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Erfolgreicher Standort „Die Leistung der Brauerei stimmt“

Beck’s wird in Bremen, aber auch an anderen Standorten in der ganzen Welt produziert. In Punkten wie Wasser- und Energieverbrauch ist der Standort in Bremen europaweit unter den besten vier.
01.03.2017, 20:01 Uhr
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„Die Leistung der Brauerei stimmt“
Von Maren Beneke

Beck’s wird in Bremen, aber auch an anderen Standorten in der ganzen Welt produziert. In Punkten wie Wasser- und Energieverbrauch ist der Standort in Bremen europaweit unter den besten vier.

Sie haben als Niederlande-Chef von AB Inbev Absatz und Marktanteile gesteigert – und das, obwohl das Europageschäft zuletzt stagniert hat. Wie haben Sie das denn geschafft?

Harm van Esterik : Den Unterschied machen die Mitarbeiter. Ich habe lange daran gearbeitet, dass die richtigen Menschen auf den Stellen sind, die am besten zu ihnen passen.

Das hört sich so an, als mussten Sie am niederländischen Sitz erst einmal aufräumen.

Das ist zu drastisch ausgedrückt. Ich habe mich – anders als meine Vorgänger – sofort darangemacht, die Mitarbeiter kennenzulernen und diese zu beurteilen. Dabei geht es nicht nur nach Leistung, sondern auch um das Potenzial des jeweiligen Mitarbeiters – Talenten muss die Möglichkeit gegeben werden, sich weiterzuentwickeln. Alter spielt dabei keine Rolle.

Was sind die Unterschiede zwischen dem niederländischen und dem deutschen Markt?

In Deutschland gibt es sehr viel mehr Brauereien – und es werden immer mehr. Und während der niederländische Biermarkt noch wächst, gibt es in Deutschland kaum noch Wachstum. Und wenn, dann nicht in klassischen Segmenten, sondern im Spezialitäten-Bereich und bei den alkoholfreien und -reduzierten Bieren.

Einer Ihrer Vorgänger hat vor gar nicht allzu langer Zeit einen Marktanteil von zehn Prozent in Deutschland als Ziel vorgegeben – die Pläne wurden später kassiert. Mit welchem Ziel sind Sie in Bremen angetreten?

Bevor ich ein Ziel vorgebe, brauche ich erst einmal ein wenig Zeit, um den deutschen Markt besser kennenzulernen. Was ich schon sagen kann, ist, dass wir uns stark auf die Wachstumssegmente, die ich eben schon genannt habe, fokussieren. Im vergangenen Jahr hat es in diesem Bereich sehr viele neue Produkte gegeben. Mit dem jetzigen ­Portfolio sind wir nun ganz gut aufgestellt.

Alle Hersteller haben mit einer rückläufigen Entwicklung zu kämpfen. Was ist eigentlich so schwierig am deutschen Biermarkt?

Dass die Deutschen in den vergangenen Jahren die Lust am Bier verloren haben, hängt mit der Altersstruktur zusammen. Die Zahl der Älteren nimmt zu und je älter die Menschen werden, desto weniger Bier trinken sie. Gleichzeitig sind die jüngeren Menschen mit einem anderen Geschmack sozialisiert worden.

Der Absatz Ihrer Premiummarken Beck’s, Franziskaner oder Corona ist gestiegen. Wie passt das mit einem stagnierenden Biermarkt zusammen?

Neben dem Image einer Biermarke war, ist und bleibt natürlich wesentlich auch die Herkunft und die Qualität der Marke. Bei allen drei Punkten können wir für diese ­Marken unsere Premiumpositionierung unterstreichen. Gerade die 25- bis 35-­Jährigen möchten sich Qualität leisten und sind dafür bereit, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Beck’s ist gerade in einer aktuellen Studie als zukunftsfähigste Biermarke in Deutschland ausgezeichnet worden.

Bis Ende 2025 soll jedes fünfte Produkt aus dem Hause AB Inbev alkoholfrei oder alkoholreduziert sein. Zulasten welcher anderen Produkte geht das?

Die Entwicklung geht nicht unbedingt zulasten anderer Produkte. Zumindest nicht aus unserem Portfolio. Hier am Tisch sitzen vier Menschen. Normalerweise würden wir alle Wasser trinken, stattdessen stehen hier nun drei Flaschen alkoholfreies Bier. Das ist unser Ziel: Wir wollen mit alkoholfreiem Bier Alternativen zum Beispiel zu Erfrischungsgetränken bieten.

Welche Auswirkungen hat dieser Strategiewechsel auf den Standort Bremen, wo vor allem die Marke Beck’s gebraut wird?

Zunächst einmal keine großen. Denn Beck’s ist viel mehr als nur das Bier aus der grünen Flasche. Es gibt die alkoholreduzierten Produkte und die Spezialitäten, die hier hergestellt werden und gut mit dieser Strategie funktionieren.

Wie passt da eine regionale Marke wie Haake-Beck überhaupt noch ins Portfolio?

Regionale Marken bleiben weiterhin wichtig. Das gilt besonders für Haake-Beck, das als Kräusen-Variante übrigens auch in Berlin gerade sehr populär ist. Insofern muss sich niemand Sorgen darum machen, dass es Haake-Beck demnächst nicht mehr geben wird.

Sehen Sie die vielen neuen Spieler auf dem Markt mit ihren vielen neuen Marken als eine ernst zu nehmende Konkurrenz für Ihren Konzern?

Die Konkurrenz ist groß und wir schauen uns den Wettbewerb genau an. Aber wir glauben an unsere eigenen Stärken.

Gibt es einen Trend, wo Sie im Nachhinein sagen: „Auf den Zug hätten wir früher aufspringen müssen?“

Im vergangenen Jahr haben wir für Franziskaner ein Kellerbier auf den Markt gebracht, das sehr gut läuft. Nichtsdestotrotz wäre es gut gewesen, noch früher damit auf den Markt gegangen zu sein, denn die Konkurrenz hat parallel ähnliche Produkte eingeführt.

Beck’s ist nach AB Inbev-Angaben das meistverkaufte deutsche Bier im Ausland. Warum stecken Sie überhaupt so viel Energie in den deutschen Markt?

Der deutsche Biermarkt ist nach wie vor der viertgrößte Biermarkt der Welt. Und es gibt hier aus unserer Sicht noch sehr viel Wachstumspotenzial.

Durch die Fusion mit SAB Miller sollen in Ihrem Konzern etwa 5500 Stellen abgebaut werden. Wird Bremen betroffen sein?

Dadurch, dass SAB Miller wegen der Fusion all seine Brauereien in Europa verkaufen musste, ändert sich in Europa, in Deutschland und damit auch in Bremen so gut wie gar nichts.

Seit 2014 läuft am Standort bereits ein Stellenabbauprogramm. Bis Ende dieses Jahres sollten etwa 150 Stellen wegfallen. Wie viele Jobs werden am Ende tatsächlich abgebaut sein?

Insgesamt haben sich rund 125 Mitarbeiter dazu entschieden, das Unternehmen freiwillig zu verlassen. Durch diese Austritte haben sich die Produktionskosten in Bremen so reduziert, dass wir jetzt wieder wettbewerbsfähig in diesem Bereich sind. Die Vereinbarung, die wir damals mit den Arbeitnehmern getroffen haben, ist damit schon vor einiger Zeit ausgelaufen. Es werden jetzt keine weiteren Jobs gestrichen.

Zuletzt war zu hören, dass das Bremer Werk temporär neue Volumen dazugewonnen hat.

Das stimmt. Und wir gehen davon aus, dass es in diesem Jahr noch einmal mehr Volumen werden.

Beck’s wird in Bremen, aber auch an anderen Standorten in der ganzen Welt produziert. Wie steht die Hansestadt im Vergleich mit den anderen Produktionsstätten da?

Die Personalkosten sind im Vergleich in Ordnung. Der Konzern schaut sich bei seinen Standorten aber auch Parameter wie den Wasser- und den Energieverbrauch oder die Arbeitssicherheit an. In diesen Punkten sind wir europaweit unter den besten vier. Die Leistung der Brauerei stimmt.

Ende vergangenen Jahres hat sich Ihr Unternehmen in die politische Debatte rund um die Erhöhung der Kitagebühren eingemischt. Sehen Sie als Deutschland-Chef Ihre Aufgabe darin, Regionalpolitik zu beeinflussen?

Das sind sehr spezifische Fragestellungen, die von den jeweiligen Experten von uns vor Ort bearbeitet werden. Aber ich freue mich auch darauf, beispielsweise den Bürgermeister kennenzulernen. Natürlich wird es in den Gesprächen auch um Punkte wie die Kita- oder die Abwassergebühren gehen müssen. Wir sind in Bremen auf junge Talente angewiesen und es ist nicht immer einfach, Menschen, die in München oder Berlin studiert haben, an die Weser zu locken. Zudem stehen wir im Wettbewerb mit Brauereien anderer deutscher Großstädte, die teilweise bessere Rahmenbedingungen vorfinden.

Wie erleben Sie die Stadt als Neubürger?

Bislang kenne ich nur einen sehr kleinen Teil der Stadt: den zwischen Langenstraße und unserer Brauerei. Aber einen Stadionbesuch habe ich schon im Terminkalender stehen und jetzt, wo das Wetter wieder besser wird, werde ich mit Sicherheit auch mehr von Bremen sehen.

Zuletzt haben sich viele Firmen aus der Nahrungs- und Genussmittelindustrie vom Standort verabschiedet. In der Kritik stand dabei immer wieder der Senat, der sich angeblich zu wenig um die Firmen gekümmert haben soll. Kann ein Bremer Politiker Entscheidungen, die bei Ihnen im Unternehmen getroffen werden, überhaupt beeinflussen?

Natürlich gibt es die ein oder andere Maßnahme, um es den Unternehmen etwas leichter zu machen. Und es ist immer gut, regelmäßig miteinander zu sprechen und nicht nur dann, wenn es schon fast zu spät ist. Aber wenn ein Geschäft langfristig nicht gesund ist, kann eine Kommune das Problem auch nicht lösen.

Das Gespräch führte Maren Beneke.

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