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Jubiläum bei Bremer Raumfahrtunternehmen Astrium-Werk plant Mondmission

Bremen. Das Bremer Raumfahrtunternehmen Astrium plant eine Mondmission. Beim Festakt zum 50. Jahr seines Bestehens hat der Hersteller das Modell einer unbemannten Raumfähre vor, die 2018 selbstständig auf dem Erdtrabanten landen kann.
01.07.2011, 16:17 Uhr
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Von Krischan Förster

Bremen. Das Bremer Raumfahrtunternehmen Astrium feiert das 50. Jahr seines Bestehens. Bislang erfolreich mit der Fertigung der Ariane-Oberstufen, mit dem Raumtransporter ATV sowie mit Bau und Betrieb des wissenschaftlichen Labors „Columbus“, seit rund drei Jahren Teil der Internationalen Raumstation ISS, wird nun in Bremen eine Mondmission geplant.

Am Freitag präsentierte Bremens Astrium-Chef Michael Menking stolz ein Modell, das erstmals zeigte, wie die Raumfähre aussehen könnte. Nahezu im Maßstab 1:1 gebaut stand sie auf ihren vier Beinen stilecht auf künstlichem Mondgestein. Es ist das neueste und spektakulärste Projekt der Bremer Raumfahrtingenieure.

400.000 Kilometer liegen zwischen der Erde und dem Mond. Nur die Amerikaner haben bislang Menschen dorthin entsandt, zuletzt 1972. Nun aber weckt der Mond wieder das verstärkte Interesse der Raumfahrtnationen. Das eigentliche Ziel ist zwar der Nachbarplanet Mars. Zuvor aber wäre der Mond ein ideales Testfeld, nicht nur für lange Flüge, sondern auch für die nötige Technik. Außerdem ist das wissenschaftliche Interesse groß. Denn unter Experten gilt der Mond als ein Archiv des Sonnensystems. Ohne Schutz durch Atmosphäre oder Magnetgürtel, wie sie die Erde besitzt, ist er äußeren Einflüssen ausgesetzt. Forschung auf dem Erdtrabanten wollen die Europäer mit Bremer Hilfe betreiben.

Vier Tage dauert die Reise zum Mond

Vier Tage wäre der "Lunar Lander", ein etwa drei Tonnen schweres Fahrzeug mit einem Durchmesser von zweieinhalb Metern, unterwegs, nachdem er mit einer Sojus-Rakete abgehoben hat. Nach dem Flug durchs Weltall soll er in eine Umlaufbahn rund um den Mond gebracht werden. Von dort aus würde das Vehikel autonom auf dem Erdtrabanten landen. Beim Sinkflug soll sich die Fähre automatisch ein geeignetes Terrain suchen und präzise auf vier Beinen aufzusetzen. Neu ist das von den Europäern ausgewählte Zielgebiet: Während die Amerikaner in Äquatornähe gelandet waren, soll die Bremer Raumfähre nahe des Südpols aufsetzen und einen kleinen Roboter auf Erkundung ausschicken.

Noch ist das alles Zukunftsmusik, Astrium arbeitet seit Februar 2010 im Auftrag der ESA am Design und der Missionsbeschreibung. Erst Ende kommenden Jahres, soll der Ministerrat der europäischen ESA-Mitgliedsländer darüber abstimmen. Menking aber ist optimistisch, denn er kann auf politische Unterstützung hoffen. Deutschland als größter Beitragszahler der ESA steht hinter dem Projekt, technisch machbar ist es allemal.

Bremen würde mit dem Bau einer Mondfähre einen weiteren "Schlüssel zu den Sternen" liefern, so das Motto beim gestrigen Festakt zum 50-jährigen Bestehen von Astrium. Raumfahrt - das war immer auch schon Bremen. Der Russe Juri Gagarin war gerade erst als erster Mensch ins All geflogen, da gründeten die drei norddeutschen Traditionsfirmen Focke-Wulf, Weser Flugzeugbau (beide Bremen) und Hamburger Flugzeugbau den "Entwicklungsring Nord" (ERNO). Die Namensgeber wechselten des öfteren über die Jahrzehnte, erst war es Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB), dann die von Daimler-Benz kontrollierte Dasa, dann EADS. Erst seit elf Jahren firmiert der Raumfahrtspezialist unter Astrium. Doch eines galt in all der Zeit: "Raumfahrt in Bremen war immer eine Zukunftssache", sagt der heutige Standortleiter Michael Menking. Die Liste der Erfolge ist lang: Schon die Ariane 4, Europas erste Trägerrakete, war mit einer Oberstufe aus Bremen bestückt. Ebenso ist es bei der Ariane5. Die Entwicklung der

nächsten Raketen-Generation Ariane 5ME ist bereits angelaufen. "Die Ariane ist für die europäische Raumfahrt das, was die Kogge für die Kaufleute der Hanse war", sagt Menking.

Die beiden europäischen Forschunglabore "Spacelab", das von 1983 bis 1998 insgesamt 22 Mal mit dem Space Shuttle flog, und auch "Columbus", seit drei Jahren an der ISS angedockt, wurden ebenfalls in Bremen entwickelt und gebaut. Glanzstück des Raumfahrtherstellers ist momentan aber das ATV (Automated Transfer Vehicle). Als derzeit einziger Raumtransporter kann er vollautomatisch sein Ziel ansteuern. Zwei Stück wurden bereits abgeliefert, drei sollen noch folgen.

Ein möglicher Nachfolger des Raumtransporters soll ebenso wie ein künftiges Mondfahrzeug die ausgefeilte Technik nutzen, die für das ATV entwickelt wurde. In welche Richtung das gehen könnte, ist noch offen. "Wir versuchen, gemeinsam mit der ESA etwas Neues zu entwickeln", sagte der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann-Dietrich Wörner.

Gestern gab es aber erst einmal Lob von allen Seiten. "Die Bedeutung der Raumfahrt für Bremen ist gar nicht hoch genug einzuschätzen", sagte Senatspräsident Jens Böhrnsen. Und Jochen Homann, Staatssekreatär im Bundeswirtschaftsministerium, sieht Bremen "hervorragend aufgestellt". Nicht nur wegen der eigenen Qualitäten, sondern auch wegen der guten Vernetzung mit Wissenschaft und Forschung in der Stadt. Das sei Bremens große Stärke. Denn Deutschland wie auch die ESA setzen angesichts begrenzter Budgets vor allem auf robotische, also unbemannte Missionen. Wie die Bremer Mondfähre.

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