Ob nun für eine Hochzeit oder ein Seminar: Das Online-Portal Raumperle.de ist für all jene gedacht, die auf der Suche nach besonderen Räumen sind - oder diese anbieten.
Tascha Schnitzler ist keine, die sich hinter Ausreden versteckt. Die 35-Jährige hat zum Beispiel Höhenangst – und geht klettern, um sie zu überwinden. Sie hat in Peterswerder gewohnt, aber vor zwei Jahren ein Altbremer Haus in Gröpelingen gekauft – einfach, weil „irgendjemand ja damit anfangen muss“. Und sie hat ihren Job als Geschäftsstellenleiterin von Bremen Digitalmedia aufgegeben, um sich mit ihrem eigenen Start-up selbstständig zu machen: Raumperle, einem Online-Portal für alle, die besondere Räume suchen oder anbieten.
114 Angebote sind derzeit auf Raumperle.de gelistet, von Partykellern über Seminarräume bis hin zu Hochzeitssälen und Pop-up-Stores. „Gleich kommen noch neun dazu“, sagt Schnitzler mit Blick auf die Uhr. Sie sitzt im Café Hafenbrise im Schuppen 1, lässt den Blick zum gläsernen Büro von Team Neusta schweifen. Als Teil der Start-up-Initiative der Gruppe hat sie ihren Schreibtisch dort; erhält außerdem finanzielle und fachliche Unterstützung von den IT-Experten. Sie haben ihr auch bei der Umsetzung der Website geholfen.
Auf Raumperle.de können Nutzer anhand einer Stadtkarte oder Angaben zu Kapazität, Mietkosten, technischer Ausstattung, Nutzungsmöglichkeiten und vielem mehr den Raum finden, den sie für ihren Anlass suchen. Darunter sind etwa die Samoa-Lagune im Klimahaus Bremerhaven, das Papp-Café in der Neustadt und der Gertrudenhof in Bremen-Mitte – immer präsentiert mit großen Bildern, einem kurzen Text und dem jeweiligen Mietpreis. Unter vielen bekannteren Locations finden sich auch einige ungewöhnliche Räume. Oder wie Tascha Schnitzler sagt: „Echte Raumperlen.“
Raumperle.de dient lediglich der Präsentation
Das sei auch die Idee, sagt die Gründerin. „Ich wollte eine Plattform schaffen, auf der jede Art von Raum angeboten werden kann.“ Oft sei das Problem, dass Firmen, Gastronomie oder andere Anbieter über Räume verfügten, die theoretisch vermietet werden könnten – dann aber ungenutzt blieben. Das habe meist zwei Gründe: „Entweder, die Anbieter haben es bislang zeitlich nicht geschafft, ihre Räume zu bewerben, oder das Angebot ist nicht sichtbar genug.“ Zum Beispiel, wenn es nur auf einer Unterseite im Netz in einem Nebensatz erwähnt wird. Suchmaschinen können diese dann nur schlecht auslesen, oder das Angebot landet weit abgeschlagen im Seiten-Ranking. „Da ist Google eigentlich ein schlechter Berater – wird aber trotzdem von vielen genutzt.“ Mit ihrem Start-up möchte die Existenzgründerin auch kleinen Anbietern ermöglichen, ihre Räume zu vermarkten und Kosten durch Leerstand zu vermeiden.
Das Prinzip ist simpel: Wer bei Raumperle.de auftauchen möchte, muss ein Inserat mit einjähriger Laufzeit schalten, das monatlich 16,50 Euro netto kostet, in den ersten drei Monaten aber gratis ist. Die Inhalte dafür – also Text und bis zu 20 Bilder pro Anzeige – liefern die Raumvermieter in der Regel selbst. „Wir greifen dabei aber auch unter die Arme“, sagt Schnitzler. Außerdem bietet sie mit ihrem Team auch kostenfreie Beratung zu Vermarktungsmöglichkeiten an. Der Kontakt zwischen Anbietern und Mietinteressenten kommt dann direkt zustande – Raumperle dient also lediglich zur Präsentation der Räume und erhält auch keine Provision. „Das ist ein reines Abo-Modell, da gibt es keine versteckten Kosten für die Vermieter“, sagt die Gründerin. Raumsuchende nutzen den Service kostenlos.
Auf die Idee kam die 35-Jährige vor sieben Jahren, weil sie ständig von Freunden und beruflichen Kontakten nach Tipps zu schönen Locations gefragt wurde. Als sie dann für ihre eigene Hochzeit auf der Suche war, merkte sie selbst, wie schwierig es ist, etwas zu finden. „Ich wollte in der Nähe von Köln heiraten und habe mich dumm und dusselig gesucht“, erinnert sich Schnitzler. „Am Ende habe ich bei der Gemeindeverwaltung angerufen und mich dort durchgefragt.“ Mit der Zeit wurde ihr bewusst: „Jeder kennt das Problem, aber alle verlassen sich darauf, dass schon irgendwer kommen und eine Lösung entwickeln wird.“
Geschäftsmodell soll möglichst schnell ausgeweitet werden
Tascha Schnitzler, die bereits einige Jahre im Management für Medien- und Kulturprojekte gearbeitet hat und zu dem Zeitpunkt beim Bremer Interessenverband Digitalmedia die Geschäftsstelle leitete, fasste daraufhin einen Entschluss: „Ich dachte mir: Scheiß drauf, ich mach’s jetzt einfach selbst.“ Schnitzler schrieb einen Businessplan, suchte sich für ihr Projekt Partner und Mitstreiterinnen und legte schließlich los. Eine Entscheidung, an der ihr dreijähriges Kind nicht ganz unbeteiligt war. „Nach der Geburt habe ich mir gesagt: Ich will mutiger werden. Ich will die Dinge machen, auf die ich Bock habe.“ Und auf Raumperle hatte sie richtig Bock.
Also startete sie Mitte 2016 ihre Website – und klappert seitdem mit ihrem dreiköpfigen Teams potenzielle Vermieter in Bremen und Umgebung ab. Die Anbieter von der Idee zu überzeugen, sei nicht immer einfach, gibt Tascha Schnitzler zu. „Manche reagieren skeptisch. Aber diejenigen, die schon dabei sind, sind wirklich begeistert.“ Weil immer mehr Anfragen von Vermietern auch aus anderen Teilen Deutschlands kommen, will die Gründerin das Geschäftsmodell möglichst schnell ausweiten. „Als nächstes nehmen wir uns Norddeutschland vor.“ So sollen Hamburg und Hannover noch in diesem Jahr folgen. „Und dann bewegen wir uns immer weiter Richtung Süden.“ Die gebürtig aus Köln stammende Wahlbremerin hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. „In fünf Jahren möchte ich 10000 Räume auf Raumperle versammelt haben.“
Künftig könnte es auf der Plattform auch um mehr als die Präsentation von Mieträumen gehen. „Ich könnte mir vorstellen, dass wir auch zusätzliche Leistungen anbieten – etwa die Kontaktdaten zu Teamevent-Anbietern, Floristen oder Caterern verlinken, die man dann zu dem Raum buchen kann“, sagt Schnitzler. So könnten sich Kunden direkt ihr Komplettpaket für Veranstaltungen schnüren. Tatsächlich sucht ein Großteil der derzeitigen Nutzer kleine Partylocations oder schöne Plätze für die Hochzeit. Mehr als 150 Interessierte besuchen die Website derzeit jeden Tag, im Schnitt klicken sie auf Raumperle.de durch acht bis neun Seiten. „Das sind für den Start schon sehr gute Zahlen“, sagt Schnitzler, die ihr Startup erst seit Anfang des Jahres offensiver bewirbt.
Auf der Suche nach Investoren
Um noch mehr Nutzer auf die Seite zu locken, will die Gründerin auch Infos zu der jeweiligen Umgebung der Mieträume einbinden. So gibt es bereits eine Kooperation mit dem Neustadt-Stadtteilmanagement, weitere – etwa mit Touristikverbänden und Wirtschaftsförderungen in den jeweiligen Städten – sollen folgen. „Das wäre dann ein Alleinstellungsmerkmal und gleichzeitig echter Mehrwert für den Nutzer.“
Um ihrer Vision näher kommen zu können, braucht Schnitzler jedoch noch etwas anderes: Investoren. Da die Projektförderzeit durch Neusta begrenzt ist, sucht sie derzeit nach Geldgebern, die in Raumperle investieren wollen. „Aber ich bin da sehr zuversichtlich, die ersten Interessenten haben sich schon gemeldet“, sagt Schnitzler.
Für die studierte Kulturwissenschaftlerin, die eigentlich mal Innenarchitektin oder Schauspielerin oder Bühnenbauerin werden wollte, ist es eine spannende Phase. „Ich habe gerade sehr viel Spaß daran, dass sich immer wieder etwas Neues ergibt“, sagt Schnitzler. „Man geht immer weiter, Türen schließen sich, Türen öffnen sich.“ Türen, die sie nicht nur zu neuen Objekten führen, die sie mit ihrem Startup präsentieren kann. Sondern auch den Raum ausmachen, in dem sie sich als Gründerin kreativ austoben kann.