Die Hamburger Containerreederei Hapag-Lloyd macht Ernst mit ihrem Plan, in Zukunft mehr Wilhelmshaven und Bremerhaven statt Hamburg anzulaufen. Das erste Schiff ist gerade auf dem Weg aus Asien zum Jade-Weser-Port. So hat es der Vorstandsvorsitzende der Reederei, Rolf Habben Jansen am Donnerstagvormittag auf der Bilanzpressekonferenz gesagt: "Für Wilhelmshaven wird das erste Schiff, das sich gerade auf der Anfahrt befindet, voraussichtlich 10.000 Container-Umschläge bedeuten." Warum der Hapag-Lloyd-Chef hier nun stärker auf Wilhelmshaven und Bremerhaven setzen wird: "Das ist für uns kostengünstiger und spart Zeit."
Weitere Schiffe befinden sich auf dem Weg von Asien zu den beiden deutschen Seehäfen. Bei den Containern handelt es sich vor allem um Fracht, die weiter nach Skandinavien gehen soll – und da wäre die Revierfahrt auf der Elbe nach Hamburg rein und wieder raus zusätzlicher Zeitaufwand. Für diese Verschiebung gibt es zwei Gründe: Da ist zum einen das neue Gemini-Netzwerk ("Gemini" bedeutet auf Englisch und Latein Zwilling) zusammen mit der dänischen Reederei Maersk, und das soll zu einer Fahrplanzuverlässigkeit von 90 Prozent führen. Deshalb wird Hapag-Lloyd in Zukunft mit den großen Schiffen weniger Häfen anfahren und auf kleinere Feeder, also Zubringerschiffe, setzen, die die Container dann ans Ziel bringen. Die ersten sechs Wochen des Gemini-Netzwerks haben bereits in Richtung 90 Prozent Einhaltung des Fahrplans gezeigt.
Hapag-Lloyd will weitere Terminals erwerben
Zum anderen ist Hapag-Lloyd zu 30 Prozent am Container Terminal Wilhelmshaven (CTW) beteiligt und will entsprechend für mehr Auslastung sorgen. Kapazitäten sind dort noch ausreichend vorhanden, während die Häfen von Rotterdam und Antwerpen immer voller laufen, was wiederum zu Verspätungen führen kann, die die Reederei ja in Zukunft vermeiden möchte. Das Terminal-Geschäft ist die zweite Säule der Reederei – dabei ist Wilhelmshaven eines von weltweit 21 Terminals, an denen Hapag-Lloyd beteiligt ist. Der Vorstandsvorsitzende Habben Jansen kündigte am Donnerstag an, dass es langfristig 30 Terminals in der Welt werden sollen – an den Stellen, an denen eine Beteiligung Sinn ergibt. Die dänische Reederei Maersk betreibt wiederum in Bremerhaven zusammen mit der BLG-Tochter Eurogate das North Sea Terminal (NTB). Der Stellenwert des Jade-Weser-Ports für Hapag-Lloyd ist auch an einem weiteren Punkt zu erkennen: Im Sommer soll hier auch ein neues Schiff auf den Namen "Wilhelmshaven Express" getauft werden.
Habben Jansen rechnet durchaus damit, dass man in der zweiten Jahreshälfte mit den Schiffen wieder durch das Rote Meer und den Suezkanal fahren kann. Das würde die Route von Asien nach Europa um bis zu zwei Wochen verkürzen und außerdem die Kosten senken. Sobald die Fahrt durch den Suezkanal wieder möglich wäre, würde die Reederei aber nicht alle Schiffe auf einmal über diese Route gehen lassen. "Nach und nach vielleicht ein Schiff pro Woche", sagte Rolf Habben Jansen. Denn alle auf einmal könnten laut dem Vorstandsvorsitzenden die europäischen Häfen gar nicht bewältigen können.
1,4 Milliarden für Dividenden
Dieses Jahr rechnet Deutschlands größte Reederei Hapag-Lloyd, die weltweite Nummer fünf, mit einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 2,4 bis 3,9 Milliarden Euro. Habben Jansen bezeichnete dies als das drittbeste Geschäftsjahr in der Geschichte von Hapag-Lloyd. Die Gewinne sind auch notwendig, um in neue, verbrauchsärmere Schiffe zu investieren. Dennoch schlagen Vorstand und Aufsichtsrat eine Dividende von 8,20 Euro je Aktie vor – damit wird das Unternehmen insgesamt 1,4 Milliarden Euro an Dividenden ausschütten. Die Hauptversammlung wird am 30. April stattfinden.
Im vergangenen Geschäftsjahr steigerte Hapag-Lloyd den Umsatz im Vergleich zu 2023 um ungefähr 6,6 Prozent auf 19,1 Milliarden Euro. Das Unternehmen begründete die Entwicklung mit einer gestiegenen Nachfrage nach Containertransporten. Das Transportvolumen in der Schifffahrt habe um 4,7 Prozent zugenommen. Die Frachtraten blieben weitgehend stabil.
Hamburg erhält knapp 200 Millionen Euro
Unterm Strich verdiente die Reederei 2,4 Milliarden Euro. Im Vorjahresvergleich entspricht das einem Minus von etwa 18,9 Prozent. Hapag-Lloyd begründete das unter anderem mit einem gestiegenen Steueraufwand. Die Reederei hat fünf Großaktionäre. Einer davon ist die Stadt Hamburg, die 13,9 Prozent der Anteile hält. Der Hamburger Logistikunternehmer Klaus Michael Kühne hält über seine Holding 30 Prozent an Hapag-Lloyd. Entsprechend würde das für Kühne rechnerisch 420 Millionen Euro an Dividende bedeuten und für Hamburg knapp 200 Millionen Euro.
Steuern fallen bei der Reederei wie bei vielen anderen Reedereien insgesamt eher wenig ins Gewicht. Hintergrund ist die sogenannte Tonnagesteuer: Eine Methode zur Gewinnermittlung, die 1999 zur Unterstützung des Schifffahrtsstandortes Deutschland eingeführte worden ist. Dabei wird anstelle des tatsächlichen Gewinns ein fiktiver Gewinn pauschal nach der Größe der Schiffe ermittelt. Der ist meist geringer als der tatsächliche Gewinn.