Popstar der Fondsbranche – so hat ein Journalist Tim Albrecht mal genannt. Den Titel gewann der Vermögensverwalter, weil sich unter seiner Führung das Volumen des Fonds DWS um Milliarden vergrößert hat. Albrecht ist Manager bei der Deutschen Asset Management, einer Tochter der Deutschen Bank.
Popstar, darüber schmunzle er, sagt Albrecht, und nimmt die Überhöhung sofort ein Stück zurück. Da müsse man aufpassen. „Am Ende des Tages sind wir treuhänderische Verwalter des Vermögens unserer Kunden. Das heißt, wir müssen bewusst mit Chancen und Risiken am Aktienmarkt umgehen. Es sind natürlich große Zahlen.“
Vier Fonds verantwortet sein Team für private und institutionelle Anleger wie Banken oder Pensionskassen. Zusammen ergeben sie derzeit eine Summe von 15 Milliarden Euro. Allein in 24 Stunden hat sich das Vermögen von Mittwoch auf Donnerstag um eine Prozentzahl erhöht, die zunächst unspektakulär klingt: 0,4 Prozent. Auf die Fondssumme entspricht das jedoch 60 Millionen Euro Zuwachs.
Bremer Gründerlounge der FDP
In Bremen muss Albrecht es aushalten, erneut ein bisschen gefeiert zu werden. Denn der 44-Jährige ist der Stargast der Gründerlounge der Bremer FDP-Fraktion. Sie hat ihn zur Veranstaltung am Donnerstag im Schuppen 2 in der Überseestadt eingeladen. Fraktionschefin Lencke Steiner spricht mit „Mr. DWS“, wie sie Albrecht nennt, über die Börsenreife von Start-ups und die Tücken von Gefühlen in seinem Geschäft.
Etwa 100 Gäste sind gekommen, um Albrecht zu sehen und den Gründer-Wettbewerb im Anschluss zu verfolgen. Party soll die Gründerlounge auch sein, sagt Lencke Steiner zum Auftakt: „Wir wollen zeigen, dass Bremen eine sensationelle Gründerszene hat.“
Dass es in Deutschlands Start-up-Szene noch Nachholbedarf gibt, das habe auch die Börse in Frankfurt erkannt, sagt Albrecht dem überwiegend jungen Publikum. Darum gebe es den Arbeitskreis Deutsche Börse Venture Network, um die Investitionsmöglichkeiten für Gründer zu verbessern.
Fit für den Börsengang
„Start-ups in der frühen Phase sollen mit Kapitalmarktteilnehmern und Investoren zusammengebracht werden. Es geht darum, sie fit für den Börsengang zu machen. Das ist ja eine Art Krönung des Unternehmens.“ Albrecht wünscht sich mehr Mut, was Unternehmertum und den Aktienmarkt angeht. Es sei seine Hoffnung, dass sich da etwas ändere in Deutschland.
Seine erste Aktie besaß Albrecht mit 14 Jahren. „Eine Belebung der Gründerkultur ist sehr wichtig“, sagt er. Schließlich seien gerade mittelständische Unternehmen Treiber und Rückgrat der Wirtschaft. Der Betriebswirt plädiert zudem für mehr Wirtschaft in den Schulen, um bei Mädchen und Jungen Leidenschaft für das Gründertum zu wecken und erzählt begeistert von Schüler-Start-ups.
Sharing is Caring ist eines der Start-ups, das auf der Bühne antritt. Dabei geht es um ein Netzwerk zwischen Kreativen, Weltverbesserern und Investoren, um soziale Projekte voranzubringen. Lydia Richter und Christina Schwarze haben sich in Bremen kennengelernt und werden ihre Idee gleich präsentieren.
Namen kann er nicht nennen
Die beiden erklären, es gehe auch darum, dass Unternehmer etwas über neue Führungskulturen lernen. Ob Sharing is Caring, Mr. Foodie, Eldar Deal und Fesmasolutions es einmal an die Börse schaffen? Die vier Start-ups haben an diesem Abend fünf Minuten Zeit, um die Jury und das Publikum zu überzeugen.
Neben Lencke Steiner und Albrecht gehört dazu Matthias Hunecke vom Onlineshop brille24.de. Die Bewertung ihres Pitches ist der Punkt, warum die jungen Gründer da sind – und natürlich die Kontakte, die an einem solchen Abend entstehen können. Im Anschluss an die Präsentation auf dem Sommerfest steht nicht nur Gegrilltes an, sondern Networking.
Albrecht ist am Tag nach der Gründerlounge unterwegs zu einem Unternehmen in Norddeutschland. Namen kann er nicht nennen. Dabei gehe es ihm bei den Besuchen darum, in die Produktionshallen zu schauen, Kontakt zur Wirtschaft zu halten. Was bedeuten dem Manager eines milliardenschweren Fonds eigentlich Zahlen?
Eine Mischung aus Demut und Ruhe
Die Frage sei berechtigt, findet Albrecht. „Man muss sich immer wieder vor Augen halten, was das eigentlich für Summen sind und welche Verantwortung sie bedeuten. Umgekehrt darf man sich aber nicht verrückt machen, dann wächst der Druck, und große Zahlen schrecken ab.“ Eine Mischung aus Demut und Ruhe sei darum seine Antwort.
Außerdem beschäftige er sich sehr viel mit Börsenpsychologie und den klassischen menschlichen Schwächen. Wichtig sei außerdem sein Team, das sich mit Vorstandsvorsitzenden treffe, das Analysen, Sektornachrichten, Frühindikatoren oder Aussagen der Industrieverbände sichte. „Wenn wir unsere Hausaufgaben erledigen, gibt das ein gutes Fundament.“
Irgendwann stelle sich aufgrund der Erfahrung auch eine Art Déjà-vu-Effekt ein, was bestimmte Muster an der Börse angeht. „Eine Portion Glück gehört aber auch dazu.“ Der schlimmste Fehler sei übersteigertes Selbstvertrauen. „Es muss immer einberechnt werden, was schiefgehen kann.“
Deutsche Wirtschaft erbringt ein solides Wachstum
Der Erfolg der Fonds werde am Ende im Vergleich zur Rendite von Dax oder CDax gemessen. In den vergangenen zehn Jahre habe man beim DWS Deutschland in neun von zehn Jahren den Vergleichsindex CDax übertroffen. Selbstverständlich sei das nicht. „Das ist jedes Jahr ein harter Kampf.“
Treiber für die Aktienmärkte und andere Anlageformen sei derzeit das billige Geld. Doch es ist Fluch und Segen zugleich: Die Märkte reagierten nervös gegenüber Nachrichten der Notenbanken, weil sie ihre Politik der niedrigen Zinsen irgendwann zurückschrauben könnten, sagt Albrecht. Die deutsche Wirtschaft erbringe gerade ein solides Wachstum – auch das spiegle sich natürlich in den drei Fonds wieder.
Neben Unternehmen aus dem Dax gehören in unterschiedlichem Umfang auch Mittelständler zum Portfolio. „Wir haben im Grunde für jeden Investor etwas im Angebot je nach Risikobereitschaft.“ Vor allem sei wichtig, langfristig auf Schlüsselinvestments zu setzen und die Aktien zu halten. „Hin und her macht die Taschen leer“ – dieser Börsenspruch gelte für ihn. Und er sei für alle Anleger sinnvoll: „Weniger Nervosität, weniger taktische Hektik.“ Und natürlich Demut.