Drei oder mehr Kinder sind heute eher die Ausnahme, wenn die Eltern einem Beruf nachgehen. Dabei sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache: Derzeit liegt die Geburtenrate bei 1,5 Kindern je Frau. Rund 2,1 Kinder pro Frau wären jedoch notwendig, um die Bevölkerungzahl konstant zu halten. Für die Sozialversicherung ist die zunehmende Überalterung ein echtes Problem. Der Verband kinderreicher Familien Deutschland hat am Donnerstag ein Gutachten vorgelegt, das die wirtschaftliche Bedeutung von Familien mit drei oder mehr Kindern hervorhebt.
Modellrechnung des IW
Zusätzliche Kinder würden demnach im Laufe ihres Lebens über Steuern und Sozialversicherungsbeiträge mehr einzahlen, als sie den Staat kosteten. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat die Berechnungen im Auftrag des Verbands erstellt. Eine Modellrechnung soll das verdeutlichen: Entscheidet sich eine Familie mit mittlerem Einkommensniveau für ein drittes Kind, so ergibt sich am Ende ein positiver gesamtfiskalischer Effekt von 58.700 Euro. Voraussetzung ist jedoch, dass das dritte Kind eine Ausbildung absolviert. Erreicht das Kind einen Hochschulabschluss, ergibt sich sogar ein Wert in Höhe von 448.500 Euro für den Fiskus. Bei keinem berufsqualifizierenden Abschluss ist der errechnete Fiskalbeitrag negativ und liegt bei einem Minus von 295.500 Euro.
Besonders Eltern aus der Mittelschicht entscheiden sich jedoch aufgrund der unzureichenden Betreuungslage und der wenigen finanziellen Anreize häufig gegen drei oder mehr Kinder. Wenn beide Elternteile arbeiten, ist die Organisation zusätzlich schwierig. So auch bei der Bremerin Sarah Stoppe-Ramadan, Mutter von drei Kindern im Alter von sieben und vier Jahren, sowie elf Monaten. „Mein Mann arbeitet Vollzeit und ich in Teilzeit. Da wir keinerlei Verwandtschaft in Bremen haben, müssen wir auf das Betreuungsangebot zurückgreifen.“
Aber gerade hier gebe es die bekannten Probleme: Zu wenige Plätze und zu kurze Betreuungszeiten. Die dreifache Mutter will die Bemühungen der Politik nicht kleinreden, doch sie glaubt, dass die Zusammenarbeit von Bund und Ländern auch bei der Betreuung verbesserungswürdig sei. „Die Vorgaben des Bundes stimmen nicht mit den Möglichkeiten vor Ort in den Ländern überein“, so Stoppe-Ramadan.
Traineeprogramme für Berufsanfänger mit Kind
Geht es nach dem IW-Gutachten, so können neben dem Staat auch verstärkt Unternehmen dabei helfen, kinderreiche Familien zu unterstützen. Als konkrete Vorschläge nennen die Autoren Traineeprogramme für Berufsanfänger mit Kind oder etwa Angebote zur Qualifizierung für Mütter mit drei oder mehr Kindern, die wieder ins Berufsleben einsteigen wollen. Der Staat hingegen solle eine frühe Familiengründung durch Betreuungsangebote erleichtern, Familien beim Wohnungskauf unterstützen und die Höhe der Rente an die Kinderzahl koppeln. Zuwanderung allein löse Deutschlands Demografie-Problem nicht, sagte IW-Forscher Axel Plünnecke bei der Vorstellung des Gutachtens in Berlin.
Ein Drittes Kind ist laut der Studie nämlich ein gutes Zeichen: Kinderreiche Elternpaare sind demnach mit ihrem Leben zufriedener und auch gesünder, als Eltern mit nur zwei Kindern.