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Wirtschaft Bremer Firmen pflegen regen Handel mit Afrika

Bremen. Afrika gewinnt für die deutsche Wirtschaft zunehmend an Bedeutung. Nicht nur den immensen Rohstoffvorkommen gilt das Interesse, auch als Absatzmarkt wird der Kontinent interessanter. Bremer Unternehmen pflegen bereits einen regen Handel.
07.07.2011, 05:00 Uhr
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Von Sebastian Manz

Bremen. Afrika gewinnt für die deutsche Wirtschaft zunehmend an Bedeutung. Nicht nur den immensen Rohstoffvorkommen gilt das Interesse, auch als Absatzmarkt wird der Kontinent interessanter. Bundeskanzlerin Angela Merkel bereist kommende Woche mehrere afrikanische Länder mit dem Ziel, die Beziehungen zu Deutschland zu vertiefen. Eine Offensive, für die es höchste Zeit wird, wie mancher Beobachter findet.

Seit mittlerweile 20 Jahren sorgt die Bremer Reederei BOCS für regen Warenaustausch zwischen Afrika und der westlichen Welt. Mit drei eigenen Frachtern und bei Bedarf zusätzlichen Charterschiffen betreibt das Unternehmen einen Liniendienst für Stückgut-Transporte. Schwerpunktgebiet von BOCS sind Staaten in Westafrika. "In den meisten dieser Länder wird französisch gesprochen, entsprechend aktiv sind Unternehmen aus Frankreich dort - deutsche Firmen waren in der Vergangenheit fast gänzlich abwesend", sagt Anna-K. Fliege aus dem Management der Reederei. Afrika sei ein Kontinent mit viel Potenzial, viele Möglichkeiten wirtschaftlicher Aktivität blieben allerdings ungenutzt.

"Die Rahmenbedingungen sind mitunter sicherlich schwierig", gibt Fliege zu. Doch mancher westliche Unternehmer lasse sich bisweilen zu leicht abschrecken. "Es ist nicht nur möglich, langjährige und vertrauensvolle Partnerschaften aufzubauen, sondern auch äußerst bereichernd", sagt sie. Wer es verstehe, mit den verschiedenen sozialen Bedingungen und Mentalitätsunterschieden umzugehen, könne in Afrika durchaus erfolgreich sein.

In jüngster Zeit habe sich in Deutschland und Europa das Interesse an Afrika spürbar verstärkt, hat Fliege beobachtet. Unter anderem hätten die intensiven Aktivitäten Chinas bei vielen Unternehmern zu einem Umdenken geführt. Aber auch aufseiten der Afrikaner hat Fliege ein neues Selbstbewusstsein beobachtet. "Die Menschen wollen viel stärker als früher in den Welthandel miteinbezogen werden", sagt sie.

Wenn Kanzlerin Angela Merkel am kommenden Montag zu ihren Staatsbesuchen in Kenia, Angola und Nigeria aufbricht, steht die Vertiefung der Beziehungen im Mittelpunkt. Wirtschaftliche Interessen spielen bei der Reise eine erhebliche Rolle. Otto Lamotte, Präses der Bremer Handelskammer und Vize-Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), wird die Reise der Kanzlerin als Mitglied der Wirtschaftsdelegation begleiten. Seiner Meinung nach ist ein stärkeres Engagement Deutschlands in Afrika überfällig. "Es ist nicht zu spät, aber es wird jetzt höchste Zeit", sagt Lamotte. Es gebe in Europa ein erhebliches Interesse an Afrika.

Zu den klassischen Interessensgebieten der deutschen Wirtschaft zählen laut dem DIHK-Vize die immensen Rohstoffvorkommen des Kontinents. Die Globalisierung und ihre Folgen auf den Rohstoffmärkten hätten die Aufmerksamkeit in diesem Bereich geschärft. Deutschlands Konzept sehe vor, eine Win-win-Situation mit den afrikanischen Ländern zu erzielen. So soll Staaten mit Rohstoffvorkommen dabei geholfen werden, mehr Wertschöpfung mit ihren Bodenschätzen zu erzielen - etwa indem die Materialien vor Ort veredelt werden.

Fördergelder gezielter einsetzen

Aus deutscher Sicht habe dieses Prinzip den Vorteil, dass Unternehmen bedarfsgerecht vorproduzierte Rohstoffe erhalten könnten. Außerdem seien Fördergelder sehr viel gezielter als bisher einsetzbar.

Dass sich Afrikas Rohstoffreichtum nicht nur auf Erze, Diamanten und fossile Brennstoffe beschränkt, weiß man in der Bremer Zentrale von Kraft Foods nur zu gut. Der Nahrungsmittelkonzern bezieht große Mengen seiner Kakaobohnen aus Ghana und der Elfenbeinküste. Viele Kaffeebohnen, die Kraft Foods verarbeitet, stammen aus Anbaugebieten in Kamerun.

Die Konzernleitung betont, sich in Afrika stark für den nachhaltigen Anbau von Kakaobohnen einzusetzen. Ganz konkret soll etwa Kinderarbeit verhindert werden. "Nicht nur die Tatsache, dass Farmer und Pflücker auf dem Weltmarkt angemessene Preise für die Rohstoffe erhalten, wird ausbeuterische Kinderarbeit eindämmen, sondern auch intensives Monitoring und Hilfsprogramme vor Ort", sagt Unternehmenssprecherin Silke Trösch. So sei Kraft Foods etwa Gründungsmitglied der International Cocoa Initiative. Die Organisation habe das Ziel, die schlimmsten Formen von Kinder- und Zwangsarbeit zu beseitigen.

Die Initiative ist zurzeit in mehr als 240 Anbauregionen in Westafrika aktiv und erreicht laut der Kraft-Sprecherin ungefähr 615.000 Menschen. In der Organisation arbeiteten Unternehmen mit Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen vor Ort zusammen. Außerdem unterstützt der Nahrungsmittelkonzern Schulungsprogramme, die westafrikanische Bauern an nachhaltige Landwirtschaft heranführen sollen. Das Unternehmen engagiert sich darüber hinaus noch in zahlreichen weiteren Stiftungen und Organisationen, die sich bessere Arbeitsbedingungen für Bauern aber auch mehr Umweltschutz zum Ziel gesetzt haben.

Korruption immer noch ein Thema

Dass ein Unternehmen, das in Afrika aktiv ist, solche Anstrengungen unternimmt, um sein korrektes Handeln zu unterstreichen, liegt unter anderem an einem Problemfeld, das in vielen Staaten des Kontinents nach wie vor sehr präsent ist. Berichte von Misswirtschaft und Korruption schrecken gerade westliche Investoren vor einem Engagement in Afrika ab. "Von diesem Thema sind nach wie vor viele afrikanische Länder betroffen", sagt Otto Lamotte.

Es habe sich gezeigt, dass gerade auch westliche Unternehmen in Korruptionsfragen sehr sorgfältig arbeiten müssten. Deutsche Firmen, die in Afrika aktiv sind, täten gut daran, eine klaren Null-Toleranz-Politik in diesem Bereich zu praktizieren. Die Erfahrung zeige, dass Unternehmen, die diese Direktive beachteten, zwar lange brauchten, bis sie eine gute Position aufgebaut hätten. "Wenn man sie aber einmal erreicht hat, hält sie viel länger und viel besser - es zahlt sich aus, Korruption nicht zu akzeptieren", sagt Lamotte.

Seit 1988 ist der Bremer Entsorgungskonzern Nehlsen in Angola aktiv. Das Unternehmen erwirtschaftet mittlerweile Millionenumsätze in Afrika. Bei der Müllentsorgung haben viele Länder des Kontinents ebenso Nachholbedarf wie in vielen anderen Bereichen. Nehlsen-Sprecher Michael Drost: "Die Bedürfnisse sind da und werden immer mehr entdeckt."

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