Insgesamt will der europäische Flugzeugbauer Airbus 15.000 Arbeitsplätze abbauen, davon 5100 in Deutschland. In welchen Umfängen das an welchen Standorten stattfinden soll, wird die Konzernleitung mit den Betriebsräten am Freitag besprechen. In einer Telefon-Pressekonferenz am Mittwoch begründete Michael Schöllhorn, Konzernvorstand fürs operative Geschäft, noch einmal den geplanten Stellenabbau: Aufgrund der Corona-Pandemie habe fast eine Halbierung des Umsatzes in der Sparte Verkehrsflugzeuge stattgefunden.
Schöllhorn stellte in Aussicht, dass sich die Zahl von 5100 Stellenstreichungen in Deutschland noch um 1500 verringern könnte: Das wäre möglich, wenn das Kurzarbeitergeld für 24 Monate gewährt werde. Diesbezüglich gebe es seitens der Bundesministerien positive Signale. Kritik kommt unterdessen vom Konzernbetriebsrat.
Wendet Airbus beim Stellenabbau das sogenannte Rasenmäher-Prinzip an, würde der Standort Bremen mit seinen 2900 Beschäftigten in der Sparte ziviler Flugzeugbau etwa 320 Arbeitsplätze verlieren. So einfach wird es sich die Konzernleitung wohl aber nicht machen. Das hänge auch vom Produktionsprofil des Standortes ab, sagt Schöllhorn. Der Abbau könne sich zudem noch um weitere 500 Stellen reduzieren: Der Flugzeugbauer führe Gespräche über größere Anteile aus dem Bundesetat für Forschung und Entwicklung etwa für den Bereich klimaneutrales Fliegen. Wenn das gelinge, könnten 500 Stellen für Ingenieure geschaffen werden.
Davon könnte sicherlich auch der Bremer Standort profitieren: Schließlich geht es im Hochauftriebszentrum von Airbus eben auch darum, wie im Rahmen der Flügelausstattung noch bessere Systeme für mehr Einsparungen beim Verbrauch sorgen.
Das Know-how der Wissensträger gebraucht
Unterdessen bezeichnet der Konzernbetriebsrat in einer Stellungnahme an die Mitarbeiter die Absicht der Unternehmensleitung, in der Ausnahmesituation einer Pandemie Tausende Arbeitsplätze abbauen zu wollen, „als absolut verantwortungslos“. Mit dem geplanten Stellenabbau werde die Substanz des Unternehmens kaputt gespart und ein möglicher Anlauf der Produktion dadurch gefährdet. „Wir brauchen das Know-how unserer Wissensträger, wenn wir gegenüber der Konkurrenz nicht verlieren und kommende Herausforderungen, wie die Erreichung von Klimaschutzzielen meistern wollen“, heißt es.
Rückblickend sei bisher jede Krise schneller zu Ende gegangen als vorab angenommen, so der Konzernbetriebsrat weiter. Trotz der aktuellen Situation bleibe der zivile Flugzeugbau eine Zukunftsbranche mit großem Wachstumspotenzial. Die Auftragsbücher seien mit etwa 7500 offenen Flugzeug-Bestellungen immer noch gut gefüllt. Der Bedarf an neuen Flugzeugen werde sich laut Experten nach der Pandemie wieder stabilisieren. „Wir sind daher überzeugt, dass zur Überbrückung der vorübergehenden krisenbedingten Produktionsreduzierung die Nutzung und Verlängerung von Kurzarbeit der einzig richtige Weg ist.“ Der Konzernbetriebsrat fordert unter anderem den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen, den Erhalt aller Standorte sowie die Festigung der Eigenproduktion und Rückholung fremdvergebener Arbeit.
Konzernvorstand Schöllhorn unterstrich, dass man in den nächsten Wochen zusammen mit den Betriebsräten nach sozial verträglichen Lösungen suchen werde. Er sei auch davon überzeugt, sie zu finden. Betriebsbedingte Kündigungen seien das letzte Mittel. Ob und in welchem Umfang Airbus das Kurzarbeitergeld weiterhin aufstocken könne, sei auch Bestandteil der Verhandlungen. Derzeit stocke Airbus das Kurzarbeitergeld bis 87 Prozent auf. Diese Vereinbarung gelte bis September.
Rein rechnerisch hätte bei den gegebenen Umsatzeinbußen bei weltweit 90.000 Mitarbeitern in der Verkehrsflugzeugsparte der geplante Stellenabbau bei 36.000 Mitarbeitern liegen können, sagt Schöllhorn. Das sei aber nur ein theoretischer Wert. In der Praxis habe die Unterstützung der Regierungen das abwenden können. Damit meinte er nicht nur das Kurzarbeitergeld, sondern auch die Stärkung der Lufthansa und Air France sowie die Öffnung des Luftverkehrs.