Nur jeder zweite hat sich gegen das Risiko einer Berufsunfähigkeit (BU) privat abgesichert. Dabei ist die BU-Police eine der wichtigsten Versicherungen und es gibt inzwischen sehr viele ausgezeichnete Tarife, wie ein aktuelles Rating zeigt.
Bremen. Sicherheit war dem 46-jährigen Busfahrer Thorsten H. immer wichtig. Mit dieser Einstellung wollte er sich auch vor der Schweinegrippe schützen und ließ sich 2009 impfen. Seitdem leidet er schon bei geringen Belastungen an Atemnot, eine Schulter ist zum Teil gelähmt und auch das Zwerchfell bereitet ihm Probleme. Bus fahren kann er nicht mehr. Dank seiner Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) überweist ihm der Volkswohl Bund monatlich die vereinbarte Rente von 1250 Euro.
Jeder fünfte Berufstätige muss seinen Job aus gesundheitlichen Gründen vor dem Rentenalter aufgeben. „Die BU-Police gehört zu den unverzichtbaren Versicherungen, denn ohne Erwerbstätigkeit kann die gesamte Familie schnell zum Sozialfall werden“, sagt Hajo Köster vom Bund der Versicherten. Die Versicherung springt ein, wenn der Versicherte längerfristig (mindestens sechs Monate) aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf auszuüben.
Aktuell hat eine knappe Mehrheit von 53 Prozent der erwerbstätigen Bürger eine private BU-Versicherung abgeschlossen, geht aus einer repräsentativen Umfrage der Gothaer hervor. Die Nichtversicherten setzen auf die staatliche Rentenversicherung und die Krankenkasse. Doch diese Sicherheit ist trügerisch. Knapp 70 Prozent der Männer, die auf eine staatliche Erwerbsminderungsrente angewiesen sind, müssen mit bis zu 750 Euro im Monat auskommen.
„Denn für die ab 1961 Geborenen gibt es nur noch eine zweistufige staatliche Erwerbsminderungsrente“, sagt Köster. Wer seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, muss sich eine andere, leichtere und meist auch schlechter bezahlte Tätigkeit suchen. Nur wer – unabhängig vom bisherigen Beruf – keine drei Stunden mehr täglich arbeiten kann, erhält die volle Erwerbsminderungsrente. Sie beträgt 32 Prozent vom letzten Bruttogehalt. Können noch drei bis sechs Stunden täglich gearbeitet werden, gibt es nur die halbe Erwerbsminderungsrente, die 16 Prozent des letzten Bruttogehalts ausmacht.
Die vor 1961 Geborenen können zwar noch eine gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente beanspruchen. Sie gleicht aber nur die finanziellen Nachteile aus, die durch eine andere Tätigkeit entstehen. „Wenn der Versicherte in seinem bisherigen Beruf nicht mehr arbeiten kann und auf eine deutlich minderwertige Tätigkeit ausweichen muss, kommt die gesetzliche Berufsunfähigkeitsversicherung für die finanziellen Einbußen auf“, sagt Andreas Feuser vom Bund der Deutschen Rentenversicherung. Während der Staat seine Leistungen zusammenstreicht, haben sich die Bedingungen der privaten BU-Policen in den letzten Jahren deutlich verbessert. „Es gibt sehr viele Anbieter mit gut bewerteten Tarifen“, sagt Köster. Das bestätigt das jüngste Rating der Ratingagentur Morgen & Morgen aus Hofheim. Insgesamt wurden 360 BU-Tarife von 77 Anbietern in vier Teilbereichen untersucht.
Die in den Tabellen gezeigten Tarife verfügen fast ausnahmslos über die Höchstnote von fünf Sternen, was für eine ausgezeichnete Bewertung steht. Lediglich die Tarife von Allianz und Öffentliche Berlin haben vier Sterne, was aber immer noch einer sehr guten Bewertung entspricht. Damit ist sichergestellt, dass sich im Kleingedruckten keine Fußangeln für die Verbraucher verstecken.
Die Bedingungen einer BU gehen mit einer Gewichtung von 50 Prozent in das Rating ein. Sie entscheiden darüber, ob und wie der Versicherer im Ernstfall die vereinbarten Leistungen erbringt. Weitere Kriterien sind die Kompetenz des Unternehmens (30 Prozent), seine Solidität (10 Prozent), also die Finanzstärke, und die Fragen im Versicherungsantrag (10 Prozent). Für die Kunden sollten die Fragen klar und wahrheitsgemäß zu beantworten sein, um eine unbeabsichtigte vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung, also verschwiegene Krankheiten, auszuschließen. Das ist wichtig, denn etwa jeder siebte Leistungsfall wird aus diesem Grund von der Versicherung abgelehnt.
Die Analyse der Hofheimer Experten zeigt, dass die Absicherung des BU-Risikos in den letzten zwei Jahren um bis zu 20 Prozent günstiger geworden ist. Aber nicht für alle. „Von 145 untersuchten Berufen wurden die Tarife im Schnitt für 115 Berufe günstiger“, sagt Stephan Schinnenburg, Geschäftsführer von Morgen & Morgen. Dagegen wurden 30 Berufe wie Steward, Gleisbauer oder Nachtwächter um bis zu 14 Prozent teurer. Je gefährlicher der Beruf von der Versicherung eingeschätzt wird, desto höher fallen die Prämien aus oder der Versicherungsschutz wird ganz verweigert. „25 bis 35 Prozent aller Anträge auf Abschluss einer BU-Police werden abgelehnt“, sagt Köster.
Deshalb ist es nicht empfehlenswert, einen Antrag selbst zu stellen. Denn abgelehnte Anträge gehen in ein Informationssystem der Versicherer ein. Je mehr Ablehnungen, desto schwieriger wird es, überhaupt noch einen Vertrag zu bekommen. Versicherungsmakler oder Versicherungsberater können bei mehreren Gesellschaften gleichzeitig anonyme Anfragen stellen und so dieses Problem umgehen. „Jede Versicherung hat eigene Grundsätze der Risikobewertung“, sagt Köster. „Der Antrag eines Justizvollzugsbeamten, der bei der einen Assekuranz gar nicht angenommen wird, kann bei einer anderen Gesellschaft problemlos durchgehen.“
Der Tarifvergleich zeigt, dass ein Dachdecker einen drei mal so hohen Versicherungsbeitrag wie ein Akademiker entrichten muss. In der Regel erhält der Kunde bei der Prämie einen Sofortrabatt. Der resultiert aus den Risikoüberschüssen, also es werden weniger Kunden berufsunfähig als von der Versicherung kalkuliert. Der monatliche Maximalbeitrag zeigt, wie hoch der Beitrag steigen kann. Doch das ist eher ein theoretischer Wert. „Wir haben den Sofortrabatt in unserer Unternehmensgeschichte noch nie verändert“, sagt Simone Szydlak vom Volkswohl Bund.