Im April hatte eine Tochtergesellschaft des Bremer Schifffahrtunternehmens Zeaborn, das zum Bremer Kaufmann Kurt Zech gehört, bereits den Geschäftsbetrieb der Hamburger Rickmers-Linie übernommen. Jetzt hat Zeaborn für den Liniendienst auch noch die passenden Schiffe gekauft: von der sich in der Insolvenz befindenden Rickmers Holding.
Die fünf sogenannten Superflex-Frachter sind allesamt Schwesterschiffe der bereits im April übernommenen „Rickmers Hamburg“ und fahren im Liniendienst der Rickmers Linie. Über den Kaufpreis haben die Parteien Stillschweigen vereinbart.
Konkret handelt es sich um die „Rickmers Singapore“, „Rickmers Jakarta“, „Rickmers New Orleans“, „Rickmers Seoul“ und „Rickmers Dalian“, teilte das Unternehmen mit. Laut dem Fachmagazin „Hansa“ sind die Schiffe im Vessels-Value-Portal mit Marktwerten von jeweils gut sechs Millionen Dollar gelistet, was einem Gesamtpreis von etwa 30 Millionen US-Dollar (25,4 Millionen Euro) entspräche – sollte es keine weiteren Abschläge gegeben haben.
Unabhängigkeit von Fremdtonnage
Die 30.000-Tonner wurden 2003 und 2004 bei Jinling Shipyard Jiangsu, Xiamen Shipbuilding und Shanghai Shipyard in China gebaut. Sie verfügen jeweils über vier Kräne mit einer kombinierten Hubkapazität von 640 Tonnen und sind mit Zwischendecks ausgestattet.
Der Kauf der fünf Schiffe sei nicht nur ein weiteres Bekenntnis zum Ausbau der Rickmers-Linie, sondern dieses Geschäft sorge darüber hinaus für die Unabhängigkeit von Fremdtonnage, sagt Ove Meyer, geschäftsführender Gesellschafter von Zeaborn. „Mit dem Eigentum an den in der Rickmers-Line fahrenden Schiffen können wir für unsere Kunden nachhaltig den Liniendienst im Round-The-World Pearl String sicherstellen.“
Die Akquisition der fünf Superflex Heavy-Lift-Schiffe untermauere das Bekenntnis für den Liniendienst, in dem Kontinuität und Zuverlässigkeit der Schlüssel zum Erfolg sei, sagt auch Ulrich Ulrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Rickmers-Linie. "Die Verfügbarkeit geeigneter Tonnage ist nun mit der Transaktion gesichert.“
Flotte von 50 Schiffen
Zusammen verfügen die Gesellschaften unter dem Dach von Zeaborn über ein weltweites Team von fast 200 Mitarbeitern und eine kombinierte Flotte von gut 50 Mehrzweckschiffen mit Tragfähigkeiten zwischen 7500 und 30.000 Tonnen, bei einer kombinierten Hebekapazität von bis zu 700 Tonnen. Sechs Schwergutfrachter davon sind nun insgesamt im Eigentum von Zeaborn.
Mit dem Kauf der Schiffe kommt Zeaborn nun doch noch zu seinen eigenen Schiffen, und zwar noch günstiger als einst vorgesehen. Denn ursprünglich hatte das Unternehmen, das erst 2014 gegründet wurde, zehn Mehrzweckschiffe mit einem Investitionsvolumen über etwa 200 Millionen Euro bestellt.
Aus dem Geschäft wurde nichts: Ende 2016 hatte Zeaborn nach eigenen Angaben eine Verspätung beim Bau der 12.500-Tonnen-Frachter zum Anlass genommen, den Auftrag bei der chinesischen Werft Taizhou Sanfu zurückzuziehen – trotz des extrem günstigen Preises, wie Zeaborn selber diese Bestellung 2014 bezeichnete.
Verwunderung in der Szene
Dass überhaupt eine neue Reederei mitten in der seit 2008 anhaltenden Schifffahrtskrise gegründet wurde, hatte damals in der Szene für Verwunderung gesorgt. Immerhin war zwei Jahre zuvor die Bremer Schwergutreederei Beluga untergegangen.
Aber das antizyklische Verhalten hat sich offenbar ausgezahlt.Inzwischen gehört Zeaborn zu den weltweit größten Reedereien, die im Segment Schwergut unterwegs sind. Es gab aber schon damals Experten, die für eine neue Schwergutreederei durchaus Marktchancen sahen.
Die Preise für Neubauten seien noch niedrig und eine Nachfrage nach Schwertransporten auf See durchaus vorhanden, hatte Burkhard Lemper, Direktor des Bremer Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL), damals auf Nachfrage des WESER-KURIER zur Gründung von Zeaborn gesagt. Laut Lemper waren zu der Zeit etwa 500 dieser Schwergutschiffe weltweit unterwegs.
Voll von der Schifffahrtskrise erwischt
Die erzielbaren Frachtraten seien offenbar im Schnitt auskömmlich. Dennoch sei auch das Projektladungsgeschäft in der Wirtschaftskrise deutlich zurückgegangen. Nach Lempers Einschätzung gab es damals trotz einer relativ guten Auslastung noch freie Kapazitäten. Die globale Schwerlastflotte sei relativ jung, ein entsprechendes Schiff könnte 25 bis 30 Jahre fahren.
Dass unter diesen Voraussetzungen auf der anderen Seite ein Unternehmen wie die Rickmers Holding in die Insolvenz geht, lässt sich vor allem auch dadurch erklären, dass die Reederei voll von der Schifffahrtskrise erwischt wurde: Was die Rickmers Holding für die Schiffe, die jetzt Zeaborn erworben hat, einst bezahlt hat, ist zwar nicht bekannt.
Aber eines ist klar: Es wird ein Vielfaches gewesen sein. Die Branche boomte damals, jeder wollte Schiffe haben, um noch mehr vom globalen Wachstum abzubekommen – und so eine Nachfrage wirkt sich natürlich auf den Preis aus.
HSH-Nordbank lehnte Rettungskonzept ab
Wie bei einigen anderen Reedereien sorgten diese Investitionen von einst in den folgenden Jahren auch bei der Rickmers Holding für erhebliche Belastungen, die aufgrund von zurückgehender Nachfrage im Projektgeschäft und damit verbundenen niedrigeren Frachtraten das Ende bedeuteten: Tausende Anleger hatten bei Rickmers Anleihen im Volumen von 275 Millionen Euro zu einem beachtlichen Zins von 8,875 Prozent gezeichnet.
Im Juni dieses Jahres konnte Rickmers die fällige Zinszahlung in Höhe von etwa 24 Millionen Euro nicht mehr zahlen. Ein Rettungskonzept lehnte die HSH-Nordbank ab. Ungeachtet solcher Entwicklungen will Zeaborn weiter wachsen: So will das Unternehmen mittelfristig nach eigenen Angaben eine Zahl von 90 bis 100 Schiffen im Management erreichen.