Seit Jahren verlieren die bremischen Häfen Ladung an die Konkurrenzhäfen Rotterdam in den Niederlanden sowie an die belgischen Standorte Antwerpen und Zeebrugge. Das liegt aus Sicht der CDU-Bürgerschaftsfraktion vor allem daran, dass insbesondere in Bremerhaven Entwicklungen in den Bereichen Digitalisierung und Automatisierung verschlafen worden sind. Außerdem erwartet die CDU-Fraktion ein deutliches Bekenntnis von der rot-grün-roten Regierungskoalition zum Ausbau der Außenweser-Vertiefung. In welche Bereiche investiert werden soll, hat die CDU-Fraktion in einem Positionspapier an diesem Montag vorgestellt. Kritik gab es am Umgang mit der stadteigenen Logistik-Group BLG.
Es sei kein Widerspruch, dass das Häfenressort zusammen mit Wirtschaft und Politik derzeit an der Weiterentwicklung des Hafenkonzeptes arbeite, so der CDU-Fraktionsvorsitzende Heiko Strohmann: Die Erfahrung habe gezeigt, dass dieses Konzept von der Ausrichtung her zwar die richtigen Themen beinhalte, aber bis auf weitere Arbeitsaufträge keine konkreten Maßnahmen in Gang setze. "Das wollen wir mit unserem Positionspapier ändern, wir stellen unsere Vorschläge zur Diskussion und hoffen, dass sie sich im Hafenkonzept wiederfinden." Die Regierung von Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) verschließe davor die Augen, dass "unsere Häfen mittlerweile bei der Digitalisierung und Automatisierung um fünf bis zehn Jahre hinter den Konkurrenzhäfen zurückliegen und wir deshalb Ladung verlieren". Das habe eine Studie aufgezeigt, die im Auftrag der stadtbremischen Hafenmanagementgesellschaft Bremenports erstellt worden sei.
"Unsere Empfehlungen fußen auf einer soliden Stärken-Schwächen-Analyse", sagte Susanne Grobien, hafenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. Zur Wahrheit gehöre dabei, dass der Seehandel ohne eine Vertiefung der Außenweser an Bremerhaven vorbeigehen werde. "Die Standard-Containerschiffe auf den Weltmeeren werden in absehbarer Zeit einen Tiefgang von 13,5 Metern haben." Wer diesen Standard nicht tideunabhängig abfertigen könne, der werde seine Funktion als Überseehafen verlieren. Bremen entscheide nicht alleine über die Weservertiefung, aber es habe in der Vergangenheit immer wieder Initiativen seitens der Regierungskoalition gegeben, das Projekt zu verlangsamen. "Das ist nicht hilfreich."
Digitales Buchungsverfahren für Lkw
Was unter anderem umgesetzt werden müsse, sei beispielsweise ein digitales Slot-Buchungsverfahren für Lkw, die die Autoterminals in der Seestadt ansteuern, sagte Thorsten Raschen, im Landeshafenausschuss Mitglied für Bremerhaven. "Dass das kein Hexenwerk ist, hat Hamburg eindrucksvoll bewiesen." Zusammen mit ausreichenden Vorstellflächen könnten Lkw-Staus vermieden werden. "Für diesen digitalen Check-in schlagen wir Flächen südlich von Ikea an der Autobahn vor, die von den Gemeinden Loxstedt und Bremerhaven zusammen entwickelt werden könnten." Raschen erinnerte zudem daran, dass die Hinterlandanbindungen per Schiene und auf der Straße verbessert werden müssten, um Vorteile der Häfen Rotterdam, Antwerpen und Zeebrugge wettzumachen: Die Küstenautobahn A 20 müsse kommen und endlich auch der Ringschluss der A 281 sowie das dritte Gleis in Bremen.
Strategische Hafenentwicklung lasse sich vom Senat nicht ausschließlich auf die Umschlagsunternehmen und die Privatwirtschaft delegieren, so Strohmann. "So haben sich beispielsweise die BLG und ihre Tochterunternehmen in der Vergangenheit im Hinblick auf Neuerungen und Innovationen im Bereich Automobilumschlag nicht immer agil gezeigt." Auch wenn der Senat keinen direkten Einfluss auf die operative Geschäftsführung der BLG Logistics Group AG habe, so könne und müsse man von den Vertretern einer 100-prozentigen städtischen Anteilseignerin erwarten, "dass sie im Aufsichtsrat mehr Interesse und Engagement für die standortrelevante Entwicklung, Ausrichtung und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zeigen".
Terminalautomatisierung
Ein anderes Beispiel, wo Bremerhaven aus Sicht der CDU-Fraktion enormen Nachholbedarf hat, ist die Terminalautomatisierung: Weltweit seien inzwischen etwa Containerterminals voll- beziehungsweise teilautomatisiert – etwa die vollautomatisierten Terminals Altenwerder in Hamburg und Massvlakte II in Rotterdam. In Bremerhaven erfolgte der Containerumschlag hingegen bis heute nicht mit automatisiertem Equipment. Dabei ließe sich die Flächennutzungsintensität, Arbeitsproduktivität und Kapazität auf den Terminals durch eine Geräteautomatisierung erheblich optimieren, so Strohmann. Auch der Automobilumschlag im Hafen, das heißt die Be- und Entladung der Autotransporter sowie die damit verbundenen Umpark-Vorgänge, erfolge in Bremerhaven nach wie vor manuell. "Dabei würden sich gerade diese Bewegungen für ein innovatives Modellprojekt zum autonomen Fahren eignen."