Bremen. Zum ersten Mal seit Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) 1949 wird es zum Tag der Arbeit am ersten Mai keine Kundgebung geben. Die Entscheidung dazu haben die Gewerkschafter bereits im Februar beschlossen, wie die Bremer DGB-Vorsitzende Annette Düring sagte: „Da geht die Rücksicht gegenüber den Kolleginnen und Kollegen sowie der Arbeitsschutz vor.“ Und eine Kundgebung mit höchstens 50 Personen wollte man sein lassen angesichts von normalerweise bis zu 5000 Teilnehmern in Bremen.
Freies Bündnis lädt zu Brücken-Aktion
Allerdings gibt es ein anderes freies Bündnis, das ab 15 Uhr auf der Wilhelm-Kaisen-Brücke am Freitag, den 1. Mai, eine Abstandskette bilden will. Mit einer Distanz von zwei Metern zwischen jedem Teilnehmer soll aber jeder Schilder und Transparente mit Forderungen mitbringen, Flugblätter allerdings nicht. Die Linke verbreitet diesen Termin, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass sie nicht Initiator dieser Aktion ist.
Der DGB setzt in diesem Jahr auf eine Maikundgebung im Internet. Die ist am Freitag ab 11 Uhr unter dem Motto „Solidarisch ist man nicht allein“ auf der Internetseite www.dgb/erstermai zu sehen - unter anderem mit Musikauftritten von Heinz Rudolf Kunze, Konstantin Wecker oder auch der Band Mia. Diese Kundgebung wollen am Freitag auch die Bremer Geschäftsführer der dem DGB angeschlossenen Gewerkschaften anschauen. Momentan sehen sie die Arbeitgeber in der Pflicht, ihre Beschäftigten vor Covid19-Infektionen in den Unternehmen effektiv zu schützen und entsprechende Investitionen in den Gesundheitsschutz zu tätigen. „Arbeitsschutz gibt es nicht erst seit der Corona-Pandemie“, ergänzte die DGB-Vorsitzende Annette Düring. Dazu weiß Christian Wechselbaum, Regionalleiter der IG Bau Weser-Ems, zu berichten: „Zumindest fahren bei vielen Baustellen die Mitarbeiter nicht mehr gemeinsam in einem Auto dorthin. Auf der Baustelle selbst wird aber oft weiter ohne Mundschutz gearbeitet, Möglichkeiten zum Händewaschen sind Fehlanzeige.“ Ebenso machte Wechselbaum auf die Gebäudereiniger aufmerksam, die in Krankenhäusern putzen, aber nicht als systemrelevant eingestuft werden und deshalb für die Kinder keine Betreuung erhalten.
Gastgewerbe fühlt sich verschaukelt
Der Bremer Geschäftsführer der Gewerkschaft NGG, Dieter Nickel, machte darauf aufmerksam, dass viele Mitarbeiter im Gastgewerbe nicht wissen, wie sie von ihrem Kurzarbeitergeld Miete und Rechnungen zahlen sollen: „Eine Erhöhung bei längerer Kurzarbeit kommt für die allermeisten viel zu spät, Privatverschuldung und private Insolvenzen unserer Kolleginnen und Kollegen werden steigen. Sie fühlen sich durch die Beschlüsse der Regierung verschaukelt, hier muss dringend nachgebessert werden.“
Der Geschäftsführer der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Markus Westermann, äußerte sich: „Die systemrelevanten Berufe haben in den letzten Wochen viel Aufmerksamkeit bekommen. Doch leider fehlt bei den Arbeitgebern noch die Einsicht, dass die Beschäftigten auf Dauer mehr verdienen müssen.“ Mit dem Blick auf die kommenden Monate sagte die Bremer IG-Metall-Geschäftsführerin Ute Buggeln: „Wir müssen uns auch auf Insolvenzen einstellen.“ Vor welchem Problem auch immer die Betriebe stehen, die Gewerkschaft würde über die Betriebsräte als Sozialpartner zusammen mit den Unternehmen nach einer Lösung suchen.
Annette Düring erwartet von den Betrieben, dieses Ausbildungsjahr nicht ausfallen zu lassen. Die Gespräche für eine neue Bremer Vereinbarung laufen übrigens weiter.