Hamburg. Der europäische Flugzeugbauer Airbus plant offenbar eine erste Fabrik in den USA – im Heimatland des Erzrivalen Boeing. Im US-Staat Alabama soll in der Stadt Mobile künftig der Kurzstreckenjet A320, der Bestseller bei Airbus, gebaut werden. Dort wollte der Airbus-Mutterkonzern EADS Tankflugzeuge für das US-Militär bauen, bevor das Unternehmen den Milliardenauftrag an Boeing verlor. Das berichtet die New York Times, eine offizielle Bestätigung bei Airbus gab es nicht. Die Entscheidung könnte aber schon Montag verkündet werden, heißt es. In Mobile ist Airbus bereits mit einer Ingenieurs-Niederlassung mit etwa 230 Mitarbeitern vertreten.
Im vergangenen Jahr hatte Airbus mit 534 ausgelieferten Maschinen und einem Auftragseingang von 1419 Flugzeugen eine neue Rekordmarke erreicht und das erfolgreichste Jahr in der Unternehmensgeschichte verbucht. Kassenschlager ist der sparsame A320neo, der innerhalb eines Jahres mehr als 1200 Mal verkauft wurde. In den kommenden Monaten soll die Produktion auf monatlich 42 Exemplare hochgefahren werden, alle europäischen Werke sind für rund acht Jahre ausgelastet. "Sie werden die steigende Nachfrage künftig gar nicht decken können", sagt der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt. Künftig könnte eine Monatsproduktion von 60 Maschinen nötig werden. Deshalb sei der Schritt in die USA folgerichtig.
Airbus schätzt den weltweiten Bedarf in den kommenden 20 Jahren auf 24000 neue Flugzeuge. Während der Markt in Europa weitgehend gesättigt ist, hatte die Führungsriege des Mutterkonzerns EADS schon unter Louis Gallois die USA wegen der relativ alten Flugzeugflotte und Asien als Wachstumsmärkte ausgemacht. Nachfolger Thomas Enders schreitet nun offenbar zur Tat und greift Boeing im Kernland an. Airbus hat in den USA bislang einen Marktanteil von 20 Prozent. Eine Produktion vor Ort, in die das Unternehmen offenbar Hunderte Millionen investieren will, könnte US-Fluggesellschaften den Wechsel von Boeing zu Airbus erleichtern. "Außerdem kann Airbus im Dollar-Raum deutlich günstiger produzieren und bislang teuer abgesicherte Währungsrisiken vermeiden", sagt Experte Großbongardt.