München. Grund zum Feiern hat die Solarbranche derzeit wenig. Doch trotz der bisher größten Krise der Industrie werden sich ab heute knapp 2000 Unternehmen aus aller Welt auf der Branchenmesse Intersolar in München präsentieren. Neben technologischen Neuheiten werden den Fachbesuchern heiße Diskussionen geboten. Es geht um die Zukunft der deutschen Solarförderung und um Einfuhrzölle für chinesische Unternehmen, die ihre Produkte billiger als die Konkurrenz anbieten.
Die schlechten Nachrichten aus der deutschen Solarbranche reißen im Vorfeld der Messe nicht ab. So erwog die Dresdner Solarwatt AG gestern den Gang zum Insolvenzgericht, weil nicht alle Aktionäre dem vorgesehenen Finanzierungskonzept zustimmten, wie das Unternehmen mit rund 440 Beschäftigten gestern mitteilte. Das Oldenburger Solarunternehmen Aleo Solar will sein spanisches Werk in Santa Maria de Palautordera zum Jahresende schließen, weil der Markt zum Erliegen gekommen sei. Einen kleinen Lichtblick gibt es dagegen für die Werke von First Solar in Frankfurt (Oder). Wegen guter Auftragslage sollen sie erst zum Jahresende schließen statt wie geplant im Oktober.
Pünktlich zur Messe kommt der Vermittlungsausschuss wegen der von der Bundesregierung geplanten Kürzung der Solarförderung heute in Berlin zusammen. Konkretes wird noch nicht erwartet, das Lager der besonders betroffenen ostdeutschen Bundesländer Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen klang jedoch nach einem Spitzengespräch mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) optimistisch. Die Bundesländer hatten die ursprünglichen Pläne der Bundesregierung im Bundesrat mit einer Zweidrittelmehrheit gekippt, sodass eine Abmilderung wahrscheinlich ist.
Während die Regierung eine Kostenexplosion durch die Förderung des Sonnenstroms fürchtet, verweist die Branche auf die schwindende Attraktivität des Standorts für Investoren. Deutschland gehöre für die Solarindustrie nicht mehr zu den verlässlichen Ländern, sagte jüngst Andreas Hänel, Chef des Kraftwerkbauers und Händlers Phoenix Solar, der "Börsen-Zeitung". Eine Politik, die die nächste Gesetzesänderung schon beschließe, bevor die letzte in Kraft getreten sei, führe nicht gerade dazu, dass Produktionsanlagen aufgebaut, Projekte entwickelt und Mitarbeiter eingestellt würden.
Der europäische Verband Eurosolar sieht wiederum die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelte steigende Ökostromumlage kritisch. Immer mehr Ausnahmeregelungen, etwa für Strom-Großabnehmer, trieben die Umlage hoch und verteilten sie auf weniger Schultern.
Teuer aber nutzlos sei die sogenannte Marktprämie. Dabei können Betreiber von Wind- oder Solarparks ihren Strom selbst an der Börse vermarkten lassen und bekommen eine mögliche Differenz zur Vergütung aus dem EEG erstattet. Dazu kommt für die Selbstvermarktung ein Bonus. "Weder gut gemeint noch gut gemacht", sagt dazu Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin.
Aber nicht nur der deutsche Markt beschäftigt die Unternehmen. Überkapazitäten und fallende Preise erschweren das Geschäft in vielen Ländern. Vor allem schimpft die Branche auf die Konkurrenz aus China, die dank staatlicher Unterstützung billiger anbieten kann als die hiesigen Hersteller. In den USA haben jetzt Unternehmen um den deutschen Konzern Solarworld Erfolg mit einer Klage gehabt: Das Handelsministerium hat Strafzölle für die Chinesen verhängt. In Europa könnte das auch kommen. Nicht jeder sieht darin aber Vorteile für die Deutschen.
Die Chinesen selbst werden in München bei der Diskussion um diese Zölle ein Wörtchen mitreden können. Nach den deutschen Unternehmen bilden sie die zweitgrößte Ausstellergruppe, auch wenn ihre Zahl nach bisherigen Daten der Messeveranstalter im Vergleich zum Vorjahr zurückgeht. Auch insgesamt werden weniger Aussteller erwartet. Die Krise und mit ihr die Konsolidierung in Form von Pleiten und Übernahmen macht sich bemerkbar.