Bremen. Statt Teerhof nun Martinistraße. Kein Klinkerbau direkt an der Weser, nichts Schönes und Repräsentatives, sondern ein schnödes Bürogebäude. Neben Beluga nun auch Hansa Heavy Lift, eine neue Reederei. Am Wochenende ist ein kleiner Teil der Belegschaft umgezogen. Vom neuen Domizil aus soll das Schwergut-Geschäft weiterbetrieben werden, auf Rechnung des US-Finanzinvestors Oaktree, der Beluga im März übernommen hatte. Doch gleich beim Neustart gibt es schon wieder Probleme: Ein Bremer Unternehmen klagt gegen den neuen Namen.
Wo bis vor wenigen Tagen nur ein provisorischer Papieraufkleber verriet, wer in den oberen beiden Etagen der Martinistraße 1 residiert, hängt jetzt ein massives Briefkastenschild aus Metall, und am gläsernen Eingang prangt dazu noch eine farbige Aufschrift. Offiziell gibt es zwar immer noch keine Bestätigung für die Namensänderung von Beluga, sie ist aber Fakt, dies geht auch aus Unterlagen hervor, die unserer Zeitung vorliegen.
Hansa Heavy Lift - für Jörg Lührs, Chef der Unternehmensgruppe Gesutra mit ihrer Tochter Hanselifter ist das ein Name, der zu unliebsamen Verwechslungen einlädt. Lührs, dessen Unternehmen Hubwagen und Gabelstapler verkauft, hat sich vor einem Monat an Beluga gewandt und gefordert, von den Namensplänen Abstand zu nehmen, andernfalls werde er auf Unterlassung klagen. Beluga, vertreten durch eine Hamburger Kanzlei, warb zunächst um eine außergerichtliche Einigung. Das Schreiben liegt unserer Zeitung vor. Hansa Heavy Lift solle demnach als Firmenname nur auf Geschäftsfeldern eingesetzt werden, auf denen Hanselifter nicht tätig sei. In einem zweiten Schreiben wird von derselben Kanzlei nur zwei Tage später abgestritten, dass Beluga je den Plan gehabt habe, sich umzubenennen. "Eine solche Umfirmierung hat weder in der Vergangenheit stattgefunden, noch wird dies in Zukunft der Fall sein", heißt es in dem Brief.
Wirrungen um neuen Namen
Welche Wirrungen der Fall Beluga bereithalten kann, zeigt der weitere Verlauf des Namensstreits. Beluga nämlich teilte über seine Anwälte außerdem mit, dass es Kenntnis von einem Unternehmen habe, welches vor Kurzem in Hansa Heavy Lift umfirmiert worden sei. Dieses Unternehmen werde sich in Kürze bei Jörg Lührs und seiner Gesutra melden.
Noch am gleichen Tag ging bei Lührs ein Fax ein, Absender: die Firma Blitz F11 eins-eins GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Constantin von Bülow, ein Mann von Oaktree. "Von der Beluga Shipping GmbH hörten wir...", fängt das Schreiben an. Dann bestätigt von Bülow, dass die Gesellschafter seines Unternehmens die Umfirmierung in Hansa Heavy Lift beschlossen hätten. Mit der in Teilen wortgleichen Argumentation von Beluga bietet der Geschäftsführer schließlich einen außergerichtlichen Vergleich an. Die Blitz F11 eins-eins ist eine auf Vorrat angelegte GmbH, die verkauft wird, sobald ein neues Unternehmen schnell an den Markt will. Blitz für Blitzstart. In der Martinistraße stand dieser Name eine Zeit lang am Klingelbrett.
Jörg Lührs will aus diesem Durcheinander Konsequenzen ziehen. "Wir lassen uns nicht länger hinhalten", sagt der Chef von Gesutra und Hanselifter, "wir reichen die Unterlassungsklage ein."
Auch das Geschäft kommt bei Beluga/Hansa Heavy Lift offenbar nicht so richtig in Gang. Ursprünglich sollten mit bis zu 18 Schiffen und etwa 60 Beschäftigten die noch bestehenden Verträge erfüllt und möglichst viele neue Kontrakte geschlossen werden. Doch obwohl sich Oaktree bereit erklärt hatte, ausstehende Forderungen und Schiffsbetriebskosten zu begleichen, waren nach Informationen unserer Zeitung noch vor wenigen Tagen viele Schiffe weiter beschäftigungslos.
Der in der maritimen Wirtschaft als "kompromisslos" und "rüde" empfundene Umgangston Oaktrees mit den Charterunternehmen und die folgende Insolvenzwelle, die zwischen Mitte und Ende März weite Teile der Beluga-Gruppe erfasste, hat offenbar nicht nur Geschäftspartner, sondern auch potenzielle Großkunden verschreckt. Wie maritime Kreise berichten, hat Siemens zwar noch einen größeren Auftrag mit Beluga abgefahren, dann aber die Bremer Reederei auf eine "Schwarze Liste" gesetzt - nicht zuletzt deswegen, weil angesichts der aktuelle Situation zeitaufwendig diverse Garantien aller Beteiligten eingeholt werden mussten. Offenbar scheuen die Siemens-Manager jetzt das Risiko für ihre millionenschweren Transporte. Auch andere Branchenexperten zweifeln angesichts des eingetretenen Vertrauensverlustes an einem erfolgreichen Neustart.
Hoffen auf eine Perspektive
Die etwa 60 Beschäftigten bei Hansa Heavy Lift können wenigstens darauf hoffen, dass sich die Dinge zum Besseren wenden. Etwa 200 andere Beluga-Kollegen sollen mittlerweile bereits einen neuen Job angetreten oder die Kündigung eingereicht haben. In der alten Unternehmenszentrale auf dem Teerhof sind demnach noch rund 300 Mitarbeiter verblieben - sie wissen weniger denn je, was sie erwartet. Der von ihnen Anfang April gewählte Sprecher-Beirat hält zwar Kontakt zum Oaktree-Management und der Insolvenzverwaltung, verlässliche Informationen oder gar eine Perspektive aber gebe es nach wie vor nicht, klagen Mitarbeiter. Vielfach wird vermutet, dass zur Monatswende Mai/Juni eine Entscheidung fallen soll. Sauer stößt ihnen auch auf, dass bei der Rekrutierung des Personals für Hansa Heavy Lift in einigen Fällen offenbar lieber neue Leute etwa in der EDV eingestellt, als dass Beluga-Mitarbeiter übernommen woden seien.
Auffällig schweigsam verhalten sich die Manager des Konglomerats Beluga-Oaktree-Hansa Heavy Lift. Weder Oaktree noch die Insolvenzverwalter um Edgar Grönda haben verlauten lassen, wohin die Reise gehen soll und welche Lösungsansätze es gibt. Grönda hat sich nun allerdings eine Zusatzvollmacht beim Amtsgericht für die von ihm betreuten Beluga-Firmen Shipping, Chartering und Fleet Management eingeholt. Demnach hat er ab jetzt das Recht, "den Besitz an sämtlichen Geschäftsunterlagen und dem IT-Equipment sowie an allen Software-Nutzungsrechten auszuüben". Ein eher ungewöhnlicher Vorgang - Insider schließen daraus, dass es interne Konflikte bei Beluga gibt.