Zwischen Airbus Defence and Space und der europäischen Weltraumorganisation Esa wurde am Donnerstag ein Vertrag zum Bau des zweiten Europäischen Servicemoduls für das Nasa-Raumfahrzeug Orion geschlossen.
Dramatische Musik und im Hintergrund beeindruckende Bilder von Raumfahrtereignissen aus der Vergangenheit und simulierten Sequenzen für künftige Missionen – es fehlte nur noch der Trommelwirbel. Der kam nicht, aber dafür folgte aus Raumfahrtperspektive ein historischer Moment: Zwischen Airbus Defence and Space (DS) und der europäischen Weltraumorganisation Esa wurde am Bremer Airbus-Standort ein Vertrag zum Bau des zweiten Europäischen Servicemoduls (ESM) für das Nasa-Raumfahrzeug Orion geschlossen.
Historisch war das Ereignis deshalb, weil damit eine neue Ära der menschlichen Weltraumforschung eingeleitet wurde, und Bremen spielt dabei eine entscheidende Rolle: Erstmals seit 1972 werden Astronauten mithilfe eines europäischen Moduls, das Antrieb, Strom, Wasser, Temperaturkontrolle für ein maximal vierköpfiges Team bereitstellen wird, die niedrige Erdumlaufbahn verlassen.
Der Start ist für 2021 geplant, und gefertigt wird das systemrelevante Modul in Bremen bei Airbus Defence and Space. Kein Wunder, dass bei diesem Ereignis mehrere hochrangige Raumfahrtvertreter anwesend waren – etwa David Parker, Esa-Direktor für bemannte Raumfahrt und robotische Exploration, James Free, stellvertretender Nasa-Administrator für bemannte Exploration und Raumflugbetrieb, sowie Nicolas Chamussy, Leiter von Airbus Space Systems. Auch Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) war dabei und betonte, „sehr glücklich zu sein, bei der Vertragsunterzeichnung mit anwesend sein zu dürfen“.
Ein emotionaler Moment
Und es war ein sehr emotionaler Moment für diejenigen, die sich seit Jahren mit Raumfahrt beschäftigen: Immer wieder war in den Reden zu hören, dass mit dieser Mission ein Traum wahr werde – gerade auch für den anwesenden deutschen Astronauten Matthias Maurer. Der promovierte deutsche Werkstoffwissenschaftler wurde erst Anfang Februar der Öffentlichkeit als neues Mitglied des Esa-Astronautenkorps vorgestellt.
Und vielleicht ist er einer derjenigen, die 2021 mit der Orion-Raumkapsel dorthin aufbrechen, wo bisher noch kein Mensch war. „Astronaut zu werden, ist der beste Beruf, den ich mir vorstellen kann“, betonte Maurer. Er freue sich auf jeden Fall „auf unsere Missionen im Erdorbit, zum Mond und vielleicht auch darüber hinaus“.
Das Modul, das in Bremen gefertigt wird, ist für Antrieb, Energie und Thermalkontrolle zuständig und wird die Astronauten auf ihren Missionen über den Mond hinaus und zu weiter entfernten Zielen wie dem Mars mit Wasser und Sauerstoff versorgen. Das ESM ist unterhalb des Crew-Moduls angebracht.
2018 erster unbemannter Flug
Die Esa hatte Airbus DS als Hauptauftragnehmer auch schon für die Entwicklung und den Bau des ersten ESM im November 2014 ausgewählt. Bereits 2018 wird dieses Nasa-Raumfahrzeug über die Mondumlaufbahn hinaus- und wieder zurückgebracht – allerdings unbemannt.
„Wir setzen mit diesem Folgeauftrag unsere Unterstützung für die bahnbrechende Nasa-Mission in die Tiefen des Alls mit hoher Motivation weiter fort“, sagte Chamussy nach der Vertragsunterzeichnung. „Unsere Auftraggeber Esa und Nasa sowie unser Industriepartner Lockheed Martin Space Systems bestätigen das Vertrauen in unser Know-how und unsere Kompetenz, das sie bereits für die Entwicklung und den Bau des ersten Europäischen Servicemoduls in uns gesetzt haben.“
Man liefere zuverlässige, hochmoderne Produkte und durch dieses Programm und durch „unsere kontinuierlichen Investitionen sichern wir unseren technologischen Vorsprung“.
Auftragswert liegt bei mehr als 200 Millionen Euro
Der Auftrag hat ein Volumen von mehr als 200 Millionen Euro. Der Auftragswert für das erste Modul, das derzeit in Bremen gefertigt wird, lag bei 390 Millionen Euro. In das ESM-Flugmodell werden mehr als 20.000 Bauteile und Komponenten eingebaut, von elektrischer Ausrüstung bis zu Raketentriebwerken, Solarpaneelen, Tanks für Treibstoff und Lebenserhaltungsmaterial sowie Hunderte Meter Kabel und Röhren.
Das ESM ist ein Zylinder mit einer Höhe und einem Durchmesser von etwa vier Metern. Es verfügt wie schon der in Bremen entwickelte Raumtransporter ATV für die Internationale Raumstation über einen markanten, vierflügeligen Solargenerator mit 19 Metern Spannweite nach Entfaltung, der genug Energie liefert, um zwei Haushalte mit Strom zu versorgen.
Die 8,6 Tonnen Treibstoff des Servicemoduls sind für das Haupttriebwerk und 32 kleinere Antriebe vorgesehen. Das ESM hat ein Gesamtgewicht von etwas mehr als 13 Tonnen. Die Integration des ersten Flugmodells ist seit Mai 2016 im vollen Gang und der Start der Integration des zweiten Flugmodells ist für Mitte nächsten Jahres geplant.
Meilenstein für die europäische Raumfahrttechnologie
„Das ist ein sehr emotionaler Tag“, sagte der Leiter des Airbus Raumfahrt-Standortes in Bremen, Oliver Juckenhöfel, der für bemannte Raumfahrt und Weltraumerforschung zuständig ist. Für ihn werde auch ein Traum wahr. Mit der Orion würden Menschen weiter denn je ins Weltall gebracht. Der Experte sagte, er glaube grundsätzlich, dass die Orion-Kapsel in einer etwas erweiterten Konfiguration auch zum Mars fliegen könne.
Parker betonte, Orion sei mit einem Gesamtgewicht von 25 Tonnen eines der größten Raumfahrtvehikel. Das in Bremen hergestellte Modul spiele dabei eine große und aufregende Rolle. Jürgen Schlutz vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt sprach von einem Meilenstein für die Entwicklung der europäischen Raumfahrttechnologie.