, dann beginnt das Spiel von Neuem.
Apportier- und Schwimmfreude sind typische Eigenschaften dieser aus England stammenden Hunderasse. Beliebt sind Labrador Retriever aber auch wegen ihrer Gutmütigkeit. Mit knapp 2600 neu geborenen Welpen pro Jahr belegen sie den vierten Platz in der Welpenstatistik des Verbands für das Deutsche Hundewesen (VDH).
Eine bessere Rasse ist das Ziel
„Proudhills Partitur“ haben Michaela und Andreas Stolzenberg ihre Labrador-Liebhaberzucht genannt. „Wir haben unseren Familiennamen ins Englische übersetzt, weil wir mit unserem Namen hinter unserer Zucht stehen möchten“, erläutert Michaela Stolzenberg. „Und ,Partitur' soll symbolisieren, dass die Zucht für uns ein Zusammenspiel aus unterschiedlichen Faktoren ist.“ Dazu zählen zum Beispiel die Gesundheit, das Wesen und das Aussehen.
„Unser Ziel ist es, die Rasse zu verbessern. Dabei geht es nicht nur um die Optik, denn je besser ein Hund gebaut ist, umso gesünder ist er auch. Uns ist es wichtig, gesunde und selbstbewusste Hunde zu haben“, sagt Michaela Stolzenberg. Dafür nimmt es das Ehepaar auch schon mal auf sich, mit einer Hündin zu einem Deckrüden nach England zu fahren.

Immer der Nase nach: ein Labrador Retriever auf Fährtensuche.
Therapiebegleithunde
Mit ihrem jüngeren Sohn Niklas (14) und elf Hunden leben Michaela und Andreas Stolzenberg in Schwanewede. Der Beginn ihrer Zucht geht auf den 2006 geborenen Winston zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Familie bereits zwei Hündinnen und einen Rüden, „alle drei geprüfte Therapiebegleithunde für unseren Sohn Sebastian, der im Rollstuhl sitzt“, erzählt Michaela Stolzenberg. „Winston war eigentlich nur als Kumpel für den Rüden Janosch gedacht. Wie sich herausstellte, brauchte er aber gar keinen Kumpel“, erinnert sich die 47-Jährige. „Winston ist unser erster Therapiebegleithund, den wir selbst ausgebildet haben.“
Inzwischen haben weitere Hunde der Stolzenbergs diese Ausbildung durchlaufen. „Im Wechsel dürfen sie Sebastian als Assistenzhunde durch seinen Alltag begleiten. Er setzt sie auch bei seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten ein, zum Beispiel beim Besuch von Demenzgruppen.“
Die Hunde der Stolzenbergs werden auch bei der Jagd eingesetzt. „Mit Ausnahme von Jive und Soul, die sich noch in der Ausbildung befinden, haben alle unsere Hunde erfolgreich die Jagdeignungsprüfung absolviert“, sagt Michaela Stolzenberg.

Den Arm voller Hunde: Züchterin Doris Bierwirth und drei Australian Silky Terrier.
Häufig im Ausland unterwegs
Auch im Leben von Doris Bierwirth dreht sich fast alles um Hunde. Seit 25 Jahren züchtet die Vegesackerin Australian Silky Terrier. Die kleinen Hunde mit dem seidigen Fell erreichen eine Widerristhöhe von 23 bis 26 Zentimetern. In Deutschland ist diese Rasse sehr selten – nur 35 Welpen wurden 2015 laut VDH-Statistik geboren.
In ihrem Garten wird Doris Bierwirth von einer aufgeweckten Rasselbande umringt. Pebble, Peewee, Peppino und Piccolo heißen die erst wenige Wochen alten Welpen. Sie werfen sich auf den Rücken und lassen sich streicheln, im nächsten Moment springen sie schon wieder über den Rasen, um mit ihren Geschwistern oder den erwachsenen Hunden – Emmely, Joy, Lani und Mr. Marlow – zu spielen.
Was zeichnet die aus Australien stammende Hunderasse aus? „Sie haben einen tollen Charakter, sind leicht erziehbar, schwimmen gern und haaren nicht“, zählt die Züchterin auf. „Eigentlich wurden Silkys aber gezüchtet, um Haus und Hof von Ratten und Schlangen freizuhalten.“
Weil es in Deutschland nur wenige Australian Silky Terrier gibt, ist die 59-Jährige mit ihren Hunden häufig im Ausland unterwegs. „Als Züchterin möchte ich dem Rassestandard so nah wie möglich kommen. Um gezielt einen Deckrüden auszuwählen, besuche ich Ausstellungen im In- und Ausland, zum Beispiel in Stettin, Kopenhagen und Groningen“, berichtet sie. Es macht ihr Freude, wenn ihre Hunde ausgezeichnet werden und Titel gewinnen. „Die Welpenkäufer legen auf die Titel allerdings keinen Wert“, sagt Doris Bierwirth.

Kleiner Hund, großer Kämpfer: Früher haben Silkys den Hof von Ratten befreit.
Besondere Leckerlis zur Belohnung
Damit die Hunde gern an den Ausstellungen teilnehmen, vermittele sie ihnen die Sache als etwas Angenehmes. „Ich gebe meinen Hunden dort als Belohnung immer ganz besondere Leckerlis, die sie zu Hause nicht bekommen“, verrät sie. Auch bei der Tiermesse „Bremen bellt“ war die Züchterin in diesem Jahr mit vier Hunden dabei. Gewundert hat sie sich darüber, dass aus Bremen nur relativ wenige Züchter mitgemacht haben.
Den Namen ihrer Zuchtstätte hat Doris Bierwirth gewählt, weil sie in der Nähe der Weser lebt: „vom Grauen Strom“ lautet der „Nachname“ der von ihr gezüchteten Hunde. Die Abnehmer der Welpen nehmen mitunter weite Wege in Kauf: Einige Silkys „vom Grauen Strom“ haben in Belgien, Holland, Dänemark und Österreich ein Zuhause gefunden. Insgesamt hat die Vegesackerin in den vergangenen 25 Jahren rund 140 Silkys gezüchtet. Mit den meisten Welpenkäufern bleibt sie in Kontakt. Wenn es Fragen zur Haltung oder Ernährung gibt, hilft sie weiter. „Es ist mir wichtig, zu wissen, dass es den Hunden gut geht“, sagt Doris Bierwirth. „Auch Freundschaften sind dadurch schon entstanden.“