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Ein Jahr Biosprit Bremer immer noch verunsichert wegen E10

Bremen. Seit gut einem Jahr kann in Deutschland der Bio-Kraftstoff E10 getankt werden. Laut ADAC Bremen macht das jedoch nur jeder fünfte Autofahrer. Dabei ist der Biosprit an vielen Tankstellen erhältlich.
21.02.2012, 14:55 Uhr
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Von Anne-Christin Klare

Bremen. Seit gut einem Jahr kann in Deutschland der Bio-Kraftstoff E10 getankt werden. Laut ADAC Bremen macht das jedoch nur jeder fünfte Autofahrer. Dabei ist der Biosprit an vielen Tankstellen erhältlich.

Den Biosprit E10 gibt es in Bremen mittlerweile an fast jeder Tankstelle. Noch im September des vergangenen Jahres war dies nicht der Fall. Eine flächendeckende Einführung war bis zu diesem Zeitpunkt nur in Süddeutschland gelungen.  Doch trotz der Nachrüstung in Norddeutschland nehmen viele Verbraucher E10 immer noch nicht an. „Die Situation hatsich seither nicht stark verändert“, sagt Nils Linge vom ADAC Weser-Ems.

Von 90 Prozent der Autofahrer, die den neuen Bio-Kraftstoff nutzen könnten, tanken bundesweit gerade mal 20 Prozent E10. Das bestätigt auch eine aktuelle Umfrage des Magazins Autoscout24. Auch hier gab nur jeder fünfte Befragte an, E10 zu nutzen. Rund 45 Prozent der Befragten halten herkömmlichen Sprit für effizienter. 21 Prozent fürchten einen Motorschaden und acht Prozent gaben an, dass ihr Auto kein E10 verträgt. „Viele Verbraucher sind verunsichert“, weiß auch Linge. Nach wie vor vermisst er eine verbraucherfreundliche Informationspolitik. Dabei sieht er vor allem Mineralölkonzerne, Tankstellen und Automobilhersteller in der Pflicht. Kleine Zettel an den Tanksäulen, die über E10 aufklären, oder Hinweise auf den Websites der Automobilhersteller seien zu wenig. „Es fehlen klare Marketingstrategien“, kritisiert Linge. „Andere Kraftstoffe werden schließlich auch aufwändig beworben. E10 wird dabei eher stiefmütterlich behandelt.“ Eine Erklärung dafür hat Linge jedoch nicht.

Karin Retzlaff, Pressesprecherin des Mineralölwirtschaftsverbands (MWV), weist die Vorwürfe des ADAC zurück. „Zunächst hatten wir mit E10 Anlaufschwierigkeiten, aber der Absatz steigt.“ Der Bio-Kraftstoff hatte im vergangenen Jahr einen Anteil von rund zehn Prozent am getankten Benzin. Im Januar sei der Anteil schon auf 11,8 Prozent angestiegen. „Natürlich informieren wir unsere Kunden über E10“, sagt Retzlaff. Für großangelegte Werbekampagnen seien die Biokraftstoffhersteller verantwortlich, schließlich würden diese das Ethanol für den Biosprit produzieren. Die Kraftstoffunternehmen würden in erster Linie für Sonderkraftstoffe werben, die sie selbst entwickelt haben.

"Umweltschutz kostet Geld"

Jährlich müssen die Konzerne mindestens 6,25 Prozent des gesamten verkauften Kraftstoffes - gemessen am Energiegehalt - aus pflanzlicher Produktion gewinnen, sonst drohen der Branche hohe Strafen. So schreibt es die gesetzliche Biospritquote vor. Jeder statt E10 verkaufte Liter Super-Benzin mit einem Anteil von fünf Prozent Ethanol schlägt laut MWV mit zwei Cent Strafe zu Buche. „Die Kosten werden möglicherweise schon jetzt an den Kunden weitergeben“, sagt Linge. „Das was die Mineralölkonzerne verbockt haben, muss der Kunde ausbaden.“

Retzlaff weist auch das entschieden zurück: „Es gibt unterschiedliche Maßnahmen, um die Biospritquote zu erfüllen“, sagt sie. „Aber alle Maßnahmen kosten Geld. Um E10 anbieten zu können, musste erheblich investiert werden.“ Umweltschutz koste nun mal Geld.

Doch wie viel Bio steckt eigentlich im E10? Eine aktuelle Untersuchung der EU-Kommission stellt den Klimanutzen des Biosprits, der aus Raps, Palmöl oder Soja gewonnen wird, erneut infrage. Nur Biokraftstoffe aus Zuckerrohr, Zuckerrüben oder Mais schneiden klar besser ab als herkömmliche Kraftstoffe. In der Studie wurden auch indirekte Folgen für die Ökobilanz berücksichtigt. Dabei geht es zum Beispiel darum, dass Regenwaldflächen brandgerodet werden, um dort Pflanzen zur Biokraftstoffproduktion anzubauen.

Aber: Hierzulande und in der EU dürfen ohnehin nur Biokraftstoffe verwendet werden, die strenge Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Sie müssen nach Angaben des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) in Deutschland mindestens 35 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als fossile Kraftstoffe - vom Pflanzenanbau auf dem Acker über Düngung, Transporte und Produktion des Kraftstoffs. Für den Anbau dürfen weder Regenwälder noch Torfmoore oder sonstige schützenswerte Flächen genutzt werden. Daher betreffen einige Annahmen wohl eher die außereuropäische Biokraftstoffproduktion, vermuten Branchenexperten.

„Beim E10 fehlt die Transparenz“, sagt ADAC-Mann Linge. Wie ökologisch E10 tatsächlich sei, woher es komme und wie groß der CO2-Ausstoß bei der Herstellung sei - Linge weiß es nicht. „Es ist wie beim Strom: Man weiß nie genau, was man anzapft.“ (Mit Material von dpa)

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