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Cuxhavener Appell Der Norden will mehr Windernergie

Die Wirtschaftsminister und -senatoren der fünf norddeutschen Bundesländer fordern die Bundesregierung auf, den Deckel für den Ausbau der Offshore-Windindustrie anzuheben.
11.09.2017, 12:29 Uhr
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Der Norden will mehr Windernergie
Von Peter Hanuschke

Die fünf norddeutschen Bundesländer fordern zusammen mit der Gewerkschaft IG Metall die kommende Bundesregierung auf, den 2014 eingeführten Deckel für den Ausbau der Offshore-Windindustrie anzuheben. Das haben die Wirtschaftsminister und -senatoren am Montag im sogenannten Cuxhavener Appell 2.0 formuliert. Die Länder wollen einen Ausbau der Stromerzeugung auf Nord- und Ostsee auf mindestens 20 Gigawatt bis 2030 und 30 Gigawatt bis 2035 erreichen. Bisher sind 15 Gigawatt bis 2030 vorgesehen.

Die Unterzeichner des Appells berufen sich einen Tag vor Eröffnung der internationalen Windenergiemesse Husum Wind dabei vor allem auf die Entwicklungen der noch jungen Offshore-Industrie, die mitten in der Lernkurve ist und bundesweit für etwa 20.000 Beschäftigungsverhältnisse sorgt: Seit die ersten Offshore-Windparks auf hoher See installiert wurden, haben sich die Kosten von Jahr zu Jahr reduziert. Und die erste Ausschreibungsrunde im Frühjahr 2017 hat gezeigt, dass ein Betreiber künftig sogar ganz ohne öffentliche Förderung auskommen will.

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Trotz dieser Entwicklungen befürchten die norddeutschen Bundesländer, dass die Dynamik und Innovationskraft verloren geht, weil die Bundesregierung die Ausbauziele 2014 bei der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes reduziert hat. Dadurch zeichnet sich laut den Unterzeichnern des Appells schon heute für die Jahre 2020 bis 2025 eine schwächere Entwicklung ab. Es bestehe die Gefahr, dass geschaffene Produktionskapazitäten nicht genutzt würden und so Arbeitsplätze verloren gingen.

„Die Ankündigungen einiger Unternehmen, Standorte zu schließen und Personal abzubauen, machen deutlich, dass gemeinsame Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften nötig sind, um das Know-how derOffshore-Windbranche in Deutschland zu sichern“, heißt es in dem Appell. Insbesondere im Zeitraum 2020 bis 2025 seien deshalb weitere Projekte erforderlich, „um den Bestand und die Entwicklung der Offshore-Windbranche zu sichern.“ Die Bundesregierung müsse kurzfristig prüfen, frei gebliebene Netzanschlusskapazitäten aus den ersten Ausschreibungsrunden frühzeitig zu nutzen, indem sie mit einer zusätzlichen Ausschreibungsrunde bis Ende 2018/Anfang 2019 einen beschleunigten Ausbau ermögliche. Ergänzend müssten die landseitigen Stromnetze weiter modernisiert und ausgebaut werden.

Das Auf und Ab der Offshore-Branche

Mit einem Auf und Ab hat die Offshore-Branche schon immer zu kämpfen gehabt, seit sich die ersten Offshore-Windräder vor der deutschen Nordseeküste im Testfeld Alpha Ventus im August 2009 drehten. Abwärts ging es vor allem 2012 als das sogenannte Altmaier/Rösler-Papier zur Strompreisbremse die bis dahin festgelegten Förder-Rahmenbedingungen infrage stellte und auf Investorenseite für Verunsicherung ­sorgte. Es folgten Kurzarbeit und sogar Insolvenzen – die einst innovative Offshore-Windkraft-Industrie war mindestens zwei Jahre schwer angeschlagen.

Den ersten Cuxhavener Appell hatte es bereits vor vier Jahren gegeben. Kernforderung war der Erhalt derPlanungssicherheit für Unternehmen und Investoren sowie stabile politische Rahmenbedingungen über die Bundestagswahl hinaus.

Eine Öffnung des Deckels hätte sicherlich positive Auswirkungen, so Dirk Briese, Geschäftsführer vom Bremer Marktforschungsinstitut Windresearch. Allerdings würde das nicht die Konsolidierung im Markt beenden. Die Entscheidungen zu Produktions-Verlagerungen – etwa vom Bremerhavener Rotorblatthersteller Powerblades nach Portugal – seien schon vor längerer Zeit gefallen und den Zwängen zur Kosteneinsparung geschuldet. „Nur eine deutlich höhere Nachfrage könnte dazu führen, dass alte Ressourcen wieder aktiviert würden.“ Insgesamt hätte es von vornherein zu viele Marktteilnehmer gegeben und dereine oder andere habe auch auf Techniken gesetzt, die sich am Ende nicht durchgesetzt hätten. Gegen die Deckel-Öffnung sprechen aber die noch nicht ausreichend vorhandenen Netze an Land für den Transport des Offshore-Stroms.

4410 Megawatt

Von den Zahlen her hat die Leistungskurve der Offshore-Industrie gerade in den ersten sechs Monaten enorm zugelegt: Die Windparks in der deutschen Nordsee hatten 7,77 Terawattstunden Strom geliefert - eine Steigerung um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die 953 Windkraftanlagen haben eine Leistung von 4410 Megawatt, was ungefähr vier sehr großen konventionellen Kohle- oder Kernkraftwerken entspricht.

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