Bremen. Die Bremer Holon-Bäckerei will mit verändertem Konzept im hart umkämpften Backwaren-Markt bestehen. Im vergangenen Herbst stand das Unternehmen, das vor über zwei Jahrzehnten als gemeinnütziges Projekt gestartet war, kurz vor der Insolvenz. In letzter Minute fand sich ein Investor, der bei Holon einstieg und die Firma vor dem Konkurs bewahrte. Nun will sich die Bäckerei-Kette wieder stärker auf ihre Wurzeln besinnen, um erfolgreich zu sein.
Im vergangenen Jahr hatte sich die wirtschaftliche Situation von Holon dramatisch verschlechtert. Gerüchte über einen bevorstehenden Verkauf und drohende Entlassungen machten innerhalb der Belegschaft die Runde. Nach längeren Verhandlungen gelang es der damaligen Geschäftsführung schließlich, einen Investor zu finden.
Der Geschäftsmann Asghar Rahmati stieg in das angeschlagene Bäckerei-Unternehmen ein. Der in Deutschland lebende Iraner betreibt in Hamburg ein erfolgreiches Unternehmen, das sich auf den Export medizinischen Geräts in den Nahen Osten spezialisiert hat. "Ohne dieses Engagement wäre die Firma in der Insolvenz gelandet", sagt Gerhard van der Veen, der in jenem unruhigen Herbst den Posten des Produktionsleiters antrat. Seit Februar dieses Jahres ist van der Veen auch Geschäftsführer der neu gegründeten Holon-AHR GmbH. Die alte Holon GmbH wird gerade abgewickelt. Ihr Geschäftsführer war davor entlassen worden. "Ohne Entlastung", wie van der Veen betont.
Der Bäckermeister und Betriebswirt aus Niedersachsen hat zusammen mit Investor Rahmati ein Konzept entwickelt, das die Bäckerei-Kette wieder konkurrenzfähig machen soll. Einige Filialen sind mittlerweile an Franchise-Nehmer übergeben worden. Diese Läden verkaufen zwar weiterhin Holon-Produkte, werden aber als eigenständige Betriebe geführt. Elf der ursprünglich 20 Standorte betreibt das Unternehmen weiter in Eigenregie. Entsprechend geschrumpft ist auch die Zahl der bei Holon-AHR angestellten Mitarbeiter von ursprünglich 80 auf jetzt 60 Beschäftigte.
Um die Philosophie der Bäckerei-Kette zu verstehen, muss man ihre Geschichte kennen. Das Wort Holon kommt aus dem Griechischen und bedeutet Ganzheitlichkeit. Dieses Prinzip hatte sich der Bremer Sozialwissenschaftler Peter Zühlke zum Ziel gesetzt, als er die Bäckerei im Jahr 1989 in Walle gründete. Der Betrieb startete als Sozialprojekt, um jungen Menschen mit geringen Ausbildungschancen eine berufliche Perspektive zu bieten. Gleichzeitig setzte das Unternehmen auf das Konzept, Bio-Erzeugnisse zu erschwinglichen Preisen zu produzieren. Aus dem Projekt erwuchs über die Jahre ein leistungsstarkes Unternehmen. Die Produktionsstätte in Walle stieß an ihre Grenzen und Holon verlegte seine Zentrale in die Häschenstraße in der Neustadt.
Die heutige Holon-AHR GmbH ist ein reines Wirtschaftsunternehmen. "Trotzdem haben wir aus unserer Geschichte heraus einen gewissen Anspruch an uns selbst", sagt Gerhard van der Veen. Zwar herrsche schon seit Jahren nicht mehr die einstige Prämisse eines selbstverwalteten und basisdemokratischen Unternehmens, auf flache Hierarchien lege man aber großen Wert. Auch Holon-Gründer Peter Zühlke ist heute noch als Berater für das Unternehmen tätig.
Die Bio-Orientierung von Holon soll nach dem Willen der neuen Geschäftsleitung noch einmal deutlich gesteigert werden. "Die Anbieterdichte ist in unserer Branche so riesig, dass man eine Nische braucht, um zu überleben - unsere heißt Bio auf höchsten Niveau", sagt Gerhard van der Veen. Bislang hat das Unternehmen all seine Brote und viele seiner Brötchen nach den Richtlinien des EU-Bio-Siegels gebacken. Ab sofort gelten für die meisten Produkte die deutlich strengeren Vorschriften des Bioland-Siegels. "Das bedeutet, dass bis auf wenige Ausnahmen sämtliche Rohstoffe deutsche Herkunft haben müssen", erklärt van der Veen. Außerdem seien gewisse Bestandteile wie etwa Enzyme gänzlich verboten.
Um den Neustart auch optisch zu unterstreichen, wendet sich Holon seit einigen Tagen mit einer Werbekampagne an die Kunden. Sie soll die Menschen, die hinter den Produkten stehen, stärker in den Fokus rücken.
Nach den Unsicherheiten des vergangenen Jahres will Holon wieder eine wichtige Rolle im Bremer Bäckerei-Geschäft spielen. Die gerade eröffnete Filiale in der Mathildenstraße soll dabei nur ein erster Schritt gewesen sein. "Wir wollen weiter expandieren", sagt Gerhard van der Veen.