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Abfertigungsprobleme wegen Überlastung Bremen muss die Hafeneisenbahn ausbauen

Bremen. Bremen muss mit Millionenaufwand die Hafeneisenbahn leistungsfähiger machen. Angesichts des anschwellenden Güterstroms droht sonst eine Überlastung der Gleise, was zu einer verzögerten Abfertigung und verärgerten Kunden führen würde.
04.11.2011, 05:00 Uhr
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Von Krischan Förster

Bremen. Bremen muss mit Millionenaufwand die Hafeneisenbahn leistungsfähiger machen. Angesichts des anschwellenden Güterstroms droht sonst eine Überlastung der Gleise, was zu einer verzögerten Abfertigung an den Kajen und verärgerten Kunden führen würde. Wie bereits Mitte Oktober, als sich die Züge vier Tage lang vor dem Hafen stauten.

Eigentlich herrscht in den bremischen Häfen Grund zum Jubeln. Der Umschlag von Containern und Autos übertrifft deutlich alle Werte aus dem Vorjahr. Erst jüngst vermeldete die BLG einen Allzeit-Rekord für ihre Autoterminals. 201.000 Fahrzeuge wurden im vergangenen Oktober verladen, ein besseres Monatsergebnis gab es nie zuvor in der Unternehmensgeschichte. 1,5 Millionen Autos waren es 2011 insgesamt, damit liegt die Bestmarke von gut zwei Millionen Einheiten aus dem Vorkrisenjahr 2008 wieder in Reichweite.

Bei Containern sieht es sogar noch besser aus. Insgesamt wurden im Jahresverlauf bis einschließlich September schon knapp 4,5 Millionen Stahlboxen über die Kaje gewuppt, ein Zuwachs von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr und der absolute Spitzenwert an der gesamten Nordrange zwischen Le Havre und Hamburg. Das Rekordjahr 2008 könnte, wenn der Trend anhält, sogar übertroffen werden. Trotz der neuerlichen Krisenerscheinungen in der Schifffahrt wurden bislang 300.000 Container mehr verladen als damals. Doch der Erfolg schafft auch Probleme: Die alte Hafeneisenbahn kann in Spitzenzeiten gar nicht mehr so viel transportieren wie angeliefert wird. Vor zwei Wochen gab es sogar einen regelrechten Stau.

Weil auch die deutschen Autokonzerne für Produktion und Export historische Höchst-stände und vergleichbare Zuwachsraten wie die Häfen vermelden, rollen neben den regulären Eisenbahntransporten vermehrt zusätzliche und kurzfristig zusammengestellte Sonderzüge in Richtung Bremerhaven. Mittlerweile kommt fast jeder zweite Container über die Bahn nach Bremerhaven, bei Autos sind es sogar 80 Prozent. Rund 430 Güterzüge rollen wöchentlich in den Hafen, mit einer Transportleistung von 16,4 Millionen Tonnen gehört die Hafengruppe Bremen/Bremerhaven zu den drei führenden Standorten in Nordwesteuropa. Da wirkt sich jede Verstopfung sofort massiv aus. Und vor zwei Wochen wurde der Flaschenhals zu eng.

Autokonzerne mit Exportrekorden

Es war die schiere Menge von Fahrzeugen, die abgefertigt werden sollten, dazu kamen Baustellen zwischen Bremen und Bremerhaven und im Hafengebiet, dazu jede Menge leere Waggons im Kaiserhafen, die nicht mehr rechtzeitig weggeschafft werden konnten. Ab Ende September herrschte in Bremerhaven plötzlich Alarmstimmung - bei den Hafenunternehmen, mehr aber noch bei den Verladern. Denn die Deutsche Bahn als Betriebsführer der Hafeneisenbahn sah sich gezwungen, eine Woche lang sämtliche Sonderzüge abzulehnen. "Dadurch entstanden erhebliche Engpässe", bestätigt ein BLG-Sprecher gegenüber dieser Zeitung. Umgehend wurden vor allem Volkswagen und Mercedes aktiv und intervenierten zum Teil heftig beim zuständigen Wirtschaftsressort des Bremer Senats. Sie fürchteten einen Rückstau bis zu den Produktionsbändern in Wolfsburg und Bremen. Hektisch wurde im Hafen versucht, den Stau zunächst kurzfristig zu beheben. Dauerhaft sei das Problem aber damit lange noch nicht gelöst, das weiß auch Wirtschafts-und Häfensenator Martin Günthner. "Die Wettbewerbsfähigkeit des Welthafens Bremerhaven wird auch auf der Schiene entschieden", sagt er.

Nicht nur im Containerumschlag, sondern auch bei Autos steht Bremerhaven in einem harten Wettbewerb. Vor allem mit dem belgischen Hafen Zeebrügge, mit dem sich die Seestadt seit Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Status als größter europäischer Autohafen liefert. Aber auch mit deutschen Standorten wie Emden oder Cuxhaven, wo vor allem VW und BMW ihre Export-Fahrzeuge gern verladen. Schon in der zurückliegenden Krise von 2009 waren die Auto-Hersteller eine harte Linie gefahren und hatten vom Hafen-Dienstleister BLG eine spürbare Kostensenkung verlangt. Heute wollen sie Garantien, dass eine künftig noch höhere Zahl von Autos rechtzeitig und verlässlich über Bremerhaven ins Ausland verschifft werden kann. "Könnt ihr das überhaupt?", soll angesichts der jüngsten Staus auf der Hafeneisenbahn eine oft und ernst gemeinte Frage der Konzerne gewesen sein.

Bremen ist gewillt zu reagieren. Denn bis 2025 könnte sich das Aufkommen auf 770 Güterzüge pro Woche nahezu verdoppeln. Bis 2015 geht die Hafengesellschaft bremenports im Containerumschlag mit einem jährlichen Wachstum von durchschnittlich sechs Prozent aus, danach flaut es bis 2005 etwas ab - auf immerhin noch drei Prozent. Und der Umschlag von Fahrzeugen soll bis 2025 auf bis zu 2,5 Millionen Einheiten steigen - ein Anstieg um ein Viertel gegenüber 2008. Ohne erhebliche Investitionen in die Hafeneisenbahn sei dieser anschwellende Strom nicht zu bewältigen, sagt Günthner.

Millioneninvestitionen geplant

Gerade erst vor einer Woche hat er deshalb den neuen "Masterplan Hafeneisenbahn Bremerhaven" vorgelegt. Der Bahnhof Kaiserhafen soll künftig mehr Ganzzüge abfertigen können, elektrifiziert werden und zusätzliche Abstellplätze für Rangierloks erhalten. Kosten: etwa 8,2 Millionen Euro, fällig zwischen 2012 und 2015. Für weitere 3,2 Millionen Euro soll der Rangierfunk bis 2014 modernisiert werden. Die sogenannte Vorstellgruppe Imsumer Deich soll ebenso wie der Bahnhof Speckenbüttel in Bremerhaven ausgebaut werden, Kosten und Arbeiten sind allerdings auf die Zukunft vertagt. Das Problem immerhin ist erkannt.

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