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Interview „Attraktive Bezahllösung“: Diese Vorteile hat der digitale Euro

Der digitale Euro könnte in ein paar Jahren da sein. Welche Vorteile er hätte, sagt Bundesbank-Vorstandsmitglied Burkhard Balz im Interview.
20.02.2023, 05:00 Uhr
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„Attraktive Bezahllösung“: Diese Vorteile hat der digitale Euro
Von Peter Hanuschke

Herr Balz, an diesem Montag halten Sie einen Vortrag in der Handelskammer Bremen über den digitalen Euro, den die Europäische Zentralbank einführen will. Ich gehe davon aus, dass es dabei nur um die Vorteile dieses bargeldlosen Zahlungsmittels geht. Was wären die Vorteile für Verbraucher?

Burkhard Balz: Verbraucherinnen und Verbraucher bekämen ein Zahlungsmittel, das jederzeit und überall funktioniert – vor allem im gesamten Euroraum. Es würde auch in jeder Lebenssituation funktionieren – an der Ladenkasse und im Internet. Warum erwähne ich das Internet? Bisher kann man mit Zentralbankgeld, das für die breite Öffentlichkeit nur in Form von Bargeld existiert, im Internet nicht bezahlen. Der digitale Euro soll aber kein Ersatz, sondern nur eine Ergänzung zum Bargeld sein.

Und wenn es keine Internetverbindung gibt?

Auch dann soll der digitale Euro funktionieren. Er soll deshalb grundsätzlich auch mit einer sogenannten Offline-Funktion versehen werden. Das ist im Euroraum und speziell auch in Deutschland ein wichtiges Thema, weil eben noch nicht überall ein ausreichender Internetzugang vorhanden ist.

Es gibt ja bereits digitale bargeldlose Zahlungssysteme. Warum noch den digitalen Euro?

Wir als Zentralbanken, also öffentliche Hand, bieten bislang als einziges Zahlungsmittel Bargeld an. In einer Welt, die immer digitaler wird, sind wir der Meinung, dass wir als Ergänzung zum Bargeld künftig auch eine digitale Form des Euro anbieten sollten. Der digitale Euro wäre zukunftsorientiert, weil er die Anforderungen einer digitalen Welt von Beginn an mit abdecken könnte. Der digitale Euro wäre zudem kostengünstig, weil er von den Verbraucherinnen und Verbrauchern kostenlos für den grundlegenden Zahlungsbedarf verwendet werden könnte. Und für den Handel wäre er sicherlich auch eine attraktive Bezahllösung. Das käme rückwirkend wieder den Verbraucherinnen und Verbrauchern zugute.

Was wäre denn der zusätzliche Nutzen in einer zunehmend digitalen Welt?

In einer digitalen Welt wollen wir den Menschen auch eine digitale Form von Zentralbankgeld anbieten. Denkbare Zusatzfunktionen des digitalen Euro könnten beispielsweise programmierbare Zahlungen ermöglichen, die automatisch ausgeführt werden, wenn zuvor festgelegte Bedingungen erfüllt sind. Vorstellbar ist in diesem Zusammenhang etwa, dass beim Ladevorgang des Elektroautos automatisch ein Bezahlvorgang ausgelöst wird.

Könnte ich denn mit dem digitalen Euro im Autohaus mein Auto bezahlen?

Das ist eine spannende Frage, die noch nicht abschließend geklärt ist. Wir haben beim digitalen Euro auch darauf zu achten, dass keine zusätzlichen Risiken für unser Finanzsystem entstehen. Es dürfen nicht zu viele digitale Euro in digitale Portemonnaies, also sogenannte Wallets, abwandern, die dann nicht mehr als Einlage bei den Banken und Sparkassen zur Verfügung stehen. Deshalb denken wir sehr konkret darüber nach, für diese Wallets Obergrenzen einzuführen. Wie hoch diese sein werden, steht noch nicht fest. Sicherlich könnten mit dem digitalen Euro die meisten Ausgaben des täglichen Bedarfs abgedeckt werden. Ein Autokauf wohl nur dann, wenn es sich um einen sehr günstigen Gebrauchtwagen handelt.

Was wäre ein Szenario, wenn es keine Obergrenzen gibt?

Dann könnte es dazu kommen, dass in Krisenzeiten einfach zu viel Geld in digitale Euro transferiert wird, was dann wiederum dem Wirtschaftskreislauf und den Banken fehlen würde. Ohne Obergrenze könnte ein Szenario eintreten, in dem die Menschen ihre Bankguthaben in sichere digitale Euro umtauschen würden. Das könnte Banken und Sparkassen schnell in Schwierigkeiten bringen und letztlich die Finanzstabilität gefährden.

Könnte ich denn ein Teil meines Gehalts künftig in digitalen Euros auszahlen lassen?

Wenn es eine digitale Version des Euro gibt, wird es so sein, dass diese den Menschen in den allermeisten Fällen über ihre Banken zur Verfügung gestellt wird. Wie genau dieses Modell am Ende aussehen wird, das wird in den nächsten Monaten entschieden. Die Infrastruktur für einen digitalen Euro würde in Zusammenarbeit mit Banken und Sparkassen entwickelt werden. Der EZB-Rat wird im Herbst über den Beginn der Realisierungsphase des digitalen Euro entscheiden. Wenn er mit Ja votiert, dann würden wir weitere drei Jahre benötigen, bis der digitale Euro wirklich genutzt werden kann.

Welcher Skepsis begegnen Sie, wenn Sie Ihre Vorträge über den digitalen Euro halten?

Da geht es beispielsweise um Datenschutz. Ein Thema, das ich sehr wichtig finde und das meistens von Privatleuten angesprochen wird. Ich sage dann, dass ein digitaler Euro natürlich beim Bezahlvorgang Datenspuren hinterlassen würde. Allerdings würden keine Daten einzelner Transaktionen von der Zentralbank eingesehen werden können. Und wir haben selbstverständlich keinerlei Interesse, diese Daten zu kommerzialisieren – im Gegensatz zu Unternehmen, die bereits mit digitalen Zahlungssystemen am Markt sind. Wenn es um Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung geht, dann werden Mechanismen bis zur Einführung des digitalen Euro entwickelt worden sein, die es Strafverfolgungsbehörden in Verdachtsfällen ermöglichen werden, auf solche Datenspuren zurückzugreifen. Diese Möglichkeit besteht aber schon jetzt bei den bestehenden Zahlsystemen.

Wie sicher wird der digitale Euro sein?

Wenn er nicht sicher ist, werden wir ihn nicht einführen. Cybersicherheit hat für uns oberste Priorität.

Könnte der digitale Euro auch irgendwann im außereuropäischen Ausland genutzt werden?

Das ist ein Ziel. Die Zentralbanken der Welt haben ja selbst eine Zentralbank. Das ist die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel. Ich bin Mitglied in dem dortigen Komitee, das sich um Zahlungsverkehr-Infrastrukturthemen kümmert. Wir arbeiten jetzt schon daran, wie künftig diese digitalen Währungen verbunden werden können, auch wenn noch keine dieser Währungen live gegangen ist. Wenn das gelingt, könnte der digitale Euro außerhalb des Euroraums verwendet werden.

Das Gespräch führte Peter Hanuschke.

Zur Person

Burkhard Balz, Jahrgang 1969, ist seit 2018 Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank. Der gelernte Bankkaufmann, der von 1991 bis 2000 Rechts- und Staatswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen studierte, war unter anderem auch Mitglied des Europäischen Parlaments von 2009 bis 2018 für die CDU.

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