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Bremer Eiscafé-Tradition Warum der Aldo-Gastronom aus dem Viertel zurück in die Heimat geht

Abschied nach vier Jahrzehnten: Osvaldo Giampietro, der das Café Aldo im Bremer Viertel zu einer Institution machte, kehrt in seine Heimat Italien zurück.
27.03.2025, 05:00 Uhr
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Warum der Aldo-Gastronom aus dem Viertel zurück in die Heimat geht
Von Ulrike Troue

Im Café Aldo lässt sich das Leben genießen: Einen Moment innehalten, sich einen Cappuccino gönnen und umgeben von freundlichen Menschen gute Gespräche führen. Das schätzen die vielen Stammkunden des kleinen Ecklokals am Dobben, das im Viertel als Institution gilt.

Vor rund 40 Jahren ist mit Osvaldo Giampietro die Leichtigkeit der italienischen Lebensart in das Gelateria-Café eingezogen. Nun will sich der 69-Jährige mit seiner Lebensgefährtin in den wohlverdienten Ruhestand zurückziehen. "Am Freitag ist Schluss – und wir sind weg", kündigt der gebürtige Italiener die Übergabe an seinen Landsmann Patrizio als Nachfolger mit Gastroerfahrung an, der seinen Nachnamen erst zur Wiedereröffnung nach mehrwöchiger Renovierung in der Zeitung lesen will.

Mit einer kleinen Feier am Donnerstag will sich das Betreiberpaar von treuen Kunden verabschieden, von denen sie viele als Freunde bezeichnen. Wer persönlich Tschüss sagen möchte, bekommt bis 16 Uhr im Café die Gelegenheit dazu.

Sein Morgen-Ritual, eine Prise Salz auf dem Gehweg vorm Eingangsbereich zu streuen – "weil das Glück bringt" – und viele Gespräche mit Gästen wird der gesellige Osvaldo Giampietro ebenso vermissen wie eine befreundete Stammkundin ihr vom Wahlbremer werktags um 6 Uhr serviertes italienisches Frühstück. Für junge und ältere Patienten des Hals-Nasen-Ohrenarztes gegenüber sei das Café oft eine zweite Anlaufstelle, sagt Giampietros Tochter Lisa. Sie bekämen hier auf Rezept eine Kugel selbst gemachtes Eis, "weil das gut gegen Halsschmerzen ist".

Ich möchte, dass es sich jeder leisten kann, öfter ins Café zu kommen.
Osvaldo Giampietro, Betreiber des Café Aldo im Steintor

Auch sie und ihre fünf Geschwister empfinden das einfach, aber funktional eingerichtete Lokal als zweites Wohnzimmer, wie manche Stammgäste. Spontan fällt der Zahnarzthelferin noch der "Kaffee-Kuchen-Mann" aus Vegesack ein, der sich dieses Gedeck über Jahre jeden Tag gegönnt habe.

"Ich möchte, dass es sich jeder leisten kann, öfter ins Café zu kommen", ist von jeher Osvaldo Giampietros Vorsatz. "Und die Leute sollen italienische Spezialitäten kennenlernen", schiebt der Genussmensch nach, der gerne gut isst und kocht. Nach eigener Aussage hat der gebürtige Italiener die Bremer als Erster auf den Geschmack von Prosecco und "Azzuro-Eis", das blaue "Schlumpf-Eis", gebracht.

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Seinen geschäftlichen Erfolg führt Giampietro, der zeitweise als Wetterfrosch für Radio Bremen vor der Kamera gestanden hat und in der italienischen Community in Bremen wegen vielfacher Hilfestellung eine feste Größe ist, auf gute Qualität zu erschwinglichen Preisen und ehrlichen, freundlichen Service zurück. Er habe nie einen Unterschied im Umgang mit einfachen Leuten oder Prominenten wie Katja Riemann gemacht, versichert der Gastronom, ein Mann mit Mut zur Veränderung.

Weil er "etwas Neues kennenlernen wollte", ist der gelernte Elektromechaniker im September 1974 von Mailand nach Bremen gereist. Zuerst hat er bei AEG-Telefunken, dann bei Hannomag Henschel und später für Mercedes-Benz gearbeitet. "Bis ich eines Tages beim Italiener einen Cappuccino getrunken habe, das war der Schock meines Lebens", erzählt der Mann mit schelmischem Blick. "Der war mit Sahne, muss aber mit frischer Milch gemacht werden."

So kam Giampietro auf die Idee, sein Glück als Gastronom zu versuchen. Nachdem der Macher drei Jahre lang in seiner Heimatstadt erfolgreich eine Cafeteria geführt hat, "um Erfahrung zu sammeln", ist er 1985 nach Bremen zurückgekehrt und war zunächst in der Gelateria am Dobben angestellt.

Die Betriebsübernahme und konzeptionelle Erweiterung am 2. März 1987 hat der Italiener mit dem neuen Namen Café Aldo markiert. "Mir haben der Platz und das junge Publikum gefallen", verrät Osvaldo Giampietro, worin für ihn der besondere Reiz lag. "Inzwischen kommen auch ihre Kinder", freut sich das "Gesicht des Cafés" über die Wertschätzung des vertrauten Umgangs seiner Gäste.

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Schnell hatte sich "Aldo" auch in die Eisproduktion hineingefuchst, während seine Lebensgefährtin für frisch gebackenen Kuchen sorgt und im Service arbeitet. Dass Chiara Siotto die viele Arbeit nicht scheut und wie Giampietro mit Herz und Hingabe erledigt, hat sie von 2011 bis 2018 als Teilzeitkraft bewiesen, als zwei Töchter ihres Partners das Lokal betrieben haben. Dann ist sie als Inhaberin eingestiegen.

Aber jetzt wollen sich die Familienmenschen aus dem Café zurückziehen, Kindern und Enkeln mehr Zeit schenken und viel reisen – in drei Wochen zuerst nach Thailand. Nach seinem 70. Geburtstag im Frühjahr wird Osvaldo Giampietro mit seiner Partnerin in seine Heimatstadt Vasto ziehen. "Wir wollen noch etwas haben vom Leben", sagt Aldo ganz offen, den weiterhin viele schöne Erinnerungen und Freundschaften mit Bremen verbinden.

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