Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Immobilien auch in Bremen stark gefragt City-Wohnungen werden knapp

Bremen. In Hamburg gibt es bereits Warteschlangen für Wohnungsbesichtigungstermine, in Bremen ist die Lage derzeit noch entspannter, doch auch hier zeigt sich: Wohnungen in zentralen Lagen werden knapp.
12.05.2011, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Berit Waschatz

Bremen. Warteschlangen für Wohnungsbesichtigungstermine in Hamburg, eine entspanntere Lage in Bremen und Hannover - der Immobilienmarkt in Norddeutschland zeigt derzeit kein einheitliches Bild. In Bremen will der Senat jetzt für Entspannung sorgen und neue Wohnungen bauen. Wirtschaftsexperten rechnen jedoch kurz- und mittelfristig nicht mit einer Entlastung für die Verbraucher durch ein sinkendes Mietpreisniveau.

Vor allem in beliebten Wohnlagen rund um die Alster - vor allem im Westen - müssen Wohnungssuchende bei einer Besichtigung meist bis ins Treppenhaus, häufig sogar bis auf die Straße anstehen. Für den Mieterverein ist die Lage eindeutig: Es herrscht Wohnungsnot und eine angemessene Bleibe ist für viele Menschen kaum noch bezahlbar.

Etwas anders sieht die Lage auf dem Wohnungsmarkt in Bremen oder Hannover aus. "Hier ist es lange nicht so dramatisch wie in Hamburg", sagt Carsten Ens, Sprecher des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen. Zwar bekämen die Einwohner auch in Bremen, Hannover, Oldenburg oder Lüneburg nicht immer die Wohnung, die sie sich wünschten. Das gelte vor allem für Ein- und Zwei-Zimmer-Wohnungen. Zudem sei im Hannoveraner Stadtteil Nordstadt ein beginnender Wandlungsprozess zu beobachten. In dem Viertel in Universitätsnähe lebten bislang eher finanziell weniger gut betuchte Menschen. Mittlerweile gebe es dort aber zunehmend Szenekneipen und gute Restaurants. "Die Ur-Nordstädter fürchten nun, dass sie im Verdrängungswettbewerb den Kürzeren ziehen." Doch die Situation in Hamburg sei mit keiner anderen Stadt im Norden zu vergleichen.

Speziell für Bremen gilt: "Die Wohnungsknappheit in Bremen bezieht sich insbesondere auf zentralere Lagen", sagt Jens Lütjen, Geschäftsführer der Immobilienberatung Robert C. Spiess. Seit geraumer Zeit werde es dort schwieriger, Wohnraum für fünf bis sieben Euro pro Quadratmeter in einem zumutbaren Zustand zu bekommen. Mittlerweile seien zehn Euro Kaltmiete pro Quadratmeter in Bremen keine Seltenheit mehr. Auch bis zu 15 Euro pro Quadratmieter seien möglich. Das gelte aber nur für topsanierte Altbauten der Jahrhundertwende oder Neubauten in zentraler Lage. "Alles was zentrumsnah ist, ist tendenziell zu knapp bemessen." Der Grund: In der Finanzkrise seien zahlreiche Investoren von Finanzanlagen in Sachanlagen wie Wohnungen geflüchtet, die eine gute Wertprognose haben.

Kleinere Einheiten gesucht

Ähnlich sieht das Karin Liedtke. Nach Angaben der Sprecherin der Gewoba Aktiengesellschaft Wohnen und Bauen, dem größten Immobilienunternehmen im Land Bremen, zieht der Wohnungsmarkt an der Weser langsam an. "Wir haben kaum noch Leerstand." Es fehlten vor allem Ein- und Zwei-Zimmer-Wohnungen. Ursache ist hierfür unter anderem: Weil vor allem die Nebenkosten steigen und das auf den Geldbeutel drückt, ziehen viele Menschen, die sich das nicht mehr leisten können, in eine kleinere Wohnung.

In Zukunft werden es nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) vor allem auch Senioren schwer haben, eine geeignete Wohnung zu finden. "In den kommenden Jahren wird es eine extrem ansteigende Nachfrage bei altersgerechten Wohnungen geben", sagt DGfM-Vorsitzender Hans Georg Leuck. Im Jahr 2025 wird Bremen laut einer Studie mehr als 13300 und Bremerhaven nahezu 3770 seniorengerechte Wohnungen benötigen. Bis dahin werde die Zahl der Haushalte, in denen mindestens ein über Siebzigähriger lebt, insgesamt auf rund 85480 steigen. Doch nur einen Bruchteil dieser Wohnungen gebe es bereits. Die Politik müsse sich daher im Bund für eine bessere Förderung des seniorengerechten Wohnungsbaus starkmachen, fordert der DGfM mit dem Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel.

In Hamburg war die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt absehbar. Seit Langem ist klar, dass in Hamburg rein rechnerisch pro Jahr 6000 bis 8000 neue Wohnungen gebaut werden müssten, um für Entspannung zu sorgen. Doch unter dem CDU-geführten Senat ist zwischen 2001 und 2010 nur etwa die Hälfte der benötigten Wohnungen entstanden. Im gleichen Zeitraum ist aber die Zahl der Haushalte um 40000 gestiegen. Und während die Stadt in der Mitte der 80er-Jahre noch 400000 Sozialwohnungen hatte, sind es derzeit weniger als 100000 - bei rund 200000 Einwohnern mehr.

Das Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage bleibt nicht ohne Folgen für die Preise. Ein Hamburger Gymnasium wertet jedes Jahr Wohnungsanzeigen aus verschiedenen Zeitungen aus. In diesem Jahr fanden die Schüler heraus, dass die durchschnittlichen Mietpreise pro Quadratmeter um zehn Prozent auf 11,21 Euro gestiegen sind. Demnach würde die durchschnittliche 50-Quadratmeter-Wohnung ohne Nebenkosten 560 Euro kosten, mit Nebenkosten knapp über 700 Euro.

Für das HWWI ist der nackte Vergleich von Angebots- und Nachfragezahlen zu kurz gesprungen. Laut einer Studie des Instituts werden die Mietpreise nicht sinken, selbst wenn der Senat 6000 Wohnungen baut. Im Gegenteil: Die Preise würden weiter steigen, wenn auch wohl ein wenig gedämpfter. "Die Antwort auf steigende Immobilienpreise in einigen Stadtteilen liegt also nicht in einer einfachen Ausweitung des Wohnungsangebotes", meint HWWI-Experte Alkis Otto.

Otto nennt für die Preisentwicklung im Wesentlichen drei Ursachen. In den vergangenen zwei bis drei Jahren haben sich viele Investoren und Bürger von den niedrigen Hypotheken- und Kapitalmarktzinsen dazu verleiten lassen, eine Immobilie zu kaufen. Doch genau diese zunehmende Nachfrage hat zu steigenden Preisen geführt. "Die an und für sich günstigen Finanzierungsbedingungen werden somit durch höhere Immobilienpreise und einen damit verbundenen höheren Kapitalbedarf vielerorts kompensiert."

Mehr Einwohner

Außerdem liegt der Preisanstieg im Bevölkerungswachstum begründet. Entgegen dem Bundestrend ist die Einwohnerzahl in Hamburg gestiegen. Die Hansestadt zieht zahlreiche junge Menschen an, die Wohnungen benötigen. Eine weitere Ursache ist der demografische Wandel gepaart mit veränderten Lebensgewohnheiten. Der Zuzug junger Menschen kann die Alterung der Stadtgesellschaft nicht aufhalten - und Senioren wollen vor allem kleine Wohnungen. Befeuert wird diese Entwicklung durch Scheidungen oder den Verlust des Partners. Außerdem ziehen zunehmend Paare, deren Kinder erwachsen und ausgezogen sind, in kleinere Wohnungen in der Stadtmitte, um das kulturelle Angebot besser nutzen zu können.

Diesen Trend könne man nicht durch einen verstärkten Wohnungsbau eindämmen, urteilt Otto. Steigenden Preisen könne man nur begegnen, wenn man weniger gefragte Quartiere attraktiver mache. Diese Steigerung der Wohnqualität in den äußeren Stadtteilen koste jedoch Zeit und Geld. Das Problem Wohnungsnot wird Hamburg wohl noch eine Weile beschäftigen. Dem stimmt der Geschäftsführer des Hamburger Mietervereins, Siegmund Chychla, nur zum Teil zu. Für ihn liegt die Lösung des Problems sehr wohl auch im Wohnungsbau. Nur so bekomme die Stadt die zunehmende Wandlung in bestimmten Stadtteilen, also die Verdrängung der alteingesessenen Bevölkerung, in den Griff. Erst wenn Mieter einfach eine Straße weiterziehen könnten, erhöhe kein Vermieter mehr die Miete und vertreibe damit auch nicht alteingesessene Mieter.

Doch derzeit sei es selbst in den unattraktiveren Randlagen schwierig, eine vernünftige Wohnung zu bekommen. Dort seien es vielleicht nur zehn statt 60 Bewerber für eine Wohnung - aber immerhin. "Aus unserer Sicht herrscht eine Wohnungsnot. Otto-Normalverbraucher ist nicht mehr in der Lage, auf dem freien Markt eine Wohnung anzumieten."

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)