Neue Vahr Südost. Bauernhoftiere basteln konnten die Mädchen und Jungen den ganzen Tag in der Vahr, bei den Knobel- und Rätselaktionen lernten auch Erwachsene noch dazu. Die Stadtbibliothek Vahr in der Berliner Freiheit feierte ebenso wie viele andere Stadtteilbibliotheken einen abwechslungsreichen Familientag. Der TuS Vahr präsentierte Darbietungen der Kindertanzgruppe, dem schloss sich die Tanzgruppe des Bürgerzentrums Neue Vahr an. Zwischendurch zeigte das Bilderbuchkino etwas über Pettersson und Findus, doch der Publikumsmagnet des Tages war Kuh Liselotte, die in vielen Büchern Kinder begeistert und an diesem Tag direkt von ihrem Schöpfer, dem Illustrator aus Münster, Alexander Steffensmeier, gezeigt, gemalt und von ihm vorgelesen wurde.
Alexander Steffensmeier bot in einfachen Worten Interessantes aus der Bilderbuchwelt. Er illustriert Bücher mit wenigen dicken Pappseiten für kleine Kinder. „Dann werden die Seiten etwas dünner“, erklärt der Illustrator, „dafür kann man dann, wie hier, die Kühlschranktür aufmachen und sehen: Im Kühlschrank steht die Milch.“ Dann malt Steffensmeier für etwas ältere Kinder viele Bilder mit wenig Text, und schließlich für mehr Text etwa gleich viele Bilder. Und schließlich steht ganz viel Text in den Büchern für Kinder, und er malt ein paar Bilder dazu, und so malt er sogar für Erwachsenenbücher. Während des Erzählens lässt er die Kinder, für die der Platz vor seiner Leinwand kaum ausreicht, raten. Die wissen nach wenigen Strichen, das wird das Maul von Liselotte, der Kuh.
Lieselotte schaut beim Melken aus dem Stall auf den Hof, denn Liselotte ist immer auf alles neugierig. Dabei erklärt der Autor und Illustrator nebenbei viele Details seiner Bildergeschichte mit wenig Textanteil, wie zum Beispiel den Melksitz, den sich die Bäuerin um den Bauch an den Po geschnallt hat, und der nur ein Bein hat. Weil Liselotte neugierig ist, begrüßt sie den Traktor, Hühner, Schweine, die Linde in der Hofmitte, bis sie sich in einem Busch versteckt, um den nahenden Postboten böse zu erschrecken. Der lässt wieder einmal das Paket für die Bäuerin fallen. In der Küche der Bäuerin sind schon der Bilderrahmen geklebt, die Kaffeekanne fast zersprungen, die Vase lässt Wasser auströpfeln, das Schälmesser ist verbogen, die Kaffeemühle krumm, die Brille hat nur ein Glas und so weiter. Alles wegen Lieselottes Morgenspaß. Alexander Steffensmeier erklärt, dass für ihn ein Bilderbuch richtig Spaß macht, wenn Text und Bild nicht das Gleiche aussagen, sondern die Bilder den Text weiterentwickeln oder darüber informieren, was der Text nur andeuten kann. Der verzweifelte Postbote möchte mit Liselotte, die schon in seinen schlechten Träumen vorkommt, Frieden schließen, und packt ihr ein besonders schönes Päckchen mit Geschenkpapier. „Was schenkt man einer Kuh?“, fragt Steffensmeier und bekommt viele Antworten, vom Euterwärmer über die Kuhglocke bis zur Striegelbürste. Was der Postbote tatsächlich schön einpackt, bleibt geheim.
Liselotte erschrickt ihn, das Paket fällt runter und die Bäuerin, die Liselottes Morgenspäßen ein Ende setzen will, fährt ohne Absicht über das Paket, von dem Liselotte gerade erst erfahren hat, dass es für sie war, woraufhin sich Liselotte setzen muss und aus Versehen das Fahrrad des Postboten zerdrückt. Alles herrscht bei den Kindern: angespannte Ruhe, laute Aufregung: „Ich weiß, was kommt“, und „Mutti, ich muss mal“.
Im Eingang der Bibliothek steht außerdem ein Märchenzelt, in dem eine Auswahl an Kindermärchen ausliegt, und ein Video über die Entstehung einiger Bücher durch Kindergruppen informiert. Die Stirnseiten der Regale zeigen die Ordnung der Bücher darin an, und es bleibt kaum ein Kinderwunsch offen: Schule, ABC, Anderssein, Familie, Freundschaft, Farben, Formen sind nur einige der Rubriken für Kinder.
Inzwischen zeigt Steffensmeier die Titelseiten seiner gelesenen Geschichte von Liselotte und erklärt, dass sie in jedem der Länder, in dem das Buch erschienen ist, anders heißt, denn in China gibt es den Namen Liselotte nicht, und die Dänen mögen es kurz, weswegen die Kuh dort Lotte heißt, also anders als in Polen und den USA, und in Israel war die Namenssuche besonders schwierig.
Wie die Geschichte endet? Lieselotte findet Spaß daran, dem Postboten ohne Fahrrad zu helfen. Sie trägt alle Briefe und Pakete, und neugierig wie sie ist, lernt sie Wege, Straßen, Orte kennen. Dabei vergeht ihre Langeweile und Lieselotte braucht den Postboten nicht mehr zu erschrecken. „Deshalb erzähle und male ich Kinderbücher gerne aus der Vogelperspektive, weil man so alle Betroffenen ansehen kann und gut mitbekommt, wie man einen Freund findet“, erläutert der beliebte Illustrator sein Fachwissen ganz einfach.