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Seenotkreuzer „Hermann Helms“ Abschied eines Retters

Nach 32 Jahren endet in Cuxhaven eine Ära. Die „Hermann Helms“ hat Menschen aus Seenot gerettet, sie aus Gefahrensituationen befreit. Doch damit ist Schluss. Der Nachfolger steht in den Startlöchern.
08.06.2017, 19:30 Uhr
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Abschied eines Retters
Von Marlo Mintel

An den 1. Dezember 2011 erinnert sich Hanno Renner besonders gut. An diesem Tag leitet er als verantwortlicher Schiffsführer die Wache auf dem Seenotrettungskreuzer "Hermann Helms", als plötzlich ein Notruf eingeht.

Auf dem ägyptischen Frachter „Abu Rdees" ist auf der Außenelbe Feuer ausgebrochen. Die vierköpfige Besatzung der "Hermann Helms" nimmt von ihrer Station in Cuxhaven mit Feuerwehrleuten und einem Notarzt Fahrt auf. Seit 32 Jahre rückte das das Schiff der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) zu Einsätzen wie diesen aus. Doch damit ist nun Schluss. Am Sonnabend wird in Cuxhaven der Nachfolger getauft.

„Es stand Spitz auf Knopf“, lautete das spätere Urteil der Feuerwehr nach dem Einsatz auf der „Abu Rdees“, sagt Renner. Zwar konnte die 37-köpfige Besatzung des Frachters mit Bordmitteln den Brand unter Kontrolle bringen, dennoch bestand die Gefahr eines sogenannten Flashover, ein schlagartiger Übergang eines Entstehungsbrandes in eine mögliche Explosion. In zwei Kammern des Schiffs brannte es. Auslöser: ein Feuer in einem Fernsehgerät. Fünf Seeleute wurden anschließend mit Verdacht auf Rauchvergiftung behandelt. Der Einsatz der „Hermann Helms“ hatte sich somit gelohnt.

„Ein Stück Zuhause“

Renner, 44 Jahre alt, ist seit 16 Jahren bei den Seenotrettern. Für ihn ist die „Hermann Helms“ ein besonderes Schiff. „Das ist irgendwo ein Stück Zuhause“, sagt er. „Ich bin hier 14 Tage im Dienst, 14 Tage daheim. Man fühlt sich schon mit dem Schiff verbunden.“ Zwar lebe und schlafe die Crew auf engem Raum. „Aber es ist irgendwo unser Schiff“, sagt Renner.

In diesem Jahr hatten die Seenotretter an der Station Cuxhaven bislang 20 Einsätze, im vergangenen Jahr waren es mehr als 90. Insgesamt absolvierte die „Hermann Helms“ seit ihrer Fertigstellung 1985 mehr als 2500 Einsätze. Sie legte außerdem mehrere Tausend Kontrollfahrten zurück.

In den 32 Jahren sorgte die „Hermann Helms“ in der viel befahrenen Elbmündung für Sicherheit. Hier trifft sich der Verkehr nach Hamburg und zum Nord-Ostsee-Kanal. Die Elbmündung gilt als eine der am stärksten frequentierten Seeschifffahrtsstraßen der Welt. Dort kommt es laut Zahlen der DGzRS zu etwa 100.000 Schiffsbewegungen pro Jahr. „Wo viele Menschen und Schiffe unterwegs sind, passiert viel“, sagt Renner aus Erfahrung und fügt an: „Es ist ein anspruchsvolles Revier.“ Hier herrsche etwa starker Tidenstrom. An Extremstellen soll der Strom laut Renner zu Spitzenzeiten bis zu sechs und sieben Knoten betragen. „In meiner Jugend war ich im Schwimmverein und habe ausgerechnet, welche Geschwindigkeit ich auf Kurzstrecke schwimmen konnte und habe das in Knoten umgerechnet. Das waren ungefähr zwei Knoten. Wenn ein Badegast daher in die Strömung gerät, weit weg vom Badestrand, dann geht der auf Reisen.“ Dann ist das Team um die Schiffsführer Hanno Renner und Holger Wolpers zur Stelle, die sich alle 14 Tage als Kapitäne abwechseln.

Ungewisse Zukunft

Renner ist seit dem Frühjahr 2007 für die Seenotretter an der Station Cuxhaven tätig. Anfangs arbeitete er für vier Jahre auf Borkum, später zwei Jahre auf Helgoland. Bei beiden Stationen jeweils als Nautiker. „Da war ich mehr für das Tochterboot zuständig“, sagt er.

Der 44-Jährige wird auf das neue Schiff überwechseln. Wie es mit der „Hermann Helms“ weitergeht, ist dagegen ungewiss. Klar ist immerhin: Das Schiff wird verkauft. Wohin und an wen, stehe aber noch nicht fest, sagt Antke Reemts, Sprecherin der DGzRS. Für die Veräußerung des Schiffs seien „professionelle Schiffsverkäufer“ beauftragt. Zu einem möglichen Verkaufspreis konnte Reemts keine Angaben machen, da die Schiffe immer gegen Höchstgebot abgegeben werden.

Seit ihrer Gründung am 29. Mai 1865 haben die Seenotretter nach eigenen Angaben bis Ende vergangenen Jahres insgesamt 84 037 Menschen aus Seenot gerettet oder aus Gefahrensituationen auf See befreit. Die DGzRS mit Sitz in Bremen setzt in den deutschen Gebieten von Nord- und Ostsee rund 60 Seenotrettungskreuzer und -boote ein. 54 Seenotretter-Stationen gibt es insgesamt. Allein im vergangenen Jahr legten die 20 Seenotrettungskreuzer mehr als 133 000 Kilometer zurück. Das entspricht mehr als drei Erdumrundungen.

Nachfolger steht in den Startlöchern
Noch trägt der Nachfolger der „Hermann Helms“ lediglich eine Nummer: „SK 37“. Am Sonnabend wird das Geheimnis um den Namen im Cuxhavener Fährhafen gelüftet. Dann wird der auf der Fassmer-Werft in Berne entstandene 28-Meter-Neubau von TV-Schauspielerin Birge Schade gegen 15 Uhr getauft. „Das neue Schiff ist schneller und hat mehr PS“, sagt Hanno Renner. Die „SK 37“ verfügt über fast 4000 PS und soll auf 24 Knoten, das entspricht einer Geschwindigkeit von 45 Kilometern pro Stunde, beschleunigen können. Zum Vergleich: Die „Hermann Helms“ hat 3300 PS und hat eine Geschwindigkeit von 23 Knoten. Auch beim Tochterboot gibt es Verbesserungen hinsichtlich des Tempos. Das neue soll 231 PS sowie 19 Knoten leisten können. Bei der „Hermann Helms“ verfügt das Tochterboot über 165 PS und hat eine Geschwindigkeit von 15 Knoten. Ebenso ist auf dem „SK 37“ laut Renner eine Wärmebildkamera eingebaut.
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