Das geplante Gesetz zum Verbot von neuen Öl- und Gasheizungen ab 2024 erzielt offenbar einen unerwünschten Effekt: Die Nachfrage nach Öl- und Gasheizungen, die eigentlich Auslaufmodelle sein sollen, ist in den vergangenen Wochen sprunghaft angestiegen. „Ich komme im Moment nicht vom Telefon weg“, sagt Uwe Asendorf, Inhaber der Sanitär- und Heizungsfirma Rudolf Redel, „wir können zurzeit keine neuen Kunden mehr annehmen.“

Auf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen sind viele Menschen im Moment nicht gut zu sprechen. "Sie haben Angst, dass ihnen ihre alte Anlage zum 1. Januar abgeschaltet wird", sagt Uwe Asendorf.
An diesem Freitag behandelt der Bundesrat das neue Gebäudeenergiegesetz aus dem Ressort von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen, das zum 1. Januar in Kraft treten soll. „Die Menschen sind in Panik. Sie haben Angst, dass ihnen ihre alte Anlage zum 1. Januar abgeschaltet wird, deshalb bestellen sie jetzt noch schnell eine neue“, sagt Asendorf, "die Politik hat das Gegenteil von dem erreicht, was sie wollte.“
Selbst Kunden, die erst vor acht oder neun Jahren eine neue Anlage eingebaut hätten, würden darüber nachdenken, diese schon wieder auszutauschen. „Das ist die Quittung dafür, dass Habeck dieses Gesetz mit der Brechstange durchsetzen will“, sagt Asendorf, dessen Mitarbeiter zurzeit jede Woche zwei bis drei neue Gasanlagen einbauen würden.
In Deutschland wird Wärme derzeit noch zu mehr als 80 Prozent mit fossilen Brennstoffen erzeugt. Von rund 41 Millionen Haushalten heize nahezu jeder zweite mit Erdgas, gefolgt von Heizöl mit knapp 25 Prozent und Fernwärme mit gut 14 Prozent. Die Heizwende ist eine gigantische Aufgabe für Hausbesitzer, Handwerk, Staat und Industrie. „Wir können 21 Millionen Heizungen sicher nicht auf einen Schlag austauschen“, sagt Hauptgeschäftsführer Markus Staudt vom Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie.
Die Bremer Handwerksbetriebe bestätigen diese Einschätzung. Die Lieferzeiten für Wärmepumpen liegt nach einer stichprobenartigen Umfrage des WESER-KURIER unter örtlichen Monteuren bei bis zu einem Jahr. Auch Ölkessel werden knapp. „Ein Hersteller hat mir gesagt, dass ich in diesem Jahr nicht mehr mit neuen Kesseln rechnen könne“, sagt Asendorf.
Der Bundesverband der Heizungsindustrie meldete am Dienstag einen Rekordabsatz von 306.500 Anlagen im ersten Quartal. Der Verkauf klimafreundlicher Wärmepumpen schoss auf 96.500 Anlagen in die Höhe, im Jahresvergleich ein Plus von 111 Prozent. Doch Gas- und Ölheizungen wurden mit insgesamt 188.500 Anlagen nach wie vor sehr viel häufiger verkauft, davon 168.000 mit Gas und 20.500 mit Öl befeuert. Ölheizungen waren in den vergangenen Jahren wenig gefragt, nun haben sich die Verkaufszahlen wie bei den Gasheizungen verdoppelt.
Für Kai Bauer ist das keine Überraschung. „Deutschland hat die Wärmepumpentechnik verschlafen, es gibt sie seit über 40 Jahren“, sagt der Geschäftsführer des Bremer Unternehmens Bauer und Söhne. Nun solle das Versäumte von jetzt auf gleich nachgeholt werden. „Ich halte das für den falschen Weg“, sagt Bauer, „ich würde mir längere Übergangszeiten wünschen.“
Das gäbe allen Beteiligten die benötigte Zeit: den Herstellern, die mit der Produktion nicht nachkämen; den Handwerksbetrieben, die im Moment „24 Stunden am Tag arbeiten könnten“; den Kunden, denen die Angst vor unüberschaubaren Investitionen genommen werde, und schließlich auch dem Staat selbst, der seine Förderung überdenken könnte.
Wärmepumpen, nach Vorstellung der Regierung die Technologie der Zukunft, sind nach einer groben Faustformel etwa dreimal so teuer wie eine fossile Heizung. Zwar kann die Anschaffung mit bis zu 40 Prozent gefördert werden. Aber ausgezahlt, sagt Bauer, werde die Förderung an den Hausbesitzer erst nach Vorlage der Schlussrechnung durch den Handwerksbetrieb. „Das heißt: Wenn ich dem Kunden 40.000 Euro in Rechnung stelle und er eine Förderung über zum Beispiel 15.000 Euro zugesagt bekommen hat, muss er diesen Beitrag zwischenfinanzieren, bis er ihn tatsächlich auf seinem Konto hat.“
Überhaupt die Kosten: „Sie können schnell in die Höhe schießen“, sagt Asendorf. Technisch, da sind sich die Experten einig, sei eine Umrüstung in den allermeisten Fällen möglich. Aber zu welchem Preis? Wenn ein Haus gleichzeitig gedämmt werden müsse und zusätzlich eine Fotovoltaikanlage installiert werden solle, rede man schnell über Investitionen von 60.000 bis 70.000 Euro und mehr. „Ich habe Kunden, die nehmen zurzeit so viel Geld in die Hand“, sagt Asendorf. Aber das könnten sich nur die wenigsten Menschen leisten.

Bei Stiebel Eltron im niedersächsischen Holzminden werden Wärmepumpen produziert. Die Nachfrage wächst so stark, dass das Unternehmen in nächster Zeit allein am Stammwerk über 800 neue Mitarbeiter einstellen will.
Zudem seien vor allem in der Stadt viele Dachflächen für eine effiziente Fotovoltaiknutzung ungeeignet, weil zu klein. „Wir haben das für Hastedt mal durchgerechnet“, sagt Asendorf, „wenn es im Winter knackig kalt wird, reicht allein die PV-Anlage zum Betrieb der Wärmepumpe in vielen Fällen nicht aus.“ Wenn fehlender Strom in solchen Fällen dann aus Kohle oder Atomkraft eingespeist werden müsse, sei das nicht im Sinne der ursprünglichen Idee, die Umwelt zu schützen.
Für große Verunsicherung sorge bei den Kunden auch die zuletzt äußerst sprunghafte Entwicklung der Strom-, Gas- und Ölpreise. „Das gleicht zurzeit einem Blick in die Glaskugel“, sagt Bauer. Die Strompreise steigen seit Jahren an. Seit 2012 hat sich laut Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft BDEW der durchschnittliche Strompreis pro Kilowattstunde für einen Haushalt von 25,89 Cent auf 46,91 Cent fast verdoppelt. Gas- und Heizölpreise, nach dem russischen Überfall auf die Ukraine zunächst ebenfalls rasant gestiegen, sinken dagegen seit Monaten wieder.
Zwar werden Öl und Gas aufgrund der CO2-Abgabe in Zukunft teurer. „Aber viele Kunden sagen trotzdem: ,Eine Öl- und Gasheizung ist für mich immer noch günstiger, zur Not regele ich steigende Preise über den Verbrauch'“, schildert Bauer. Außerdem, ergänzt Asendorf, fragten sich viele Kunden, wie die Stromversorgung in Zukunft überhaupt aussehen werde. „Die Leute fragen sich: Ist sie gesichert, wenn um 16 Uhr alle von der Arbeit nach Hause kommen, ihre Wärmepumpe anschmeißen, das Auto an die Ladestation schließen und duschen gehen?“