Herr Professor Burmann, sehen Sie in der Insolvenz eine Chance für die Kaufhauskette?
Christoph Burmann: Ich würde gerne eine Chance sehen, weil mir gerade auch der Karstadt-Standort in Bremen am Herzen liegt. Nur dass sich aus der erneuten Insolvenz etwas Positives entwickeln kann, schließe ich aus. Ich denke, Galeria Karstadt Kaufhof hat keine Zukunft.
Könnte denn zumindest der Standort in Bremen als solcher eine Zukunft haben?
Das auf jeden Fall. Für eine andere kreative Nutzung bietet der Standort beziehungsweise die Immobilie an der Obernstraße sicherlich sehr gute Voraussetzungen. Nur würde das nichts mehr mit Karstadt zu tun haben, und den jetzigen Beschäftigten würde es auch nicht helfen.
Warum glauben Sie nicht daran, dass sich ein neuer Investor für die Kaufhauskette finden lässt?
Das liegt an der Branche. Der immense Investitionsstau, der sich über Jahrzehnte aufgebaut hat, ist nicht der Grund. Der wäre kein Problem, wenn der Investor überzeugt wäre, dass seine Investition später eine ordentliche Rendite abwirft. Nur ist die in dieser Branche nicht zu erzielen. Der stationäre Einzelhandel hat im vergangenen Jahr drei bis vier Prozent an realem Umsatz verloren. Die Branche kämpft und Warenhäuser insbesondere. Bei Galeria Karstadt Kaufhof kommt einfach auch erschwerend hinzu, dass die Warenhauskette seit 40 Jahren einen Rückwärtsgang eingelegt hat. Alle wichtigen betrieblichen Kennzahlen sind von diesem Prozess negativ betroffen.
Warum funktioniert das klassische Warenhausmodell nicht mehr?
Beim Versorgungskauf, also wenn ich etwa dringend eine neue Anzugshose benötige, dann geht es mal eben ins Kaufhaus. Nur ist das die Ausnahme. Der normale Kunde schlendert und will inspiriert werden – dann kauft er vielleicht auch etwas, was er gar nicht unbedingt geplant hatte. Inspiriert wird er durch eine tolle Atmosphäre, die beispielsweise ein durchdachtes Beleuchtungskonzept, angenehme Hintergrundmusik, eine perfekte Warenpräsentation und interessante Aktionen beinhaltet. Der Kunde möchte etwas erleben, was er woanders nicht erleben kann. Das sind Dinge, die man bei Galeria Karstadt Kaufhof nicht findet. Und dabei hat der Bremer Standort im Vergleich noch gut performt. In einer kleinen oder mittelgroßen Stadt sehen diese Warenhäuser ganz, ganz traurig aus.
Ist diese dritte Insolvenz eine Überraschung für Sie?
Nein, auf keinen Fall. Dahinter steckt eine jahrzehntelange negative Entwicklung. Das zeichnete sich ab. Verantwortlich dafür ist ein absolutes Missmanagement. Hinzugekommen ist, dass den Investoren beziehungsweise Eigentümern zuletzt und davor das Unternehmen völlig egal war.
Warum gibt es vereinzelt Warenhäuser, die funktionieren?
Nehmen wir mal Harrods in London oder das KaDeWe in Berlin. Das sind Warenhäuser, die es verstanden haben, ein einmaliges Einkaufserlebnis zu erschaffen. Solche Häuser wird es auch weiterhin geben. Und Häuser haben meistens dann auch eine Chance, wenn dahinter Familien stehen, so wie bei Dodenhof in Posthausen. Wenn es da in einem Bereich nicht funktioniert, dann sucht man nach den Ursachen und reagiert entsprechend darauf – und zwar sofort.