Bremen. Die Freiheitsstatue per Schiff von New York nach Bremen bringen – das ist sicherlich ein sehr theoretisches Beispiel, aber der Projektlogistiker würde auch hier sagen: „Das kriegen wir hin“. Es wäre eine nicht alltägliche Ladung, und das bringt auch die fortschreitende Digitalisierung an ihre Grenzen. Patric Drewes, Geschäftsführender Gesellschafter der Carl Polzin Seehafenspedition sowie der THB Transport- und Handelsberatungsgesellschaft, sagt dazu: „Bei der Projektlogistik sind die Aufträge so außergewöhnlich, dass selten einer wie der andere ist.“
Die Digitalisierung gehört zu den Themen, über die Logistik-Experten aus aller Welt derzeit auf der Stückgut-Messe Breakbulk in Bremen diskutieren. Am Mittwoch ging es auf einem Podium in den Messehallen um die Frage: Betreten wir eine neue Ära der Innovation beim Stückgut? Was die Digitalisierung in der Projektlogistik betrifft, gehe es eher um grundsätzliche Dinge als um künstliche Intelligenz, sagte Drewes: „Da wird noch ganz viel auf Papier gemacht, auch auf Kundenseite.“ Und in vielen Unternehmen werde auf dem Computer noch mit Excel-Listen gearbeitet, auch wenn dort längst andere technische Möglichkeiten eingerichtet seien.
Drewes hat beobachtet, dass auch in Bremen viele kleine und mittelständische Unternehmen in die Digitalisierung investieren oder sogar einen IT-Experten einstellen – trotz überschaubarer Mitarbeiterzahl. Das seien zum Teil erhebliche Investitionen, die nicht jedes kleine Unternehmen stemmen könne. „Und bei Familienunternehmen sitzt dann der Vater im Hintergrund und fragt Monat für Monat, was die Investitionen denn nun an Gewinn bringen würden“, so der Unternehmer.
Zumindest könnte ein stärkerer Einsatz digitaler Hilfsmittel mehr Transparenz bringen. Als Beispiel nennt Drewes den Einsatz eines speziellen Programms in seinem Unternehmen: „Dort trägt jeder ein, was er diese Woche an Arbeit schaffen will und was er für die kommende Woche plant. Jeder Mitarbeiter hat Zugriff darauf.“ Das schaffe Transparenz, jeder wisse dann genau, woran die Kollegen gerade arbeiten. Ansonsten ist das große Sammeln von Daten, um damit zusätzliches Geschäft zu generieren, laut Drewes nur etwas für große Unternehmen wie beispielsweise Kühne + Nagel oder auch BLG.
Bei dem Bremer Logistikkonzern ist Christoph Homeier verantwortlich für die digitale Transformation. Aus seiner Sicht könnte die angesprochene Transparenz dazu führen, dass Unternehmen die eingelaufenen Pfade verlassen und durch bessere Abläufe ersetzen – oder ihre Abläufe standardisieren. Die BLG arbeitet bereits mit künstlicher Intelligenz. Das passiert aber in der Warenhauslogistik am Standort in der Nähe von Berlin. „Dort arbeiten wir bei den Vorhersagen mit künstlicher Intelligenz“, sagt Homeier. „Damit werden die Dienstpläne gemacht - entsprechend der Vorhersagen, wann viel Ware reinkommt und wann viel Ware rausgeht.“ Das soll verhindern, dass Mitarbeiter da sind, es aber gar nichts zu tun gibt.
Gerade in Bremen gibt es viele kleinere Logistikunternehmen. Angesichts ihrer Scheu vor den Kosten der Digitalisierung sieht Homeier sieht eine Lösung in Kooperationen. „Warum muss man alles allein machen? Dann sucht man sich andere Unternehmen, um es gemeinsam anzugehen. Das kann die Kosten senken. Gerade in Bremen gibt es so viele Möglichkeiten für den Austausch.“
Damit meint Homeier aber auch den Austausch mit denjenigen, die IT-Lösungen liefern können. „Wir als BLG haben gute Kontakte zu den Hochschulen und auch zu Start-ups.“ Auch arbeite sein Unternehmen mit dem Bremer Dienstleister Encoway zusammen, der auf Software für Vertrieb und Marketing spezialisiert ist. Ebenso veranstaltet die BLG sogenannte Hackathons, bei denen an einem Wochenende die Teilnehmer zu einem bestimmten Problem gemeinsam eine Lösung erarbeiten sollen.
Einig sind sich die Logistik-Experten in einem Punkt: Ein schlecht geplantes Projekt wird durch den Einsatz von Digitalisierung nicht besser. Und wenn während des Transports der Freiheitsstatue eine Spitze aus der Krone herausbricht, lässt sich das nur sehr schwer auf digitalem Weg wieder reparieren.
Dass die Breakbulk nun zum zweiten Mal in der Hansestadt ist, freut nicht nur Bremer Aussteller wie J. Müller oder Bremer Lloyd. Georg Fischer vom US-Unternehmen HLI Logistics sagt: „Wir sind hier zufrieden. Wenn es nach uns geht, kann es auch ruhig nach 2020 mit der Breakbulk in Bremen weitergehen.“ Er werde manchmal gefragt, ob das Unternehmen hier einen größeren Stand habe als vor zwei Jahren in Antwerpen. „Der wirkt hier nur größer, weil es in den Messehallen in Antwerpen wesentlich dunkler war.“
550 Aussteller sind dieses Jahr auf der Breakbulk in Bremen vertreten – zehn Prozent mehr als vor einem Jahr. Zum ersten Mal in Bremen dabei ist etwa Port of Taranto, die Hafengesellschaft der italienischen Stadt, die genau zwischen der „Stiefelspitze“ und dem „Absatz“ liegt. Nach der ersten Breakbulk 2018 in Bremen wollten sie nun dabei sein. „Hier treffen wir genau die Ansprechpartner, die für uns interessant sind, und für die wir interessant sind“, so Cristina Carriere von der Hafengesellschaft. Von Taranto aus werden unter anderem Windanlagen-Teile transportiert. Der Hafen hat noch Kapazitäten frei.