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Bremen Deutsche Uhrmacher setzen auf Retro-Mechanik

Das Pförtnerhaus ist verwaist, die Straße leer. Rechterhand liegt eine Abrissruine, am Ende des Weges ist ein riesiges Gebäude: der Firmensitz des Uhrenherstellers Junghans im süddeutschen Schramberg.
18.02.2017, 00:00 Uhr
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Von Wolf von Dewitz

Schramberg. Das Pförtnerhaus ist verwaist, die Straße leer. Rechterhand in dem Gewerbegebiet liegt eine Abrissruine, am Ende des Weges ist ein riesiges Gebäude: der Firmensitz des Uhrenherstellers Junghans im süddeutschen Schramberg. Hier war einst die größte Uhrenfabrik der Welt – vor gut 100 Jahren hatte die Firma 3000 Mitarbeiter. In den 1960er-Jahren beschäftigte Junghans gar 6000 Menschen, danach begann der Abstieg bis hin zur Insolvenz 2008. Seither, betont Firmenchef Matthias Stotz, gehe es aufwärts, man sei inzwischen profitabel. 127 Mitarbeiter hat sein Unternehmen heute. Der Umsatz stieg 2016 um 4,3 Prozent auf 24,5 Millionen Euro.

Auf dem Gewerbegelände im Schwarzwald wird gebaut, ein Teil des Firmengebäudes wird aufwendig saniert. Die Geschichte von Junghans ist im bestimmten Maße beispielhaft für Deutschlands Uhrenbranche, die sich ab diesem Sonnabend auf der Münchner Messe Inhorgenta trifft: Die Branche war einst groß, doch durch Konkurrenz aus Amerika und Asien sowie den technischen Wandel schrumpfte sie in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts.

Seit einigen Jahren sieht es deutlich besser aus, die Hersteller haben Erfolg mit mechanischen Uhren. Neben Mittelpreis-Anbietern wie Junghans mit Preisen von 300 bis 2500 Euro pro Uhr gibt es Luxusmarken wie A. Lange & Söhne. Die bieten nichts unter 14 900 Euro an.

Wozu braucht man überhaupt noch eine mechanische Uhr, wenn man ein Smartphone in der Tasche hat oder eine Smartwatch trägt? Der Chef von A. Lange & Söhne, Wilhelm Schmid, bleibt gelassen bei so einer Frage: Solche Produkte wirkten sich nicht auf die eigenen Geschäfte aus, sagt er. „Bei unseren Zeitmessern zeigt sich ein schönes Paradox: Man will sie, weil man sie nicht braucht.“ Durch den technologischen Fortschritt sei der Nutzen – die Zeitmessung – in den Hintergrund getreten, die Uhr werde mehr als Kunstwerk wahrgenommen.

Sorgenfalten wegen digitaler Konkurrenz? Jasmin Denk, Sprecherin der Firma Nomos in Sachsen, schüttelt den Kopf. „Mechanische Uhren sind Liebhaberei“, sagt sie. Die neue Technik sei sogar positiv fürs Geschäft, schließlich kämen dadurch potenzielle junge Kunden auf den Geschmack, überhaupt mal eine Uhr am Handgelenk zu tragen.

Also alles null Problemo trotz des Digitaltrends? Guido Grohmann, Vorstandsmitglied beim Bundesverband Schmuck und Uhren, sieht das anders. „Die Smartwatch ist ein Konkurrenzprodukt – das darf die Branche nicht kleinreden“, sagt er. Es seien Wettbewerber am Markt aufgetaucht, „die ein Stück vom Kuchen haben wollen“. 2016 sei dennoch „ein ordentliches Jahr“ gewesen. 2015 verbuchten die 16 größten Firmen ein Plus von 5,5 Prozent auf 425 Millionen Euro Umsatz.

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