Zu den negativen Superlativen des Landes Bremen gehört die Zahl der Langzeitarbeitslosen: An die 16.000 Frauen und Männer suchen seit mehr als einem Jahr vergeblich nach einer Stelle. Die rot-grüne Landesregierung hat sich vorgenommen, einen „sozialen Arbeitsmarkt“ zu schaffen, also Beschäftigung öffentlich zu fördern. Dazu dient das Programm „Perspektive Arbeit“, genannt Lazlo, das seit einem Jahr existiert und damit die zunächst geplante Halbzeit erreicht hat. Es wird vom Land Bremen, dem Jobcenter und dem Europäischen Sozialfonds finanziert. Bremen investiert pro Jahr 3,5 Millionen Euro.
Rund 360 Lazlo-Stellen sind besetzt, etwa 180 in Bremen, die anderen in Bremerhaven. Das ist der Stand von Mitte November, über den die Mitglieder der Wirtschaftsdeputation kürzlich unterrichtet wurden, weitere Stellen waren zu diesem Zeitpunkt bewilligt. Bei 297 (von 300 geplanten) der derzeit besetzten Stellen werden die Lohnkosten zu 100 Prozent gefördert, bei den anderen 61 (von 200 geplanten) zu 75 Prozent.
140 Stellen nicht besetzt
Der Senat hatte etwas andere Hoffnungen, in mehrfacher Hinsicht: 500 Frauen und Männer sollten in öffentlich finanzierte oder mitfinanzierte Stellen vermittelt werden, bei denen sie einfachen Tätigkeiten nachgehen können, die keine Ausbildung voraussetzen. Das Programm ist insbesondere Frauen, Über-50-Jährigen und Menschen mit Migrationshintergrund gewidmet. Die Erwartungen konnten nicht ganz erfüllt werden. Rund 140 Stellen waren zum beschriebenen Zeitpunkt nicht besetzt, die selbst gesteckten Ziele bei der Vermittlung von Frauen und für Personen mit Migrationshintergrund wurden nicht erreicht, wie aus einer Vorlage für die jüngste Sitzung der Wirtschaftsdeputation hervorgeht.
Auch die Vorstellung, dass die Stellen vornehmlich bei privaten Unternehmen angesiedelt sind, wurde nicht erfüllt, wie es in der Deputationsvorlage heißt: „Trotz des frühzeitigen und umfassenden Einbezugs der Wirtschafts- und Sozialpartner“ sei die Nachfrage gering, „es musste umgesteuert werden auf Eigenbetriebe des Landes und arbeitsmarktpolitische Dienstleister“. Arbeitgeber sind auch gemeinnützige Träger, Vereine und die öffentliche Verwaltung. Das erkläre auch, dass die Stellen, die zu 100 Prozent gefördert werden, fast komplett besetzt werden konnten. Größere Schwierigkeiten gibt es bei den Plätzen, bei denen sich die Arbeitgeber mit einem Viertel der Kosten beteiligen müssen – für Vereine oder arbeitsmarktpolitische Dienstleister sei das meist nicht zu leisten.
„Viele haben bestimmte Einschränkungen“
Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) ist mit der Halbzeitbilanz zufrieden: „Das ist meines Erachtens ein ganz gutes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass ja zunächst auch erst einmal die erforderlichen Strukturen und Prozesse implementiert werden mussten. Man darf nicht vergessen, was der Ausgangspunkt ist: Wir haben es hier mit Menschen zu tun, die ohne dieses Programm vermutlich nur sehr schlechte Chancen hätten, wieder aktiv ins Arbeitsleben einzusteigen.“ Jasmin Tarchahani spricht von „Vermittlungshemmnissen“. Sie ist Projektleiterin der Leitstelle Lazlo beim Beschäftigungsträger Bras. Dazu zählten Schulden oder Suchtproblematiken, „viele haben bestimmte Einschränkungen“. Lazlo-Jobcoach Felix Rose nennt als Beispiel Handwerker, die aus gesundheitlichen Gründen ihren Beruf aufgeben mussten und daraus persönliche Probleme entwickelten, oder Alleinerziehende ohne Ausbildung. „Andere trauen sich nach vielen Jahren der Arbeitslosigkeit nicht mehr zu, wieder eine Stelle anzutreten.“
Eine Herausforderung des Programms sei deshalb, herauszufinden, welche Arbeit zu welchem Arbeitslosen passt, welche Wünsche und Bedenken er hat und ob er stabil genug ist, um eine Stelle anzutreten, sagt Jasmin Tarchahani. Auch das gilt als Vorteil von städtischen sozialen Einrichtungen als Arbeitgeber der Teilnehmer: Sie haben oft Erfahrung im Umgang mit Menschen, die womöglich etwas mehr Zuspruch, Anleitung oder Geduld brauchen. „Ein vorgeschaltetes Assessment“ dient dazu, wie es im Zwischenbericht heißt, „ein möglichst passgenaues Matching zwischen Teilnehmenden und Stelle sicherzustellen“.
Die Abbrecherquote liegt unter zehn Prozent. Bei den Teilnehmern könne man erleben, sagt der Senator, „dass einige von ihnen regelrecht aufblühen, weil sie wieder eine Aufgabe haben und vermittelt bekommen, dass sie gebraucht werden und einen wertvollen Beitrag leisten“. Sieben Teilnehmer schieden aus dem Programm aus, weil sie übernommen wurden oder eine andere Stelle fanden. Das sei im Grunde nicht vorgesehen, so Günthner, zeige jedoch, welche Chancen das Programm biete.
Ende 2018 wird Bilanz gezogen
Ein Problem, dem sich die Absolventen dennoch stellen müssen: der Wandel in der Arbeitswelt, der „generelle Rückgang einfacher Tätigkeiten am Arbeitsmarkt“, den auch Günthner einräumt. Aus diesem Grund handelt es sich bei allen geförderten Stellen auch um zusätzliche Arbeitsplätze, nicht etwa bereits ausgeschriebene Stellen. Oft handelt es sich laut Jasmin Tarchahani um Helfertätigkeiten. Von den Teilnehmern bevorzugte Arbeiten seien Büro- und Lagertätigkeiten, Kultur- und Sprachmittlung, Hausmeister-Hilfsdienste und Jobs in der öffentlichen Verwaltung.
Als Erfolg wird Lazlo laut Deputationsvorlage gewertet, „wenn Teilnehmende nach der Förderung eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt haben“. Ob dem so ist, wird sich Ende 2018 zeigen. Günthner ist zuversichtlich, dass einige der Teilnehmer reelle Aussichten haben, übernommen zu werden. Andere hätten zumindest „deutlich verbesserte Chancen“, sich im ersten Arbeitsmarkt zu bewerben. Auch dabei gebe es Unterstützung aus dem Programm. Zudem sei Lazlo nicht das einzige Angebot für Langzeitarbeitslose, sondern „ein Baustein von vielen“. Im Bereich Qualifizierung gebe es zahlreiche weitere Projekte. „Gemeinsam mit anderen Ressorts arbeiten wir an einer ressortübergreifenden Strategie zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit.“
Wie soll es weitergehen? Weitere Stellen sollen entstehen, auf öffentlicher Ebene: Für das Projekt „Perspektive Arbeit Saubere Stadt“ (PASS) werden Frauen und Männer gebraucht, die Grünanlagen, Badesee-Ufer und Spielplätze sauber halten. 80 bis 300 Stellen für Arbeitslose sollen so geschaffen werden. Eine Fortsetzung des Programms über das Jahr 2019 hinaus ist laut Günthner erwünscht: „Es braucht auf jeden Fall einen längeren Atem, wenn ein nachhaltiger Effekt entstehen soll.“
Jasmin Tarchahani hofft, dass das Programm weiterentwickelt wird und weiteren Langzeitarbeitslosen offen steht, die es schwerer haben als andere. „Außerdem wünsche ich mir, dass sich mehr Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber finden, die bereit sind, diese Menschen langfristig einzustellen.“