In der Corona-Pandemie geht zunehmend die Kontrolle über das Infektionsgeschehen verloren. Grund sind unter anderem die mangelhaften Schnelltests. Ein Beispiel aus Bremen: Während in den privat betriebenen Teststellen die Positivquote bei durchschnittlich knapp drei Prozent liegt, ist sie in dem einzigen Zentrum der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) um das Vierfache höher. Das ergeben Zahlen der Gesundheitsbehörde und der KV. Die privaten Anbieter testen entweder nicht gründlich genug oder sie verwenden Material, das nur unzureichend den Anforderungen entspricht. Verschärft wird diese Situation durch Engpässe beim PCR-Test.
In der Stadt Bremen gibt es derzeit 85 Teststellen. Die Zahl ist in den vergangenen Monaten immer weiter gestiegen und wird nach Einschätzung der Gesundheitsbehörde demnächst bei rund 100 liegen. Nicht von überall her werde vollständig gemeldet, in welchem Umfang und mit welchem Ergebnis getestet wurde, erklärt die Behörde. Die Daten seien daher lediglich ein Gradmesser. In den ersten beiden Januarwochen sind demnach etwas mehr als 170.000 Schnelltests durchgeführt worden. Die Positivquote habe in der einen Woche bei 2,55 Prozent gelegen, in der anderen bei 3,13 Prozent.
Zum Vergleich: In der KV-Ambulanz in der Vahr gab es in den ersten drei Januarwochen bei rund 1200 Schnelltests eine Positiv-Quote von elf Prozent. Versorgt werden die Besucher dort ausschließlich von Ärzten. Bei PCR-Tests, die in der Regel vorgenommen werden, wenn zuvor ein Schnelltest positiv ausgefallen ist, waren es in der KV-Ambulanz im gleichen Zeitraum rund 9700 Abstriche – in mehr als 60 Prozent der Fälle habe sich eine Erkrankung herausgestellt.
Bundesweit seien in der vergangenen Woche rund 2,4 Millionen PCR-Tests durchgeführt worden, teilt der Verband Akkreditierter Labore in der Medizin mit und beruft sich auf Daten von rund 180 Laboren. Jeder dritte Befund sei positiv gewesen, in der Woche zuvor rund jeder vierte. „Die Auslastung der Labore wird im bundesweiten Durchschnitt mit 95 Prozent angegeben und erreicht somit in den meisten Bundesländern die Belastungsgrenze“, erklärt der Verband. Die Pläne von Bund und Ländern zum Priorisieren von PCR-Tests seien „richtig und sinnvoll“.
Der Apothekerverband Nordrhein fordert nach den Bund-Länder-Beschlüssen von Montag, dass in den Bürgerteststellen nur noch Ärzte und Apotheker testen dürfen. „Die geplante Priorisierung bei den PCR-Tests und reduzierte Kontaktverfolgung durch die Gesundheitsämter bedeutet mehr Verantwortung für die Teststellen. Positive Schnelltest-Ergebnisse müssen dann auch Grundlage für die offizielle Dokumentation einer Corona-Infektion sein, um nach überstandener Krankheit einen Genesenenstatus zu erhalten“, sagte Verbandschef Thomas Preis der „Rheinischen Post“.
Bund und Länder hatten sich darauf geeinigt, angesichts mangelnder PCR-Tests die Corona-Testverordnung anzupassen. Wie genau das geschehen soll, ist offen. „Es gibt noch nichts Konkretes“, sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher der Bremer Gesundheitsbehörde. Zuständig sei das Bundesgesundheitsministerium. Fuhrmann nennt ein Beispiel für Klärungsbedarf: „Wenn der Schnelltest positiv ist, es als Bestätigung zunächst aber keinen PCR-Test gibt – muss der oder die Betreffende dann in die Quarantäne?“
Für Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) steht an erster Stelle, die Kapazitäten bei den PCR-Tests auszuweiten. Sollte das nicht ausreichen, müssten die Hochrisikogruppen und Beschäftigte zum Beispiel in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen bevorzugt werden. „Für alle anderen muss es vernünftige Alternativen geben, sodass sie keinen Nachteil haben. Das können zertifizierte Schnelltests sein“, so der Bürgermeister. Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) ist bereits einen Schritt weitergegangen: „Wir haben uns entsprechende Laborkapazitäten gesichert“, teilt Aulepp mit. Beschäftigte in Schulen und Kitas könnten sich schon jetzt wegen eines PCR-Tests an das Testzentrum am Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Bremen Mitte wenden.
Bei den Schnelltests kommt es offenbar sehr auf das Personal an. In Bremen ist laut Behörde eine Schulung vorgeschrieben, die einen Praxisanteil enthält. In Niedersachsen kann nach Maßgabe der Landesregierung „grundsätzlich jeder“ eine Teststelle betreiben, sofern er die ordnungsgemäße Durchführung „insbesondere nach einer Schulung“ garantiert. Wichtig ist aber auch das Material: Nach einer Untersuchung des Paul-Ehrlich-Instituts erreicht eine Vielzahl der Tests nicht das Mindestmaß an Sensitivität; das Virus lässt sich dann nur bedingt nachweisen.