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Rechtsstreit um radiologische Praxis Ärzte wollen Klinikum-Mitte verklagen

Bremen. Der Konflikt zwischen dem städtischen Klinikum Bremen-Mitte und der radiologischen Praxis auf dem Gelände des Krankenhauses spitzt sich zu. Nachdem die Klinik den Mietvertrag gekündigt hat, könnte die Praxis schon ab Sommer geschlossen werden.
06.02.2011, 05:00 Uhr
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Von Elke Gundel

Bremen. Der Konflikt zwischen dem städtischen Klinikum Bremen-Mitte und der radiologischen Praxis auf dem Gelände des Krankenhauses spitzt sich zu. Nachdem die Klinik den Mietvertrag gekündigt hat, könnte die Praxis schon ab Sommer geschlossen werden.

Es geht um viel Geld und die Zukunft zweier medizinischer Einrichtungen. Seit 1993 besteht eine Kooperation zwischen dem Klinikum-Mitte und der radiologischen Praxis. Kern des Vertrages: Die Praxis, die auf eigene Rechnung arbeitet, übernimmt die gesamte MRT-Diagnostik für die Krankenhaus-Patienten. Doch was die Klinik 1993 ausdrücklich wollte, sieht sie heute als Hemmschuh. Nun droht ein langwieriger Rechtsstreit.

Eine Folge könnte sein, dass die Praxis Ende Juni schließt. Das bestätigt Markus Lentschig, einer der Praxis-Inhaber. Hintergrund: Das Klinikum Mitte hat den Miet- und den Kooperationsvertrag mit der Praxis zum 30. Juni außerordentlich gekündigt. Begründet wird das mit einer personellen Veränderung: Burckhard Terwey, er hatte die Praxis 1993 gegründet und war damals alleiniger Vertragspartner, sei nicht mehr Teilhaber der Praxis. Im ursprünglichen Kontrakt aber sei eine Klausel enthalten, nach der das Krankenhaus den Vertrag auflösen kann, sollte Terwey aus der Praxis ausscheiden. Genau darauf beziehen sich Klinikum Mitte beziehungsweise die städtische Krankenhaus-Gesellschaft "Gesundheit Nord" (GeNo) nun.

Vorbereitungen zur Klage

Markus Lentschig bezeichnet das als abwegig. Sein Kollege habe zwar seine Kassenarztzulassung abgegeben, arbeite aber nach wie vor in der Praxis. Unabhängig davon habe das Klinikum Mitte - damals noch als Zentralkrankenhaus St.-Jürgen-Straße - ihn selbst schon vor zwölf Jahren als gleichberechtigten Kooperationspartner anerkannt. Sein Anwalt bereite gerade eine Klage gegen die aus seiner Sicht unrechtmäßigen Kündigung vor.

Dennoch erwägt Lentschig, die Praxis zum 30. Juni zu schließen. Begründung: Angesichts des zerrütteten Verhältnisses mit der GeNo-Spitze seien für die Praxis die Risiken zu groß, die mit den anstehenden Bauarbeiten auf dem Klinik-Gelände an der St.-Jürgen-Straße verbunden sind. Nach derzeitigem Stand wird bis 2014 praktisch das gesamte Areal umgekrempelt; es entsteht ein großer Neubau. Bis 2014 läuft auch der Kooperationsvertrag zwischen Klinik und Praxis. Allerdings kann die Praxis die Kooperation dann zweimal um je fünf Jahre verlängern, insgesamt also bis 2024.

Das hatte noch Walter Bremermann ausgehandelt - kurz bevor er in Ruhestand ging und der städtische Klinik-Verbund eine neue Führungsspitze bekam. Das sorgte in der neuen GeNo-Geschäftsführung nicht für Begeisterung. Im Gegenteil. Die heute Verantwortlichen in der GeNo und der Gesundheitsbehörde werfen Bremermann zudem vor, er hätte vor der Vertragsverlängerung die Zustimmung des GeNo-Aufsichtsratsvorsitzenden einholen müssen. Deshalb läuft ein Schadensersatzverfahren gegen Bremermann; er war seinerzeit Geschäftsführer des Klinikums Mitte und kommissarischer Geschäftsführer der GeNo.

Streit seit 2008

Die Auseinandersetzung, die sich nun derart zuspitzt, begann 2008. Damals trat Diethelm Hansen als neuer Geschäftsführer der GeNo an. Er soll den angeschlagenen Verbund mit den vier Krankenhäusern Mitte, Ost, Nord und Links der Weser sanieren. Kein einfacher Job. Hansen stürzte sich in die Arbeit und stieß auf den Kooperationsvertrag zwischen Klinikum Mitte und radiologischer Praxis. Seine Position: Die Klinik-Patienten für die MRT-Diagnostik in die Praxis schicken zu müssen - diese Leistung also einzukaufen -, ist unwirtschaftlich. Besser wäre es, die Patienten selbst zu untersuchen. Also wurden Gespräche geführt, um die Sache neu zu regeln.

Die Praxis sei durchaus verhandlungsbereit, sagt Lentschig. Allerdings gibt es langjährige Verträge. Und die sind, das war zunächst auch die Einschätzung der GeNo, juristisch wasserdicht. Zudem ist unbestritten: Die Praxis leistet exzellente Arbeit. Folglich hätte Hansen seinen Gesprächspartnern etwas bieten müssen, um im Gegenzug eine andere Arbeitsteilung zu erreichen. Doch die Gespräche scheiterten. So blieb alles beim Alten. Nur das Klima nicht. Das kühlte ab.

Zusätzliche Spannungen gab es, weil die radiologische Praxis sich mit Blick auf die anstehenden Bauarbeiten auf dem Klinik-Gelände regelrecht überrollt fühlte: Zeitweise liefen die Planungen darauf hinaus, das Baufeld für den Neubau direkt an den jetzigen Sitz der Praxis zu rücken. Angesichts ihrer erschütterungsanfälligen MRT-Geräte wurde den Ärzten angst und bange. Zumindest an diesem Punkt gibt es jetzt allerdings eine Lösung.

Frostiges Klima

Dennoch ist das Klima wegen der außerordentlichen Vertrags-Kündigung zum 30. Juni nun nicht mehr nur kühl, sondern richtig frostig. In der Neubauplanung für das Klinikum Mitte kommt die Praxis schon gar nicht mehr vor. Fair play sieht anders aus, findet Lentschig. Der 47-Jährige wirft Hansen vor, die Kündigung diene allein dem Zweck, die Praxis mit allen Mitteln zu Zugeständnissen zu zwingen.

Hansen dagegen betont, das Krankenhaus brauche jetzt, wo die Bauphase unmittelbar bevorstehe, Handlungsfähigkeit. Es habe viele Gespräche gegeben, um sich mit der Praxis zu einigen - ohne Erfolg. Das betreffe nicht nur die seit 2008 laufenden Versuche, grundsätzlich zu einer neuen Arbeitsteilung bei der MRT-Diagnostik zu kommen. Auch die Gespräche darüber, wo die Praxis während der Bauzeit untergebracht werden soll, seien gescheitert. Kurz: Die Verträge seien gekündigt worden, "weil wir eine Klärung der Situation wollen - auch für die Bauphase."

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