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SB-Kassen Wenn der Kunde selbst kassiert

Joghurt – beep, Bananen – beep: Den Einkauf selbst einscannen und bezahlen, wird für Supermarktkunden allmählich zur Normalität. Der Trend zur SB-Kasse könnte sich jetzt sogar noch beschleunigen.
07.08.2023, 05:00 Uhr
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Wenn der Kunde selbst kassiert
Von Christoph Barth

Volle Einkaufswagen, lange Warteschlangen und dann die Suche nach dem Centstück – "warten Sie, ich glaub', ich hab's passend": An der Supermarktkasse ist manchmal Geduld gefragt. Geschäfte bieten ihren Kunden deshalb auch in Bremen immer häufiger eine Überholspur an: die Selbstbedienungskasse oder auf Neudeutsch Self-Checkout (SCO). Wer seinen Einkauf selbst einscannt und mit Karte oder Handy bezahlt, ist im Idealfall schneller wieder raus aus dem Laden. Doch auch gut zehn Jahren nach ihrer Einführung ist die SB-Kasse noch keineswegs flächendeckend im Einzelhandel vertreten.

Zu denen, die gerade erst in die neue Technik investiert haben, gehört der Edel-Supermarkt Lestra in Horn-Lehe: Beim Umbau des Geschäfts 2020/21 entstand ein neuer Kassenbereich mit acht herkömmlichen und sechs SCO-Kassen. "Und wir haben damit bis jetzt nur positive Erfahrungen gemacht", berichtet Geschäftsleiter Jörg Hasler. Die Kunden können wählen zwischen zwei Abrechnungsvarianten: Entweder scannen sie ihre Einkäufe an stationären Terminals beim Verlassen des Geschäfts; oder sie nehmen ein Handlesegerät mit auf ihre Einkaufsrunde und erfassen alle Waren bereits beim Hineinlegen in den Einkaufswagen – am Terminal muss dann nur noch bezahlt werden.

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"Das wird von unseren Kunden sehr gut angenommen, und zwar auch von den älteren", versichert Hasler. Um mögliche Vorbehalte gegen die moderne Technik abzubauen, hat er eigens einen Rentner engagiert, der bei der Bedienung der Terminals hilft. Und auch sonst stehe immer eine Mitarbeiterin in der Kassenzone bei Fragen zur Verfügung, versichert Hasler.

Auch die meisten Edeka-Märkte in Bremen bieten ihren Kunden mittlerweile den schnellen Check-out an, der vor allem bei kleinen und mittleren Einkäufen Zeit sparen kann: Sieben der neun Edeka-Filialen haben SCO-Kassen, so eine Sprecherin. Rewe nennt auf Nachfrage keine Zahl; man prüfe die Machbarkeit aber bei jedem Umbau eines Marktes, heißt es. Ebenso verfährt die Drogeriekette Rossmann: Sechs von 28 Filialen in Bremen sind auf diese Weise mittlerweile mit SCO-Kassen ausgestattet, vermeldet die Unternehmenszentrale in Hannover. Konkurrent DM ist noch in der Testphase; auch die Discounter Aldi Nord und Lidl stehen dem Vernehmen nach in den Startlöchern. Neben Supermärkten und Drogerien bieten vor allem Baumärkte und Möbelgeschäfte die Möglichkeit an, den Einkauf am Ende selbst abzurechnen; die Möbelkette Ikea gilt als Pionier der Selbstscannerkasse.

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Doch noch dominieren im Handel die Kassen mit Personal: Nach einer Untersuchung des EHI Retail Institutes standen 2021 im Lebensmittelhandel 235.000 herkömmlichen Kassen bundesweit lediglich 3700 SCO-Terminals gegenüber. Neuere Zahlen werden gerade ermittelt. "Nach unserer Erfahrung verdoppelt sich die Zahl alle zwei Jahre", rechnet Frank Horst vor, Projektleiter der Self-Checkout-Initiative des Kölner Beratungsinstituts.

Und auch wenn die Anbieter stets die Vorteile für die Kunden als Argument für ihre SB-Kassen hervorheben: "Einer der Haupttreiber ist zurzeit ganz klar der Personalmangel", sagt Horst. Eine Kassiererin, die vier bis sechs Kassen beaufsichtigt und ansonsten die Kunden die Arbeit machen lässt, bringt für die Ladenbesitzer eine echte Ersparnis mit sich – und ist in Zeiten, in denen Mitarbeiter fehlen, eine Möglichkeit, den Laden am Laufen zu halten. "In der gegenwärtigen Personalsituation sind wir heilfroh über die SCO-Kassen", räumt Lestra-Geschäftsleiter Hasler ein. "Wir haben nicht eine Kassiererin deshalb entlassen."

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Bei der Gewerkschaft Verdi sieht man die Sache trotzdem mit gemischten Gefühlen. "Wenn Sie die Kolleginnen und Kollegen an der Kasse fragen, werden die das sicherlich auch als eine Entlastung ansehen", räumt der Bremer Gewerkschaftssekretär Tobias Uelschen ein. "Aber beim Thema Digitalisierung wollen wir mitbestimmen. Denn natürlich geht es dabei immer auch um Personalabbau und Fragen der tariflichen Eingruppierung." Die Arbeit an der Kasse wird besser bezahlt als das Einräumen von Regalen – fällt sie weg, kann das eine Herabstufung mit Einkommensverlust zur Folge haben.

Nicht so gerne redet man im Handel auch über das Thema Diebstahl: Lädt die SB-Kasse zur "Selbstbedienung" ein? Bei Rossmann etwa will man dazu lieber nichts sagen – das seien "sensible Informationen". "Aber natürlich ist das ein Thema", räumt Lestra-Geschäftsleiter Hasler ein. Bislang habe man es bei ertappten Sündern meist mit einem gesichtswahrenden "Da haben Sie wohl ein Teil vergessen" noch hinbekommen. EHI-Projektleiter Horst setzt auch hier auf die Technik: "Natürlich wird die Kontrolle schwieriger", räumt er ein. "Aber mit besseren Kameras oder ähnlichen Systemen ist das für mich nur eine Frage der Zeit."

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