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Erstes deutsches Transportsystem für Windkraftwerke auf See Baubeginn beim Offshore-Terminal

Bremerhaven. Wirtschaftssenator Martin Günthner und BLG-Vorstand Bernd Lieberoth-Leden geben in Bremerhaven das Startsignal für den Bau des ersten Verladeterminals für Offshore-Windanlagen und damit für den Einstieg der BLG in diese Zukunftsbranche.
05.07.2011, 05:00 Uhr
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Von Annemarie Struss-V. Poellnitz

Bremerhaven. Wirtschaftssenator Martin Günthner und BLG-Vorstand Bernd Lieberoth-Leden gaben am Montag in Bremerhaven das Startsignal für den Bau des ersten Verladeterminals für Offshore-Windanlagen und damit für den Einstieg der BLG in diese Zukunftsbranche. 20 Millionen Euro investiert das Umschlags- und Logistikunternehmen auf der ABC-Halbinsel am Kaiserhafen. Doch wenn alles nach Plan läuft, rückt das schwere Verladegerät hier 2014 schon wieder ab.

Bisher wurde vor allem geplant und verhandelt, seit gestern geht es richtig zur Sache. Entsprechend hoch sind die Erwartungen. "Das ist mehr als die Anpassung eines Terminals, das ist der Einstieg in eine neue Geschäftssparte", sagte BLG-Vorstand Bernd Lieberoth-Leden, zu dessen Geschäftsbereich die neue Sparte WindEnergy Logistics gehört. Gemeinsam mit Wirtschafts- und Häfensenator Martin Günthner drückte Lieberoth-Leden auf einen großen roten Knopf, und zwei Rammen legten mit ohrenbetäubendem Lärm los.

170 bis 180 Pfeiler von 36 Metern Länge sollen hier in die Erde gerammt werden, als Fundament für eine 3400 Tonnen schwere Stahlbetonplatte. Darauf sollen Tripods, dreifüßige Fundamente für Offshore-Windanlagen, bis zum Transport auf See gelagert werden. Produziert werden sie von WeserWind, einige Kilometer südlich im Labradorhafen.

Jeder dieser Tripods wiegt 900 Tonnen. Die gewaltigen Gewichte der Offshore-Windanlagen stellen Hersteller und Transporteure vor ganz neue Herausforderungen. "Als die Hersteller angefangen haben zu bauen, haben sie sich keine Gedanken gemacht, wie sie die Anlagen aufs Meer bekommen", glaubt Wirtschafts- und Häfensenator Martin Günthner. Beim Testfeld "alpha ventus" seien dadurch erhebliche Mehrkosten aufgelaufen.

Investition in die Zukunft

Genau da sieht die BLG ihre Chance. "Die BLG ist derzeit das einzige Logistikunternehmen, das derart komplexe Aufträge ausführen kann", sagt Lieberoth-Leden. Gemeinsam mit WeserWind hat man ein neues System zum Transport der Schwergewichte entwickelt: Die Tripods sind unter jedem ihrer drei Beine mit je zwei Fahrwerken ausgestattet, die elektrisch angetrieben über Schienen auf einen Transportponton rollen. Der Ponton wird über Fischereihafen, Weser und Kaiserhafen zum ABC-Terminal geschleppt, wo die Tripods wieder auf einem Schienensystem vom Ponton auf den Lagerplatz rollen. Hier verteilen Spezialtrailer (SPMT, Self Propelled Modular Transporter) die Schwergewichte auf der Fläche des Terminals.

Die BLG investiert mit dieser Maßnahme vor allem in ihre Zukunft. Wegen der langfristigen Strukturveränderungen in der Automobilindustrie - neben dem Containertransport bisher die wichtigste Säule des Geschäfts - braucht das staatseigene Unternehmen eine Alternative, um Arbeitsplätze in Bremerhaven zu halten.

Die BLG sei auf dem besten Weg, als erstes deutsches Logistikunternehmen eine komplette Lieferkette vom Werk bis aufs Schiff zu entwickeln, sagt Lieberoth-Leden. Damit könnten Standards gesetzt werden, hofft der Ingenieur. "Das ist die Chance zur Industrialisierung der Offshore-Logistik." Wenn sich das in Bremerhaven entwickelte Transportsystem durchsetze, ließen sich rund 15 Prozent der Logistikkosten bei der Errichtung von Windparks sparen.

Wie viele Arbeitsplätze dadurch entstehen, konnte Lieberoth-Leden gestern noch nicht sagen. Das werde stark schwanken, je nach Lagervolumen. Arbeit soll hier vor allem für Beschäftigte des Autoterminals entstehen, die ab August für die Steuerung der drei 2,8 Millionen teuren SPMTs qualifiziert werden. Für die Abdeckung von Spitzen sollen Arbeitskräfte des Gesamthafenbetriebs (GHB) hinzukommen.

Die Zeit drängt, denn bei WeserWind werden schon die ersten Tripods für das neue Offshore-Feld Global Tech I zusammengeschweißt. Ab September sollen die ersten Fundamente auf dem Schwerlastterminal gelagert werden. Im nächsten Frühjahr wird dann, wenn alles nach Plan läuft, das Hubschiff "Thor" von Hochtief die ersten Tripods verladen, im Juni soll das neue Errichterschiff "Innovation" fertig sein und ab Juli mit dem Errichten der Windanlagen rund 180 Kilometer von Bremerhaven entfernt im offenen Meer beginnen.

Das System steht also, ist aber dennoch eine Übergangslösung. Denn einfacher und kostengünstiger ist die Verladung in der Nähe der Produktion. Deshalb läuft zurzeit die Ausschreibung für das Offshore-Terminal am Blexer Bogen auf Hochtouren. Bis 2014, wenn der Offshore-Boom auf hoher See so richtig losgeht, soll der Offshorehafen fertig sein. Die BLG hat, wie zwei bis drei weitere Interessenten, ihren Hut in den Ring geworfen. Sollten die Bremer, die gemeinsam mit Hochtief und einem noch ungenannten Partner antreten, den Zuschlag bekommen, würden sie das bewegliche Gerät von der ABC-Halbinsel abziehen und im Offshorehafen einsetzen.

Lohnt sich die Investition von insgesamt 20 Millionen Euro bei einem derart kurzen Planungshorizont überhaupt? "In die Schwerlastplatte fließt lediglich ein Drittel der Gesamtinvestitionen. Zwei Drittel investieren wir in das Transportsystem. Dieser Betrag geht nicht verloren", sagt Lieberoth-Leden. Die Befestigung der Lagerfläche sei auch für andere Schwertransporte sinnvoll.

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